Die meisten Verbraucher wissen jedoch nicht genau, was dahinter steckt, was „Nano“ bringt, oder ob es gar schädlich ist. Das müsste sich ändern, findet die Umweltethik-Studentin Julia Grimm, 26, und hat ihre Masterarbeit am Lehrstuhl für Ressourcenstrategie der Uni Augsburg über Nanopartikel in Kosmetikprodukten geschrieben.
Die gebürtige Allgäuerin ist in einem Elternhaus groß geworden, in dem Wert auf bewussten Konsum gelegt wird. „Bewusst einkaufen kann man aber nur, wenn man einigermaßen informiert ist“, sagt sie. Deshalb hat sie in ihrer Arbeit versucht, das „Nano-Informationsdickicht“ zu durchdringen und Informationen zusammenzustellen, die dem Verbraucher bei seiner Kaufentscheidung helfen können.
Das Thema ist brandaktuell. Seit Juli 2013 sind Hersteller verpflichtet, Nanoteile auf ihren Produkten zu kennzeichnen. Aber wer glaubt, im Geschäft könne er alles Weitere erfahren, der irrt.
Julia hat eine „verdeckte Befragung“ in Apotheken, Reformhäusern, Parfümerien und Drogeriemärkten durchgeführt. Dabei haben sich die Befrager als Kunden ausgegeben, die etwas über Nano-Kosmetik erfahren wollten. Ergebnis: „Selbst Verkäufer sind mit der Thematik überfordert“, sagt Julia Grimm.
Nanopartikel sollen einen besseren UV-Schutz bieten
Hier verrät sie die wichtigsten Fakten: Es ist ihre Winzigkeit, die den Partikeln jene besonderen Eigenschaften verleiht, durch die sie Produkteigenschaften verstärken. So machen Nano-Titandioxid und Zinkoxid (beides Metalle) Sonnenschutzmittel transparenter. Man kann die Cremes leichter auftragen. Darüber hinaus sollen sie einen besseren UV-Schutz bieten.
In Anti-Falten-Cremes werden „Fullerene“ (Kohlenstoffmoleküle) eingesetzt, die die Haut vor Alterung schützen sollen, indem sie freie Radikale, die für den Alterungsprozess der Haut verantwortlich sind, aufnehmen; Lippenstifte werden durch Zugabe von Nano-Eisenoxid angenehmer. Und in Deodorants oder Seifen wird Nanosilber gerne wegen seiner antimikrobiellen Wirkung (indem es die Vermehrungsfähigkeit oder Infektiosität von Mikroorganismen reduziert) verwendet.
Der Forschungsbedarf ist groß
Die Anwendungsliste ist lang und hört sich erst mal gut an. Dennoch sind die „Zwerge“ kritisch zu betrachten. „Risiken für die Gesundheit und Umwelt sind nicht ausgeschlossen, es gibt noch viel Forschungsbedarf“, fasst Grimm die Situation zusammen. Tatsächlich betonen zahlreiche Untersuchungen mögliche umwelt- und gesundheitsschädliche Aspekte und sehen die Aufnahme der Partikel in den Organismus kritisch.
Die Internationale Agentur für Krebsforschung der Weltgesundheitsorganisation stuft beispielsweise Nano-Titandioxid als möglicherweise krebserregend ein. „Man muss aber deshalb nicht von vornherein alle Produkte mit Nanowirkstoffen verteufeln“, sagt Julia.
Am ehesten werden Nanopartikel über die Atemwege aufgenommen
Immerhin wird die Partikel-Aufnahme-Wahrscheinlichkeit über den Magen-Darm-Trakt und die Haut gering bis mittel eingeschätzt, während sie über die Atemwege als am wahrscheinlichsten gelte. „Daher sind Produkte zum Auftragen auf die Haut immer Produkten zum Sprühen vorzuziehen“, erklärt Julia. Sonnenschutz ganz ohne Nanoteilchen gebe es sowieso kaum noch.
Noch weniger Sicherheit herrscht bei anderen Produkten: Fullerene werden leicht über die Haut aufgenommen, geringe Dosen können giftig für menschliche Zellen sein. Auch bei Nano-Silber ist eine Gesundheitsgefährdung wissenschaftlich nicht ausgeschlossen. Gründe genug für Julia Grimm, sich vor dem Verwenden zu informieren.