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Nobelpreis für Chemie: Preisträger Hell: "Ich habe gedacht, das ist ein Scherz"

Nobelpreis für Chemie

Preisträger Hell: "Ich habe gedacht, das ist ein Scherz"

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    Der Nobelpreis für Chemie geht in diesem Jahr unter anderem an Stefan Hell.
    Der Nobelpreis für Chemie geht in diesem Jahr unter anderem an Stefan Hell. Foto: Ansgar Pudenz/Deutscher Zukunftspreis/Archiv (dpa)

    Für seine bahnbrechenden Leistungen in der Lichtmikroskopie erhält der Göttinger Stefan Hell  den Nobelpreis für Chemie. Der 51-Jährige teilt sich den Preis mit  Eric Betzig und William Moerner (beide USA). Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa berichtet er von den ersten Momenten direkt nach der Ehrung.

    Was sagen Sie zu Ihrer Auszeichnung?

    Chemie-Nobelpreisträger der letzten Jahre

    2017: Jacques Dubochet (Schweiz), der gebürtige Deutsche Joachim Frank (USA) und Richard Henderson (Großbritannien) entwickelten die sogenannte Kryo-Elektronenmikroskopie zur hochauflösenden Strukturbestimmung von Biomolekülen in Lösungen

    2016: Der Franzose Jean-Pierre Sauvage, der Brite James Fraser Stoddart und der Niederländer Bernard Feringa wurden für die Entwicklung von molekularen Maschinen ausgezeichnet.

    2015: Tomas Lindahl (Schweden), Paul Modrich (USA) und Aziz Sancar (USA/Türkei), die Erbgut-Reparatursets beschrieben hatten. Diese Erkenntnisse dienen unter anderem zur Suche nach Krebsmedikamenten.

    2014: Der Deutsche Stefan Hell und zwei US-Amerikaner bekamen den Preis für die Erfindung superauflösender Mikroskope.

    2013: Martin Karplus (USA/Österreich), Michael Levitt (USA/Großbritannien) und Arieh Warshel (USA/Israel) für Methoden, mit denen sich auch komplexe chemische Reaktionen virtuell nachvollziehen lassen.

    2012: Robert Lefkowitz und Brian Kobilka aus den USA für die Entdeckung von Rezeptoren, die zahlreiche Signale von außen in die Körperzellen übermitteln.

    2011: Dan Shechtman (Israel), der Quasikristalle entdeckt hatte, die zuvor von vielen Chemikern für unmöglich gehalten wurden.

    2010: Richard Heck (USA) sowie die Japaner Ei-ichi Negishi und Akira Suzuki, die komplexe Substanzen aus Kohlenstoff herstellten. Sie bauten so unter anderem natürliche Wirkstoffe gegen Krebs nach.

    2009: Venkatraman Ramakrishnan (Großbritannien), Thomas Steitz (USA) und Ada Jonath (Israel) für die Erforschung der Eiweißfabriken in biologischen Zellen, der Ribosomen.

    2008: Die Amerikaner Osamu Shimomura, Martin Chalfie und Roger Tsien, weil sie ein grünlich leuchtendes Protein einer Qualle zu einem der wichtigsten Werkzeuge der Biologie gemacht haben. Damit lassen sich viele Vorgänge im Körper verfolgen.

    2007: Gerhard Ertl (Deutschland) vom Fritz-Haber-Institut in Berlin für die exakte Untersuchung chemischer Reaktionen, wie sie etwa im Autokatalysator oder bei der Herstellung von Dünger ablaufen.

    2006: Roger D. Kornberg (USA) für Erkenntnisse darüber, wie die Zelle aus dem Bauplan in den Genen fertige Proteine herstellt.

    2005: Yves Chauvin (Frankreich), Robert H. Grubbs (USA) und Richard R. Schrock (USA) für die Entwicklung neuer Reaktionswege in der organischen Chemie, unter anderem zur Produktion von Plastik und Arzneien.

    2004: Aaron Ciechanover und Avram Hershko (beide Israel) sowie Irwin Rose (USA) für die Entdeckung eines lebenswichtigen Prozesses zum Abbau von Proteinen im Körper.

    Hell: Ich bin überwältigt. Das ist eine tolle Sache. Das Nobelkomitee hat offensichtlich die Entdeckung, dass man die Lichtmikroskopie deutlich schärfer machen kann, als man geglaubt hat, als auszeichnungswürdig befunden und das ist natürlich eine große Anerkennung. 

    Haben Sie damit gerechnet?

    Hell: Nein. Dass es ein wichtiges Thema ist, das wusste ich natürlich. Aber mit einem Nobelpreis kann man nicht rechnen, dafür ist einfach der Wettbewerb zu hart.

    Per Anruf hat Stefan Hell von seiner Auszeichnung erfahren 

    Wie haben Sie es erfahren, haben Sie die Pressekonferenz live geschaut?

    Hell: Ich hab es eine halbe Stunde vor Ihnen erfahren, weil das Nobelkomitee mich direkt angerufen hat. Sie sagten mir dann auch, dass sie mich live schalten würden zur Konferenz, deswegen haben sie mich schon früh informiert.

    Was haben Sie gedacht?

    Hell: Es war unglaublich. Im ersten Moment habe ich gedacht, das ist vielleicht ein Scherz. Aber ich habe die Stimme des Komiteevorsitzenden erkannt. Und dann habe ich langsam realisiert, dass es kein Scherz ist, dass es tatsächlich die Wahrheit ist. 

    Wem haben Sie als erstes davon erzählt?

    Hell: Ich hab meine Frau angerufen und ich war natürlich in der Schweigepflicht für eine halbe Stunde.

    "Diese Entdeckung wird zu besseren Therapien in der Medizin führen"

    Warum ist Ihre Forschung für uns alle so wichtig? 

    Hell: Die Lichtmikroskopie ist sehr wichtig, um zu verstehen, was zum Beispiel in einer lebenden Zelle vor sich geht. Das ist deswegen für uns alle sehr wichtig, weil wir Krankheiten nur dann verstehen können, wenn wir genau wissen, was in der Zelle abläuft. Dadurch das man jetzt schärfere Bilder aus lebenden Zellen gewinnen kann, wird man besser verstehen, was in der Zelle abläuft und auch deswegen besser verstehen, was sich abspielt, wenn etwas aus dem Ruder gerät, wenn eine Krankheit entsteht. Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Entdeckung, die heute ausgezeichnet worden ist, mittelfristig in letzter Konsequenz auch zu besseren Therapien in der Medizin führen wird. 

    Interview: Maren Hennemuth, dpa

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