Konzentrationsprobleme, Hyperaktivität und Einschlafstörungen schon bei Säuglingen: Ein übermäßiger Medienkonsum gefährdet die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, wie aus der am Montag von der Drogenbeauftragten Marlene Mortler (CSU) veröffentlichten Blikk-Studie hervorgeht. Bereits Babys unter einem Jahr haben demnach Fütter- und Einschlafstörungen, wenn die Mutter parallel zu Betreuung ihres Kinds digitale Medien nutzt. Zudem benutzen schon 70 Prozent der Kinder im Kita-Alter das Smartphone ihrer Eltern mehr als eine halbe Stunde täglich.
Zwei- bis Fünfjährige sind der Studie zufolge bei regelmäßiger Nutzung von Bildschirmmedien nicht nur zappeliger und haben Konzentrationsstörungen. Bei täglicher Mediennutzung zeigen sich zudem Störungen bei der Sprachentwicklung. Die Kinder sind außerdem oft unruhig und schnell ablenkbar.
Auch Kinder ab etwa sieben Jahren und Jugendliche, die mehr als eine Stunde pro Tag an ihrem Smartphone oder Tablet hängen, sind oft hyperaktiv oder unkonzentriert. Sie greifen auch mehr zu süßen Getränken und Süßigkeiten und sind häufiger dick.
In die Studie, aus der Medien schon in den vergangenen Tagen zitiert hatten, wurden zwischen Juni vergangenen Jahres und dem vergangenen Januar mehr als 5500 Kinder und Jugendliche einbezogen. Grundlage sind die Vorsorgeuntersuchungen, die sogenannten U-Untersuchungen, beim Kinderarzt und Elternbefragungen.
600.000 junge Menschen in Deutschland internetabhängig
In Deutschland gelten mittlerweile rund 600.000 Jugendliche und junge Erwachsene als internetabhängig und zweieinhalb Millionen als problematische Internetnutzer. "Wir müssen die gesundheitlichen Risiken der Digitalisierung ernst nehmen", erklärte Mortler. "Kleinkinder brauchen kein Smartphone." Sie müssten erst einmal lernen, mit beiden Beinen sicher im realen Leben zu stehen. Es sei daher dringend notwendig, Eltern beim Thema Mediennutzung Orientierung zu geben, forderte die Drogenbeauftragte.
Digitale Medien: Zahlen zum Nutzungsverhalten
Das Newscamp 2017 in Augsburg fördert Erkenntnisse zum digitalen Nutzungsverhalten hervor.
Wie schnell sich dieses bereits geändert hat, macht Martin Koper von der Newsfactory GmbH anhand einiger Zahlen und Umfrageergebnisse deutlich:
14- bis 29-Jährige sind durchschnittlich 245 Minuten am Tag online.
Das Nachrichtenportal von n-tv hat inzwischen fast drei Viertel mobile Nutzer.
77 Prozent aller User nutzen eine App schon drei Tage nach der Installation nicht mehr.
Vier von zehn Jugendlichen vertrauen bei Dingen, die ihnen wichtig sind, angeblich nur YouTube-Videos.
In den USA berührt ein durchschnittlicher User 2600-mal am Tag sein Smartphone.
Die Würzburger Medienpsychologin Astrid Carolus warnte indes vor einer einseitigen Diskussion über die Smartphonenutzung bei Kindern und Jugendlichen. Dass der Umgang mit Smartphones negative Folgen habe, gehe aus der Studie nicht eindeutig hervor, sagte Carolus am Montag im Deutschlandfunk. Nachgewiesen worden seien lediglich statistisch signifikante Zusammenhänge, aber keine klare Beziehung zwischen Ursache und Wirkung.
Die Wissenschaftlerin sprach sich gegen Smartphoneverbote für Kinder aus. Diese gingen an der Realität vorbei. Die jungen Menschen wüchsen heute in einer digitalisierten Welt auf und müssten den richtigen Umgang mit den Geräten lernen.
AZ/AFP