Masern in Deutschland: Vier von fünf Bundesbürgern befürworten laut einer Umfrage eine Impfpflicht für Kinder. Angesichts der hohen Zahl von Impf-Pflicht gegen Masern: Gesundheitsminister Bahr will handeln nicht ausgeschlossen.
Masern: Impfung ist nicht riskant
Die größte Zustimmung zu einer Impfpflicht gibt es demnach in den neuen Ländern, wo 93 Prozent eine solche Regelung unterstützen. Deutlich weniger Impfbefürworter gibt es hingegen in Norddeutschland (72 Prozent) und Bayern (71 Prozent). 19 Prozent der Befragten lehnen eine verpflichtende Impfung strikt ab. Sie pochen vor allem auf das Selbstbestimmungsrecht der Eltern oder fürchten, das Impfen könnte zu viele Risiken und Nebenwirkungen mit sich bringen.
Laut DAK ist das Impfrisiko aber sehr gering. Nur bei einem von einer Million gegen Masern geimpften Kindern komme es in Folge der Impfung zu Komplikationen mit einer dauerhaften gesundheitlichen Schädigung. Knapp jeder dritte Impfpflicht-Gegner meint aber auch, dass Kinderkrankheiten häufig dramatisiert würden.
Mehr als 900 Fälle von Masern in Deutschland
Forsa befragte Anfang Juli insgesamt 1002 Bürger. Eine Impfpflicht gab es in der Bundesrepublik bereits bis 1983 gegen die Pocken. In der früheren DDR war eine Impfung unter anderem gegen Kinderlähmung, Masern und Pocken gesetzlich vorgeschrieben.
Bis Mitte Juni wurden in Deutschland bereits mehr als 900 Masernfälle gemeldet, Masern breiten sich aus: Vor allem München und Augsburg betroffen. In fast der Hälfte der Fälle waren die Betroffenen 20 Jahre alt oder älter.
Es gebe in Deutschland zunehmend Masernfälle auch bei Erwachsenen, die als Kind nur einmal geimpft wurden, erklärte die Gesellschaft für Virologie (GfV) in Ulm. Alle nach 1970 Geborenen, bei denen der Impfstatus unklar sei oder die nur eine Mumps-Masern-Röteln-Impfung (MMR) erhalten haben, sollten daher "dringend" die zweite Impfung nachholen. Dies empfiehlt auch die Ständige Impfkommission (STIKO) bereits seit längerem.
Impfung sollte Masern ausrotten
Masern: Jeder vierte Kranke landet in der Klinik und für die Betroffenen sogar lebensgefährlich sein. Ursprünglich hatte sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Ziel gesetzt, die Masern bis 2010 in Europa auszurotten. In vielen Ländern, darunter auch Deutschland, sind die Impfraten bislang allerdings nicht hoch genug, um die Masern auszurotten. Neues Ziel ist jetzt 2015.
Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) beklagte unterdessen auch einen mangelnden Impfschutz gegen Keuchhusten. Nur etwa einer einer von 20 Erwachsenen in Deutschland sei ausreichend dagegen geimpft. Nach einer aktuellen Umfrage sind auch viele Menschen unzureichend geschützt, die durch direkten Kontakt Säuglinge anstecken könnten. Bei Babys könne der Infekt lebensbedrohlich verlaufen, warnte die Fachgesellschaft. Keuchhusten sei auch bei Erwachsenen keine banale Erkrankung. Vor allem bei Abwehrgeschwächten könne es zu Komplikationen wie Lungenentzündung, Harninkontinenz, Gewichtsverlust und Rippenfrakturen kommen.
Niederlande melden ebenfalls viele Masernfälle
Auch in den Niederlanden breiten sich die Masern unterdessen aus. 321 Kinder seien bereits infiziert, teilte das Reichsinstitut für Volksgesundheit am Freitag mit. 13 Kinder wurden in Krankenhäuser aufgenommen. Die Zahl der Krankheitsfälle sei wahrscheinlich weitaus höher, erklärte die Behörde. Nicht alle Patienten würden ärztlich behandelt. Die Epidemie herrscht vor allem im sogenannten "Bibelgürtel", einer Region vom Südwesten bis zum Nordosten der Niederlande. Dort wohnen viele streng-reformierte Niederländer, die aus Glaubensgründen eine Schutzimpfung ablehnen.
In Deutschland gibt es dieses Jahr besonders viele Fälle in Berlin und Bayern. In Erftstadt bei Köln musste vor kurzem eine Waldorfschule geschlossen bleiben, nachdem dort mehrere Schüler an Masern erkrankt waren. afp, dpa