Forscher der Universität Karlsruhe haben in einer einzigartigen Langzeit-Studie herausgefunden, dass Sport den Körper langsamer altern lässt. Und dabei bleibt es nicht: Regelmäßige Bewegung senkt bei Frauen das Brustkrebsrisiko um 20 bis 30 Prozent. Darauf weist die Deutsche Krebshilfe aktuell hin.
25 Jahre lang untersuchten sie dafür eine Teilnehmergruppe von der Größe eines kleinen Dorfes: 500 Menschen, sportliche und unsportliche. Die Leute stammen tatsächlich alle aus demselben Ort: Sie sind Bewohner der Stadt Bad Schönborn im baden-württembergischen Landkreis Karlsruhe.
Dort haben die Sportwissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) ihre Studie vor einem Vierteljahrhundert begonnen. Die Teilnehmer im Alter zwischen 35 und inzwischen etwa 80 Jahren werden seither alle paar Jahre in bislang fünf Wellen untersucht. „Wir haben also Aktivitäts- und Gesundheitsdaten über einen sehr langen Zeitraum verglichen“, erklärte Professor Alexander Woll gestern bei der Präsentation der Studie.
Sport hält jung: Wie äußert sich das?
Die Unterschiede zwischen Aktiven und Nicht-Aktiven sind dabei frappierend: Ein 50-jähriger Sportler ist körperlich so fit wie ein 40-Jähriger, der sich in seiner Freizeit kaum bewegt. Von den Ergebnissen sei er selbst überrascht, sagt Woll. Schon gut zwei Stunden Sport pro Woche senken demnach das Risiko für das Metabolische Syndrom – also Faktoren wie Übergewicht, Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte – um das Fünffache“, erklärt Woll. Heißt im Klartext: Wer so sportelt, hat beispielsweise ein fünfmal geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt 150 Minuten moderaten Sport pro Woche. Moderat, was heißt das genau?
Sport ist es erst, wenn man ins Schwitzen kommt
Kalorienverbrauch durch Sport
Um ungefähr 500 kcal pro Tag oder 3500 kcal pro Woche sollte der Arbeitsumsatz erhöht werden, wenn man abnehmen möchte – ohne weniger zu essen. Beispiele, welche Sportarten wie viel bringen (Durchschnittswerte):
Yoga: 150 – 200 kcal pro Stunde
Langsames Gehen: 170– 225 kcal pro Stunde
Walking: 290 – 385 kcal pro Stunde
Golfspielen: 290 – 385 kcal pro Stunde
Laufen (6 km/h): 360 – 480 kcal pro Stunde
Schwimmen: 350 – 465 kcal pro Stunde
Fußball: 420 – 560 kcal pro Stunde (bref)
Steffen Schmidt, Projektleiter der Sportstudie, muss alle enttäuschen, die sich schon damit brüsten, in der Arbeit die Treppe statt des Fahrstuhls zu nehmen oder sonntags bei einem Spaziergang die Sonnenstrahlen des Herbstes genießen. „Man muss schon ein bisschen ins Schwitzen kommen“, erklärt der Sportwissenschaftler. Walking, Fahrradfahren, das zählt ihm zufolge allerdings durchaus als „moderate Aktivität“.
Aus viel Bewegung folgt also ein langes und gesundes Leben? So schlicht funktioniert die Gleichung nun auch wieder nicht, sagen Woll und sein Kollege Professor Klaus Bös, der die Studie seinerzeit initiierte. Auch die genetische Disposition spiele eine ganz erhebliche Rolle. „Es ist vermessen anzunehmen, dass wir durch unser Verhalten alleine unser Leben bestimmen können.“ Es sei aber sehr wohl möglich, genetische Risikofaktoren – etwa die Neigung zu Übergewicht oder die Veranlagung zu Demenz – mithilfe von Bewegung drastisch abzumildern. Die Frage der Ernährung wurde in der Studie bewusst vernachlässigt: „Es hätte den Rahmen gesprengt und uns fehlte schlicht die Expertise auf diesem weiten Feld“, sagt Bös. Moderater Sport kombiniert mit vollwertiger Basiskost sei aber unerlässlich für ein gesünderes Leben, so die Gießener Ernährungswissenschaftlerin Alexandra Schek.
Langzeitstudie: Sport muss immer zur Person passen
Dass die Probanden alle im selben Ort leben, verfälscht die Ergebnisse übrigens nicht. Andere Studien würden die Resultate bestätigen, sagt Projektleiter Steffen Schmidt. Allerdings unterscheiden sich die Aktivitäten zwischen Stadt und Land. In der Stadt dominiert der „organisierte Sport“ in Vereinen und Fitnessstudios. In ländlichen Regionen wie Bad Schönborn sei der Weg ins Fitness-Center oft weiter und entsprechend weniger beliebt.
„Generell muss der Sport immer zur Person passen“, sagt Schmidt. Was das heißt, weiß im Zweifel jeder selbst am besten. mit dpa