Vor 30 Jahren bedeutete ein positiver HIV-Test noch ein fast sicheres Todesurteil. Heute ist das anders. Eine vorbeugende Schutzimpfung gegen HIV gibt es zwar immer noch nicht, auch kein Wunder-Medikament, das das Virus komplett aus dem Körper verdrängen. Dennoch hat sich die Situation von HIV-Positiven in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert. Medikamente können den Ausbruch von AIDS verhindern, moderne Therapien ermöglichen eine annähernd normale Lebenserwartung trotz HIV-Infektion.
Kampf gegen Aids - Von der ersten Infektion zur effektiven Therapie
1900: Vermutlich um die Jahrhundertwende geht ein HIV-Urtyp (SI-Virus) in Afrika vom Affen auf den Menschen über.
1959: Ärzte entnehmen einem Mann im Kongo eine Blutprobe. Jahrzehnte später wird festgestellt, dass sich darin HIV-Antikörper befinden.
1981: Die US-Gesundheitsbehörden melden, dass immer mehr Homosexuelle unter bis dahin seltenen Infektionen und Hauttumoren leiden.
1982: Krankheitsfälle treten auch bei Drogenabhängigen und Blutern auf. Die Krankheit bekommt den Namen Aids (Acquired Immune Deficiency Syndrome, Erworbenes Immunschwäche-Syndrom). In Deutschland wird die erste Aids-Diagnose gestellt.
1983: Luc Montagnier und seinen Kollegen vom Pasteur-Institut in Paris gelingt es, das Aids-Virus zu isolieren. Der New Yorker Arzt Joseph Sonnabend benutzt erstmals den Begriff "Safer Sex". Auch in Deutschland wird verstärkt über das Thema Aids berichtet.
1984: Robert Gallo entwickelt ein Zellkultursystem und schafft damit die Voraussetzung für die Entwicklung erster Aids-Tests.
1985: Die erste internationale Aids-Konferenz tagt. 27 Millionen deutsche Haushalte bekommen Informationsbroschüren zugeschickt.
1986: Experten bezeichnen den Erreger einheitlich als HIV (Human Immunodeficiency Virus, Humanes Immunschwächevirus).
1987: Das erste Aids-Medikament AZT wird in den USA und wenig später auch in Deutschland zugelassen. Es kann die Virus-Vermehrung etwas bremsen.
1991: Die rote Schleife (Red Ribbon) wird zum internationalen Aids-Symbol. Queen-Sänger Freddie Mercury stirbt an HIV.
1996: Für Aufsehen sorgt die Entdeckung, dass einige Menschen eine genetisch bedingte, wenn auch nicht vollständige HIV-Resistenz haben.
1999: Schweizer Ärzte haben außergewöhnlichen Erfolg mit einer Hochdosis-Kombinationstherapie aus mehreren Medikamenten (HAART), in der Folge wird diese Strategie zur Standardbehandlung.
2002: Der Globale Fonds gegen Aids, Tuberkulose und Malaria wird zur Finanzierung nationaler Maßnahmen gegen diese Krankheiten gegründet.
2003: Mit dem Fusionshemmer Enfuvirtid (Handelsname Fuzeon) kommt in den USA und der EU eine vierte Klasse von Aids-Medikamenten auf den Markt, nach den sogenannten Nukleosiden, Protease-Hemmern und Transkriptase-Hemmern.
2008: Luc Montagnier wird gemeinsam mit Françoise Barré-Sinoussi für die Entdeckung von HIV der Medizin-Nobelpreis verliehen.
2010: Barack Obama hebt das in den USA seit 1987 geltende Einreiseverbot für HIV-Positive auf.
2014: Bei dem zunächst als "funktionell geheilt" geltenden "Mississippi-Baby" entdecken Ärzte erneut das HI-Virus. Das Mädchen war kurz nach der Geburt mit drei Medikamenten behandelt worden, nach einem halben Jahr entzog es die Mutter einer weiteren Therapie. Monate später war das Kind dennoch virenfrei gewesen. Dies bezeichneten Mediziner als Sensation - bis der Erreger doch wieder auftauchte.
2016: Die Vereinten Nationen sprechen von einem Wendepunkt der Aids-Epidemie in Afrika. Zum ersten Mal würden auf dem Kontinent mehr Betroffene behandelt als sich neu infizieren.
Wichtig ist eine frühzeitige Diagnose und ein rechtzeitiger Therapiebeginn, so Annette Haberl vom Vorstand der Deutschen Aids-Gesellschaft. Über 30 Medikamente gibt es inzwischen, die in der HIV-Therapie eingesetzt werden können. "HIV ist dadurch heute zu einer gut behandelbaren chronischen Erkrankung geworden", sagt Annette Haberl. Patienten könnten dank moderner Therapien ein normales Leben führen.
Arbeiten mit HIV: Kaum Probleme im Berufsleben
Auch das Berufsleben kann trotz HIV meist ganz normal weiter gehen. In vielen Fällen darf man dem Arbeitgeber eine HIV-Infektion verschweigen, sagt Nathalie Oberthür, Arbeitsrechtsanwältin in Köln. Ausnahmen gibt es bei einigen chirurgischen Berufen. Problematisch kann es auch werden, wenn man im Ausland tätig ist. Einige Länder wie Katar oder Jordanien verweigern HIV-Infizierten längere Aufenthalte oder sogar die Einreise. Arbeiten mit HIV: Im Berufsleben kaum Probleme
HIV kann zu schwerwiegenden Erkrankungen führen. Wer sehr lange erkrankt fehlt, dem kann krankheitsbedingt gekündigt werden. Dafür muss man allerdings über lange Zeit erhebliche Fehlzeiten anhäufen, erläutert Oberthür. "Auch die Zukunftsprognose muss negativ sein." Das heißt: Es ist nicht von einer Besserung auszugehen.
Im normalen Arbeitsalltag besteht laut deutscher AIDS-Hilfe mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" keine Gefahr, Kollegen oder Kunden mit HIV zu infizieren. dpa, AZ