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Krätze: Breitet sich die Krätzmilbe wieder stärker aus?

Krätze

Breitet sich die Krätzmilbe wieder stärker aus?

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    Die Krätzmilbe unter dem Mikroskop. Sie ist nur etwa 0,2 bis 0,4 Millimeter groß.
    Die Krätzmilbe unter dem Mikroskop. Sie ist nur etwa 0,2 bis 0,4 Millimeter groß. Foto: picture-alliance/gms

    Schon vor Urzeiten piesackten Krätzmilben die Menschheit. Das schlägt sich auch in der Redewendung „Ich krieg’ die Krätze!“ nieder. Leider sind die winzigen Spinnentiere, die hinter der Hautinfektion stecken, alles andere als ausgestorben. In den vergangenen Monaten wurden immer wieder Ausbrüche aus Kindergärten, Seniorenheimen oder sogar Kliniken bekannt. Eigentlich ist das kein Grund zur Panik: Die Krankheit ist, abgesehen von unangenehmen Begleiterscheinungen wie Juckreiz, relativ harmlos. Sie hat auch nichts mit mangelnder Hygiene zu tun. Doch die Bekämpfung ist aufwendig. Hinzu kommt der Ekel, den die Vorstellung auslöst, dass sich Parasiten in die Haut bohren und dort von der Zell- und Lymphflüssigkeit leben.

    Befall durch die Krätzmilbe ist nur eingeschränkt meldepflichtig

    „Ich habe das Gefühl, dass die Zahl der Fälle zugenommen hat“, sagt der Dermatologe Henning Hamm von der Uniklinik Würzburg. „Von Kollegen habe ich Ähnliches gehört. Einen Beleg dafür gibt es aber nicht.“ Skabies, wie Mediziner den Krätzmilben-Befall nennen, ist nämlich nur eingeschränkt meldepflichtig: Wenn es Verdachtsfälle in Gemeinschaftseinrichtungen gibt, muss das Gesundheitsamt vor Ort benachrichtigt werden. Diese Meldungen werden aber nicht an andere Behörden übermittelt. Anton Aebischer, Experte für Pilz- und Parasiteninfektionen am Robert-Koch-Institut (RKI), erklärt: „Es gibt keine verlässlichen Daten dazu, wie sich die Zahl der Skabies-Fälle in Deutschland entwickelt hat.“ Auch in Stadt und Landkreis Augsburg tritt die Krankheit gelegentlich auf. Ein Trend lasse sich aber nicht erkennen, heißt es seitens der Gesundheitsämter.

    Allerdings sind im vergangenen Jahr bundesweit wesentlich mehr Medikamente gegen Krätze verordnet worden. Das zeigen Erhebungen von Krankenkassen: So ist etwa die Zahl der Verordnungen bei den Barmer-Versicherten 2017 gegenüber dem Vorjahr um 60 Prozent auf mehr als 60.000 gestiegen. Sind die Milben also doch „auf dem Vormarsch“, wie es öfters heißt? Die Daten aus Krankenhäusern deuten in eine andere Richtung: Die Zahl der Skabies-Diagnosen dort war in den letzten 15 Jahren stark schwankend, wie Aebischer berichtet. Lag sie im Jahr 2000 noch bei über 2700, sank sie zehn Jahre später auf 760. 2015 waren es wieder fast 2800. „Wie diese Schwankungen zu bewerten sind, ist unklar“, sagt der Wissenschaftler. Möglicherweise tritt die Infektion in Zyklen auf. Eindeutig ist für Aebischer jedenfalls: „An der Behauptung, dass Geflüchtete die

    Krätze breitet sich durch intensiven Hautkontakt aus

    Aus Flüchtlingsunterkünften werden aber öfters Fälle gemeldet: Wenn Menschen auf engstem Raum zusammenleben, ist das für die Parasiten ideal. Sie verbreiten sich nämlich über intensiven Hautkontakt, also beim gemeinsamen Spielen, Kuscheln oder beim Sex. Dann haben die winzigen Milben, die mit bloßem Auge kaum sichtbar sind, Gelegenheit, sich einen neuen Wirt zu suchen. Die Parasiten graben sich in die obere Hautschicht ein und leben dort vier bis acht Wochen. Währenddessen legen sie in den Hautgängen Eier und Kot ab. Dieser löst in der Regel eine Abwehrreaktion des Immunsystems aus, die mit Juckreiz verbunden ist. Hat man sich zum ersten Mal infiziert, dauert es zwei bis fünf Wochen, bis sich solche Anzeichen zeigen. In dieser Zeit kann man unbemerkt weitere Menschen anstecken. Auch deshalb ist es schwer, einen Krätze-Ausbruch in den Griff zu bekommen. Besonders vorsichtig muss man sein, wenn jemand an Borkenkrätze erkrankt ist: Diese Skabies-Form, die sich bei Menschen mit einer Immunschwäche entwickeln kann, ist besonders ansteckend, da extrem viele Milben auf der Haut leben.

    Skabies lässt sich gut behandeln

    Krätze lässt sich auch deshalb schwer ausrotten, da die Infektion nicht leicht zu erkennen ist. Gerade bei Patienten, die intensiv Körperpflege betreiben, kann es sein, dass die Hautveränderungen – etwa einzelne Bläschen – wenig auffallen. „Es kommt immer wieder vor, dass Skabies als Ekzem fehldiagnostiziert wird“, sagt Hamm. Entscheidender Hinweis sind die winzigen, gewundenen Milbengänge, die der Arzt per Dermatoskop (Lupenleuchte) entdecken kann. „Man muss aber immer wissen, wonach man sucht“, erklärt der Dermatologe.

    Das hilft gegen Krätze

    Wenn Sie verdächtige Symptome an sich oder Ihrem Kind bemerken, sollten Sie möglichst bald zum Arzt gehen.

    Befolgen Sie seinen Rat genau. Je nachdem, werden eine Creme zum Auftragen oder Tabletten zum Einnehmen verordnet.

    Um niemanden anzustecken, sollten Sie zunächst auf enge Körperkontakte verzichten. Nach ein- bis zweimaliger Behandlung mit Anti-Milben-Mitteln ist aber normalerweise niemand mehr ansteckend.

    Gehen Sie möglichst offen mit der Krankheit um und informieren Sie Menschen, zu denen Sie engen Kontakt hatten. Wer an Krätze erkrankt ist oder bei wem der Verdacht besteht, darf Gemeinschaftseinrichtungen (Schulen, Kindergärten) vorübergehend nicht besuchen. Außerdem muss man dort so bald wie möglich Bescheid geben.

    Bis zur Nachkontrolle gilt: Wechseln Sie Unterwäsche, Kleidung und Bettwäsche einmal täglich und waschen Sie sie bei 60 Grad.

    Gegenstände mit längerem Hautkontakt, die nicht gewaschen werden können (Pantoffeln, Kuscheltiere), sollten für mindestens drei Tage bei über 21 Grad in verschlossenen Plastiksäcken trocken gelagert werden.

    Polstermöbel kann man absaugen oder mindestens zwei Tage nicht benutzen.

    Behandeln lässt sich Skabies dagegen in der Regel gut. In vielen Fällen verschreibt der Arzt eine Creme mit dem Insektizid Permethrin. Neben weiteren Lotionen und Salben ist seit 2016 auch ein Mittel zum Einnehmen (Ivermectin) auf dem Markt. Und ein kleiner Trost: Über Polster, Kissen oder Decken, auf denen Milben kriechen, infiziert man sich laut RKI nur selten. 

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