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Jugendschutz: Immer weniger Schüler rauchen - dafür gibt es eine andere Sucht

Jugendschutz

Immer weniger Schüler rauchen - dafür gibt es eine andere Sucht

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    Oberstufenschüler durften vor einigen Jahren noch auf dem Schulgelände rauchen. Inzwischen gilt an den staatlichen Schulen in Bayern ein Rauchverbot.
    Oberstufenschüler durften vor einigen Jahren noch auf dem Schulgelände rauchen. Inzwischen gilt an den staatlichen Schulen in Bayern ein Rauchverbot. Foto: Ulrich Wagner (Symbolfoto)

    Bücher, Hefte, Pausenbrot – und Zigarettenschachtel? Das Rauchen hat an Bayerns Schulen Hausverbot, so sieht es der gesetzliche Nichtraucherschutz vor. Gemeinsam mit den übrigen Maßnahmen hat die Einführung der rauchfreien Schulen in Bayern zweifellos Wirkung gezeigt: Die Zahl der rauchenden Jugendlichen ist seit Jahren rückläufig, wie es im amtlichen Gesundheitsreport heißt. Nicht nur das: Sogar einen Wandel des Raucherimages können die Lehrkräfte beobachten.

    Das sogenannte „Gesetz zum Schutz der Gesundheit“ hat das Rauchen aus der Mitte der Gesellschaft verdrängt. Wo einst hemmungslos gepafft werden durfte, steht seither die Gesundheit der Nichtraucher im Vordergrund. Neben Gaststätten, Kneipen und Diskotheken hat das Gesetz auch das Bild an den Schulen verändert, wo Oberstufenschüler bis vor einigen Jahren noch auf dem Schulgelände rauchen durften. Nicht nur räumlich gesehen ist das Rauchen an vielen Schulen mittlerweile jedoch eine Randerscheinung.

    An der Bebo-Wager-Berufsschule in Augsburg ist das noch nicht der Fall. Morgens vor Unterrichtsbeginn stehen dutzende junger Erwachsener auf dem Bürgersteig neben der Straßenbahnhaltestelle und rauchen, bevor sie das Schulgelände betreten. Denn dort gilt das Rauchverbot entsprechend der staatlichen Vorgabe. Trotz ihrer Volljährigkeit und obwohl sie sich außerhalb des Schulgeländes befinden, wollen sich die rauchenden Schüler nicht zum Thema äußern.

    „Wir achten sehr darauf, dass die Raucher nicht auf dem Schulgrundstück stehen, auch Gäste der Schule weisen wir auf den Nichtraucherschutz hin“, sagt Robert Karlinger, Leiter der Berufsschule. Zwar könne er insgesamt einen Rückgang der rauchenden Schüler an seiner

    So hören Sie mit dem Rauchen auf

    Nikotinkaugummis und -pflaster: Diese Hilfsmittel sorgen dafür, dass man nicht von Hundert auf Null gehen muss. "Man kann sich erst einmal darauf konzentrieren, seine Gewohnheiten zu ändern, bekommt das Nikotin aber weiter", erklärt Gabriele Bartsch von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS).

    Aber: Auch Kaugummis und Pflaster muss man nach und nach herunterdosieren, mahnt sie. Wie lange die Einnahme höchstens empfohlen wird, steht auf der Packung.

    Weniger rauchen: "Dazu gehört sehr viel Disziplin und sehr viel Motivation", sagt Bartsch. Denn auch beim Reduzieren wird das Suchtgedächtnis immer weiter "gefüttert". "Für die meisten ist es weniger anstrengend, sich einen fixen Schlusspunkt zu setzen und das dann auch durchzuhalten."

    Nicht aufgeben: "Auch ein zeitweiliger Rauchstopp ist gut" betont Bartsch. Wer schon mal für ein halbes Jahr oder auch zwei Jahre aufgehört hat, hat zumindest die Erfahrung gemacht: "Ich kann das". "Dadurch wird die Chance, es wieder zu schaffen, nicht schlechter, sondern besser."

    Positiv denken: Wer gerade die ersten Tage oder auch Wochen nicht mehr raucht, sieht eigentlich nur, was ihm weggenommen wird. Deshalb ist es wichtig, sich immer wieder in Erinnerung zu rufen, was das Aufhören alles Positives bewirkt.

    "Es gibt auch Apps, die einen dabei unterstützen. Allerdings ist bislang keine wissenschaftlich evaluiert", sagt Bartsch. Die Apps senden Push-Mitteilungen, in denen etwa steht, wie sehr sich das Herz schon erholt hat. Oder die App rechnet das bereits eingesparte Geld zusammen.

    Stark bleiben: "Meistens ist es nur ein kurzer Moment, den man überbrücken muss, bis die Motivation wieder einen Push bekommt", sagt Bartsch. Aber in dem kleinen Zeitraum sollte man möglichst nicht das tun, was vorher mit dem Rauchen verbunden war, rät Bartsch.

    Sich ablenken: Was in kritischen Situation hilft, muss jeder für sich herausfinden, betont Bartsch. Manch einer dreht eine Runde um den Block oder den Wald, manche fangen an zu putzen und wieder andere machen zehn Kniebeugen, statt eine zu rauchen.

    Besonders in seinen Klassen für Auszubildende in Heizungs-, Sanitär- und Klempnerberufen sei der Raucheranteil überdurchschnittlich hoch. „Vielleicht liegt das daran, dass man in diesen Berufen auf Baustellen oft auch während der Arbeitszeit rauchen kann“, vermutet Karlinger.

    An zwei Händen lasse sich hingegen die Zahl der rauchenden Schüler am Descartes-Gymnasium in Neuburg abzählen, sagt Schulleiter Peter Seyberth: „In der Oberstufe gibt es meines Wissens ein paar wenige Raucher, die für eine Zigarettenpause an Ausweichplätze in der Nähe der Schule gehen.“ Auch er findet, dass das Rauchen unter den Schülern heute weit weniger verbreitet sei als noch vor einigen Jahren.

    Ein größeres Thema sei der Tabakkonsum an seiner Schule nur dann, wenn er mit seinen gesundheitsschädlichen und suchtfördernden Folgen lehrplanmäßig im Unterricht besprochen werde. Zudem beteiligten sich regelmäßig verschiedene Klassen an Rauchfrei-Kampagnen.

    „Be smart – don’t start“ lautet das namensgebende Motto einer dieser Kampagnen, die als Wettbewerb organisiert ist. Schulklassen können sich dafür anmelden und durch konsequentes Nichtrauchen auf Preise hoffen. Vier siebte Klassen der Realschule in Mering haben neben dutzenden weiteren Klassen aus Schwaben am jüngsten Wettbewerbsturnus teilgenommen.

    Um vor den Folgen legaler und illegaler Drogen zu warnen, lädt die Schulleitung jedes Jahr Mitarbeiter des Kreisjugendamtes Aichach-Friedberg ein, die mit den Schülerinnen und Schülern der achten Klassen über Themen wie Sucht und Selbstkontrolle sprechen. Unter dem Motto „Klik – Klar im Kopf“ geht es dabei auch um das Rauchen. „Die Workshops werden gut angenommen“, sagt Graf.

    Zigarettenschachtel mit Schockfoto einer Lungenoperation und Warnhinweis. Eine Studie zeigt, dass solche Schockbilder junge Nichtraucher abschrecken können.
    Zigarettenschachtel mit Schockfoto einer Lungenoperation und Warnhinweis. Eine Studie zeigt, dass solche Schockbilder junge Nichtraucher abschrecken können. Foto: Daniel Bockwoldt (dpa)

    Im Laufe des vergangenen Jahrzehnts hat sich unter Jugendlichen eine Trendwende bemerkbar gemacht, wie Ute Maiterth von der Realschule Aichach beobachtet hat. „Rauchen ist out“, sagt die Lehrerin, eine gesunde, „cleane“ Lebensweise hingegen in Mode. Seit 2007 ist das

    Wer mit einer Zigarette in der Hand erwischt wird, erhält zunächst einen Verweis, den bei minderjährigen Schülern die Eltern unterschreiben müssen. Beim nächsten Verstoß steht ein Besuch bei der Schulleitung an, auch ein Termin bei der Suchtberatung kann als Konsequenz folgen. „So weit hat es aber bisher niemand gebracht“, sagt Maiterth. „In den Augen vieler junger Menschen ist Rauchen nicht mehr rebellisch oder cool, sondern ekelhaft und abstoßend“, berichtet die Lehrerin. Neben den steigenden Tabakpreisen ist Maiterth zufolge auch deshalb ein starker Rückgang bei den jugendlichen Rauchern bemerkbar.

    Statt Zigaretten hätten junge Leute jedoch etwas anderes in jeder freien Sekunde zwischen den Fingern: das Smartphone. In den Pausen, zwischen den Schulstunden sowie vor und nach dem Unterricht werden die Geräte aus den Hosentaschen gezogen. „Das ist die neue Sucht unter den Jugendlichen“, sagt Maiterth.

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