Startseite
Icon Pfeil nach unten
Geld & Leben
Icon Pfeil nach unten

Raucherkrebs: Rauchen schädigt nicht nur die Lunge

Raucherkrebs

Rauchen schädigt nicht nur die Lunge

    • |
    Durch das Rauchen werden mehrere Organe geschädigt.
    Durch das Rauchen werden mehrere Organe geschädigt. Foto: Felix Hörhager, dpa /Symbolbild

    Das Rauchen einer Schachtel Zigaretten täglich verursacht pro Jahr im Schnitt rund 150 Mutationen in jeder Lungenzelle. Das geht aus einer am Donnerstag im Fachmagazin Science veröffentlichten Untersuchung hervor. Demnach haben Forscher des National Laboratory in Los Alamos (New Mexico, USA) und des Wellcome Trust Sanger Institute (Hinxton, England) spezielle Veränderungen des Erbguts in Krebstumoren von Rauchern entdeckt. Fünf Mutationsmuster kommen besonders häufig vor.

    Rauchen führt zu Mutationen in Lungenzellen

    Die Zahl der Mutationen in der DNA hängt der Studie zufolge von der Zahl der gerauchten Zigaretten und dem Organ ab. Mit rund 150 Mutationen pro Zelle ist die Lunge am stärksten betroffen. "Bislang hatten wir eine Vielzahl epidemologischer Hinweise auf die Verbindung zwischen Rauchen und Krebs. Jetzt können wir die von Zigaretten verursachten molekularen Veränderungen in der DNA endlich überprüfen und quantifizieren", sagte Erstautor Ludmil Alexandrow vom National Laboratory. 

    Auch diese Organe sind vom Rauchen betroffen

    Nicht nur die Lunge verändert sich beim Rauchen, es gibt es auch in anderen Organen Veränderungen. Im Kehlkopf etwa treten bei einer Schachtel Zigaretten täglich im Jahr im Schnitt zusätzlich 97 Mutationen pro Zelle auf, in der Rachenhöhle 39, im Mund 23. Auch Organe wie die Harnblase (18 Mutationen) und die Leber (6 Mutationen), die nicht direkt mit dem Tabakrauch in Berührung kommen, sind betroffen.

    Fünf Gründe, warum es mit dem Rauchentzug nicht klappt

    Raucher haben immer beste Argumente, warum es mit dem Aufhören nicht klappt. Die häufigsten Gründe:

    Grund 1: Das Verlangen nach einer Zigarette ist zu groß.

    Grund 2: Man wird zunehmend nervös und reizbar.

    Grund 3: Gruppenzwang. Wenn man mit Freunden und Bekannten zusammen ist, die rauchen, kann man sich nicht mehr beherrschen.

    Grund 4: Viele Raucher fürchten eine Gewichtszunahme, wenn sie mit dem Rauchen aufhören.

    Grund 5: Alkoholkonsum. Für viele Raucher gehört zum Alkohol trinken auch das Rauchen einer Zigarette.

    Die Heidelberger Krebsexpertin Martina Pötschke-Langer hält die Studie über die Auswirkungen von Rauchen auf die Gene vor allem in ihrem Umfang für bedeutsam. "Diese Studie wird sicherlich für große Aufmerksamkeit sorgen", sagte die ehemalige Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) der Deutschen Presse-Agentur. 

    Rauchen erhöht Krebsrisiko

    Pötschke-Langer betonte die feine Unterscheidung der Forscher zwischen Organen, die unmittelbar und mittelbar von dem Tabakrauch berührt werden. "Selbst in der Harnblase und der Leber, also fernen Organen, gibt es Mutationen durch Tabakrauch." Die Studie bestärke vorhandenes Wissen. "Aber die Anwendung des Wissens muss in der Politik und im Parlament folgen." Sie fordert Präventivmaßnahmen wie eine Erhöhung der Tabaksteuer, ein Werbeverbot für Tabakprodukte und mehr Nichtraucherschutz.

    Gerichtsurteile zum Thema Rauchen

    Ein Mieter hatte eine Kündigung für seine Wohnung erhalten, weil sich die Nachbarn über die massive Geruchsbelästigung, die vom Rauchen des Mannes ausging, beschwert hatten. Der Mieter muss zum Jahresende ausziehen. (LG Düsseldorf - Az. 21 S 240/13)

    Einem Wohnungseigentümer kann man grundsätzlich zumuten, nur auf einem Balkon zu rauchen, falls seine Wohnung zwei Balkone hat. Geklagt hatte ein Mann, der sich durch das Rauchen seines Nachbarn auf einem Balkon gestört hatte. (LG Frankfurt/Main - Az. 2-09 S 71/13)

    Grundsätzlich müssen sich Mieter damit abfinden, wenn der Nachbar auf dem Balkon raucht. Ein Ehepaar hatte geklagt, weil sie sich vom Rauch ihres Nachbarn aus der Wohnung unterhalb gestört fühlten. (LG Potsdam - Az. 1 S 31/13)

    Im Treppenhaus darf nicht geraucht werden. So wurde einem Wohnungseigentümer per einstweiliger Verfügung in einem Mehrfamilienhaus untersagt, im Treppenhaus zu rauchen. (AG Hannover - Az. 70 II 414/99)

    Mieter müssen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, nicht vertreten. Der Bundesgerichtshof entschied, dass ein Mieter, der in der Wohnung raucht, grundsätzlich nicht vertragswidrig handelt. (BGH - Az. VIII ZR 124/05)

    Die Forscher untersuchten mehr als 5000 Krebstumore und verglichen solche von Rauchern mit solchen von Menschen, die noch nie geraucht hatten. Dabei fanden sie im Erbgut von Rauchertumoren bestimmte molekulare Fingerabdrücke. Konkret identifizierten sie bei den 17 Krebsarten, deren Risiko durch Rauchen steigt, mehr als 20 Mutationsmuster. 5 davon brachten die Forscher mit Krebs von Rauchern in Zusammenhang. 

    Eine Variante, "Signatur 4", tauchte hauptsächlich in jenen Organen auf, die direkt mit dem Tabakrauch in Verbindung kommen - etwa der Lunge oder dem Kehlkopf. Andere führten die Forscher auf die Aktivität eines bestimmten Enzyms zurück, von dem man weiß, dass es Mutationen auslöst. "Signatur 5", deren Ursprung unklar ist, wurde bei allen durch Rauchen verursachten Krebstypen entdeckt. 

    Sechs Millionen sterben an Folgen des Rauchens

    Eine kleine Geschichte des Tabakkonsums

    Die Kulturgeschichte des Tabaks geht Jahrhunderte zurück. Schon lange bevor Christoph Kolumbus nach Amerika kam, verwendeten verschiedene Indianer-Kulturen dort Tabak und andere Pflanzen als Heilmittel und für rituelle Handlungen.

    Von dort gelangte der Tabak zunächst nach Spanien und Portugal, Mitte des 16. Jahrhunderts dann auch nach Paris.

    1573 wird Tabakanbau in Deutschland erstmals urkundlich erwähnt, im Pfarrgarten einer Gemeinde bei Speyer.

    Bis ins 18. Jahrhundert hinein wird Tabak vorwiegend geschnupft.

    Während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) verbreitet sich das Rauchen in Deutschland.

    1761 veröffentlicht ein britischer Mediziner eine erste Studie über den Zusammenhang von Schnupftabak und Nasenkrebs.

    Ab 1855 kurbeln die ersten Zigarettenmaschinen und die Erfindung des Streichholzes den Konsum an.

    1904 organisieren sich die ersten Tabak-Gegner, zum Beispiel im "Verband zum Schutze für Nichtraucher".

    Ab 1945 fangen immer mehr Frauen mit dem Rauchen an.

    In den 1950er Jahren kommen Zigaretten mit Filter auf den Markt. Die Werbung preist sie als weniger gesundheitsschädlich an.

    1964 belegt eine US-Studie, dass Rauchen Lungenkrebs verursacht.

    In den 1970er Jahren entstehen die ersten "Light"-Zigaretten. Die Hersteller vermarkten sie als weniger schädlich.

    1974 wird Tabakwerbung hierzulande in Rundfunk und Fernsehen verboten.

    1981 werden die ersten Zigarettenpackungen mit Warnhinweisen bedruckt: "Der Bundesgesundheitsminister: Rauchen gefährdet Ihre Gesundheit." (Quelle: dpa)

    Tabakrauch enthält der Studie zufolge mehr als 7000 Chemikalien, von denen über 70 krebserregend sind. Mindestens sechs Millionen Menschen sterben demnach jedes Jahr an den Folgen des Rauchens. Falls der aktuelle Trend sich fortsetze, würden der Weltgesundheitsorganisation zufolge bis Ende des Jahrhunderts mehr als eine Milliarde Menschen an den Folgen des Tabakkonsums sterben. 

    In Deutschland rauchen dem Bundesgesundheitsministerium zufolge 28 Prozent der Erwachsenen ab 18 Jahren. An den Folgen des Tabakkonsums sterben demnach rund 120.000 Menschen im Jahr. Die Quote der Raucher sei seit den 80er Jahren leicht rückläufig. Bei Jugendlichen ist die Rückgang deutlicher. Der Anteil der Raucher unter den 12- bis 17-Jährigen ist den Angaben zufolge seit 2001 von 27,5 Prozent auf 7,8 Prozent zurückgegangen.

    Unklarheiten vor allem bei Organen, die nicht mit Rauch in Berührung kommen

    Zehn Gründe, mit dem Rauchen aufzuhören

    Grund 1: Man lebt gesünder. Die Gesundheit ist für viele Raucher ein Grund mit dem Rauchen aufzuhören.

    Grund 2: Es spart Geld mit dem Rauchen aufzuhören Knapp die Hälfte der Rauchen, 44 Prozent, haben einen durchschnittlichen Tagesverbrauch von elf bis 20 Zigaretten. Geht man von einem Schachtelpreis von rund fünf Euro aus, kommt man auf eine Summe von mehr als 1.000 Euro im Jahr.

    Grund 3: Auch bei der Versicherung kann gespart werden. Nichtraucher sparen bei einer Risikolebensversicherung, denn Raucher müssen einen monatlichen Gefahrenzuschlag zahlen. Hört man mit dem Rauchen auf, kann man diesen Zuschlag überprüfen lassen.

    Grund 4: Man riecht viel besser. Den Zigarettengeruch empfinden viele Menschen als unangenehm.

    Grund 5: Man beweist Willensstärke. Sich selbst etwas beweise und den Rauchentzug durchziehen, ist ein großer Anreiz für viele Raucher mit dem Rauchen aufzuhören.

    Grund 6: Man ist belastbarer. Nichtraucher sind belastbarer als Raucher.

    Grund 7: Ein Vorbild für andere sein. Gerade Erwachsene mit Familie und Kindern möchten Vorbilder sein und hören mit dem Rauchen auf.

    Grund 8: Nichtraucher werden bei der Partnerwahl bevorzugt. 83 Prozent der Frauen bevorzugen einen Partner, der nicht raucht. Auch die Männer (85 Prozent) haben lieber eine Nichtraucherin zur Freundin.

    Grund 9: Die Konzentration wird besser. Die Konzentration von Nichtrauchern ist deutlich besser.

    Grund 10: Nichtraucher sind Trendsetter. 2013 lagen die Verkaufszahlen von Zigaretten bei 80,3 Milliarden. 1991 dahingegen lag die Zahl noch bei 146,5 Milliarden.

    Vollständig ist die Ursache des Krebsrisikos bei Rauchern noch immer nicht entschlüsselt. Vor allem bei jenen Organen, die nicht mit dem Rauch in Berührung kommen, bestehen Unklarheiten. "Unsere Forschung macht deutlich, dass der Weg, wie Rauchen Krebs verursacht, noch komplexer ist als gedacht", sagte Mike Stratton vom Wellcome Trust Sanger Institute.

    Bekannt ist, dass das Risiko für die meisten Krebsarten schon nach einigen Jahren Rauchverzichts deutlich sinkt. Nach einer Dekade hat der Ex-Raucher laut DKFZ nur noch ein halb so hohes Risiko für Lungenkrebs, wie wenn er weitergeraucht hätte. Bis das Niveau eines Nichtrauchers erreicht ist, dauere es aber 20 bis 30 Jahre. dpa/AZ

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden