Für ein Ende des Nebeneinanders von gesetzlicher und privater Krankenversicherung haben sich die Bertelsmann Stiftung und die Verbraucherzentrale Bundesverband ausgesprochen.
Experten: Private Krankenversicherung abschaffen
"Die Aufspaltung der Krankenversicherung ist ineffizient und problematisch", sagte der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung, Aart De Geus, am Montag in Berlin laut einer Mitteilung. "Eine integrierte Krankenversicherung ist im Interesse aller, auch der privat Versicherten", sagte der Chef des Verbands der Verbraucherzentralen, Gerd Billen.
Deutschland sei "das letzte Land der Erde", in dem es solch eine strikte Trennung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung gebe. Die Politik müsse nach der Bundestagswahl "eine Richtungsentscheidung" treffen.
Zehn-Punkte-Plan zur Reform der Krankenversicherung
Das Gesundheitssystem in Deutschland
Die Beteiligten im deutschen Gesundheitsystem lassen sich in fünf Kategorien aufteilen:
Die Leistungsempfänger, also Patienten, die Leistungserbringer (Ärzte, Pflegeberufe), Leistungsfinanzierer (Selbstzahler, Arbeitgeber), die Leistungsfinanzierer (Krankenkasse) und der Staat.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie der Staat zahlen regelmäßig Beiträge in die Krankenkassen ein ...
... welche wiederum im Krankheitsfall an die Versicherten ausgeschüttet werden, um die Behandlungskosten zu decken.
In Deutschland gibt es gesetzliche und private Krankenversicherungen. Über 75% Prozent der Deutschen sind gesetzlich versichert ...
... wohingegen circa zehn Prozent privat versichert sind. 2,3 Prozent der Deutschen sind anderweitig versichert (Zivildienstleistende, Bundeswehr).
Arbeitnehmer sind verpflichtet, sich zumindest gesetzlich zu versichern. Private Versicherungen sind nicht verpflichtend und haben teilweise Gewinnerzielungsabsichten.
Zu den gesetzlichen Krankenkassen zählen AOK, IKK, BKK, DAK und Barmer.
Private Krankenkassen sind unter anderem Allianz, AXA, DKV, Provinzial, R+V, Victoria und Signal Iduna.
Im Vergleich mit anderen Staaten lag Deutschland mit seinen Gesundheitsausgaben 2006 auf Rang vier mit Ausgaben von rund 10,6 Prozent des BIP.
Im Jahr 2007 arbeiteten in Deutschland rund 4,4 Millionen Menschen in der Gesundheitswirtschaft.
Im Jahr 2012 sollen sich die Reserven der gesetzlichen Krankenkassen auf rund 21,8 Milliarden Euro belaufen.
Die beiden Organisationen stellten einen Zehn-Punkte-Plan zur Reform der Krankenversicherung vor. Dieser sieht unter anderem eine Angleichung der ärztlichen Vergütung und eine Versicherungspflicht für Selbstständige und Beamte vor. Die Beiträge sollen unabhängig sein vom Alter oder vom Gesundheitsrisiko des Versicherten.
Die neue Krankenversicherung soll künftig von allen Kunden frei wählbar sein und sich an der heutigen gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) orientieren.
Verband der privaten Krankenversicherung warnt
Der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) wies den Vorstoß umgehend zurück. Deutschland habe "eines der besten Gesundheitssysteme weltweit", erklärte der PKV. Verbandschef Volker Leienbach warnte vor "grundlosen Radikaloperationen". In Ländern mit einheitlichem Versicherungssystem, wie es von den beiden Organisationen angestrebt werde, gebe es in der Praxis "gravierende Ungleichheiten, Rationierungen und eine Versorgung nach dem Geldbeutel". dpa/afp