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Pharmakologie: Von welchen Medikamenten man nicht zu viel erwischen sollte

Pharmakologie

Von welchen Medikamenten man nicht zu viel erwischen sollte

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    Was passiert, wenn man zu viele Tabletten erwischt?
    Was passiert, wenn man zu viele Tabletten erwischt? Foto: Andrea Warnecke (dpa)

    „Hab’ ich schon oder muss ich noch?“ Seien es Blutdruckmittel oder Cholesterinsenker, Vitamin-D-Tabletten oder Schilddrüsenpräparate: Wenn Menschen täglich Pillen schlucken müssen, kommt es leicht zu Unregelmäßigkeiten. Ab und zu vergessen die Patienten, ihre Mittel zu nehmen. Oder sie wissen nicht mehr, ob sie ihre Medikamente schon geschluckt haben. Sollten sie sicherheitshalber noch eine Tablette nehmen? Oder kann es gefährlich werden, wenn sie doch eine zu viel erwischen?

    „In den meisten Fällen hat es keine unmittelbaren schwerwiegenden Folgen, wenn man ausnahmsweise eine Tablette zu viel nimmt“, sagt Dr. Lisa Goltz vom Arzneimittelberatungsdienst der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) in Dresden. Das gilt für viele Blutdrucksenker oder für Statine, mit denen man den Cholesterinspiegel senkt. „Aber man muss mit Verallgemeinerungen sehr vorsichtig sein“, betont die Apothekerin.

    Denn es gibt auch Präparate, die sehr exakt dosiert werden müssen, damit es nicht zu Vergiftungserscheinungen kommt. Sie haben eine „geringe therapeutische Breite“: Das bedeutet, dass der Dosierungsspielraum, in dem sie wirksam und zugleich unbedenklich sind, sehr klein ist. Außerdem, betont Dr. Ursula Sellerberg von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), gibt es starke individuelle Abweichungen: „Wie Medikamente wirken, kann von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein.“ So kann dieselbe Dosis eines Mittels bei einem Patienten Beschwerden auslösen, beim nächsten aber problemlos sein. Eine Rolle spielen dabei Alter, Körpergewicht, Geschlecht und Gesundheitszustand.

    Vorsicht bei Dosierung von Schilddrüsenhormonen

    Ein oft genanntes Beispiel für ein Mittel, das schnell gefährlich werden kann, ist das Herzmedikament Digitalis mitsamt seiner Verwandten, deren Wirkstoff aus dem giftigen Fingerhut gewonnen wird. Digitalis-Präparate helfen insbesondere bei Herzmuskelschwäche und Herzrhythmusstörungen. Schon bei einer leichten Überdosis kann es zu Benommenheit, Herzproblemen oder Übelkeit kommen. Daher werden die Mittel immer seltener eingesetzt. Auch Vitamin-K-Antagonisten wie „Marcumar“, die das Blut verdünnen und dadurch Gefäßverstopfungen wie Thrombosen oder Herzinfarkte vorbeugen, müssen genau dosiert werden. Bei Unterdosierung entfalten die Mittel nämlich ihre Wirkung nicht, bei Überdosierung drohen dagegen Blutungen.

    Problematisch sind Einnahmefehler auch bei Schilddrüsenhormonen, die in Deutschland zu den am häufigsten verordneten Medikamenten zählen: „Bei einer hohen Dosis Levothyroxin kann es zu unangenehmen Folgen wie Herzklopfen und Zittern kommen“, sagt Goltz. Präparate mit diesem Stoff werden vor allem bei einer Schilddrüsenunterfunktion verschrieben.

    Auch bei Theophyllin, das bei mittlerem bis schwerem Asthma angewandt wird, ist wegen der engen therapeutischen Breite große Vorsicht geboten. Der Stoff, der in kleinen Mengen unter anderem in Teeblättern und Kaffeebohnen vorkommt, erweitert die Bronchien, kann aber auch den Herzschlag beschleunigen. Eine Überdosis kann zu Magen-Darm-Beschwerden, Herzrhythmusstörungen und Kopfweh führen und im Extremfall sogar tödlich sein.

    Aufpassen müssen auch Diabetiker, die auf Medikamente angewiesen sind. So können zum Beispiel Sulfonylharnstoffe, die den Blutzuckerspiegel senken, bei einer Überdosierung zu einer Unterzuckerung führen. Typische Anzeichen dafür sind ein schneller Puls, Schweißausbrüche, Blässe, Kopfschmerzen und Heißhunger. Unternimmt man nichts dagegen, drohen Verwirrtheit und Bewusstlosigkeit.

    Ernsthafte Schäden bei zu viel Paracetamol

    Bei sehr vielen anderen Medikamenten muss man sich keine Sorgen machen, wenn man aus Versehen mal ein bisschen zu viel erwischt. Dazu gehören Mittel mit einer großen therapeutischen Breite wie etwa Vitamin-D- und Jodid-Tabletten, Magnesium, Johanniskraut oder Acetylsalicylsäure („Aspirin“). „Grundsätzlich gilt: Je größer die therapeutische Breite eines Medikaments, umso sicherer ist es in der Anwendung“, sagt der Pharmakologe Professor Kay Brune von der Universität Erlangen-Nürnberg. Im Allgemeinen seien kleine Einnahmefehler bei rezeptfreien Medikamenten unproblematischer als bei verschreibungspflichtigen. „Es gibt aber eine wichtige Ausnahme von dieser Regel, nämlich Paracetamol“, sagt Brune.

    Bei diesem gängigen Schmerzmittel gilt in Deutschland für Erwachsene eine Obergrenze von vier Gramm pro Tag – das entspricht acht Tabletten à 500 Milligramm. „Ab sechs Gramm kann man ernsthafte Probleme bekommen“, sagt Brune. Erste Vergiftungssymptome sind Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen, in der Folge kann die Leber schwer geschädigt werden – mit schlimmstenfalls tödlichem Ende. Daher fordern Experten wie Brune, Paracetamol komplett unter Rezeptpflicht zu stellen. Packungen, die nicht mehr als zehn Gramm des Stoffs enthalten, sind nach wie vor frei verkäuflich.

    Doch auch mit vergleichsweise harmlosen Mitteln sollten Patienten verantwortungsbewusst umgehen und darauf achten, dass sie sich an die Dosierungsanweisung des Arztes halten. „Tabletten sind keine Smarties“, warnt Sellerberg. Um Medikamente nicht zu vergessen, gibt es zahlreiche Tricks. Am besten versucht man, die Einnahme in die Alltagsroutine einzubauen – zum Beispiel, indem man die morgendliche Tablette immer gleich neben dem Zahnputzbecher bereitlegt.

    Was aber tun, wenn man ein wichtiges Mittel doch mal vergessen oder zu viel davon geschluckt hat? Als Erstes sollte man auf dem Beipackzettel nachsehen. Dort finden sich in der Regel Hinweise zu Einnahmefehlern. „Ansonsten fragt man am besten bei seinem Arzt oder Apotheker nach“, rät Goltz.

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