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Gesundheit: Multiresistente Keime: Wenn das Krankenhaus krank macht

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Multiresistente Keime: Wenn das Krankenhaus krank macht

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    Patienten haben Angst davor, im Krankenhaus krank zu werden. Fehlende Hygiene in Krankenhäusern kann schnell dazu führen, dass sich Keime ausbreiten.
    Patienten haben Angst davor, im Krankenhaus krank zu werden. Fehlende Hygiene in Krankenhäusern kann schnell dazu führen, dass sich Keime ausbreiten. Foto: Britta Pedersen (dpa)

    Eigentlich war es nur eine kurze Untersuchung. Doch im Krankenhaus wurde aus einem verstauchten Knöchel ein Albtraum für eine junge Frau aus Nordrhein-Westfalen. Von Ärzten wird sie nur Verena genannt. Sie könnte aber auch Martina, Doris oder Franziska heißen. Denn Verenas Geschichte steht stellvertretend für jährlich zwischen 400 000 und 600 000 Menschen in Deutschland. Sie alle stecken sich im Krankenhaus mit Keimen an, die nicht oder nur schwer mit Antibiotika bekämpft werden können. Laut Bundesgesundheitsministerium sterben an multiresistenten Keimen bundesweit jedes Jahr bis zu 15 000 Menschen.

    Auch Verena kämpfte von einem Tag auf den anderen plötzlich um ihr Leben. Sie bekam Fieber, ihr Kreislauf versagte. Doch sie überlebte die Krankheit, die sie sich im Krankenhaus zugezogen hatte. Und noch heute kämpft sie mit den Folgen. Verena steht für viele Deutsche, die ins Krankenhaus gingen, um gesund zu werden. Und dort viel kränker wurden.

    Hollands Krankenhäuser als Vorbild für Deutschland

    Seit sieben Jahren gibt es die „Aktion Saubere Hände“. Über eintausend deutsche Krankenhäuser und Kliniken arbeiten dabei zusammen, um bessere Hygienestandards zu schaffen. Erhebungen des Bündnisses zeigen, dass in Krankenhäusern bis zu 50 Prozent aller Betreuer, Ärzte und Pfleger beim Desinfizieren schlampen. Es ist einer der Hauptgründe für die Verbreitung der gefährlichen Keime.

    Ins Leben gerufen hat die Aktion für Handhygiene Petra Gastmeier, die als Ärztin in der Berliner Charité arbeitet. Nach ihren Angaben waschen sich Arbeiter auf Intensivstationen 105-mal pro Schicht die Hände, in normalen Stationen 25-mal. Notwendig wäre deutlich mehr. Doch Händewaschen kostet Zeit, welche im Gesundheitssystem bereits anderweitig eingeplant ist. Mehr Hygiene bedeutet für sie Mehrkosten, die offenbar niemand tragen möchte.

    Fachfrau Gastmeier stellt eine Rechnung auf: „Wenn ein Pfleger auf der Intensivstation immer richtig die Hände wäscht, braucht er pro Patient 15 Minuten in seiner Schicht von acht Stunden.“ Meistens betreue ein Pfleger im Schnitt aber vier Patienten. „Also kommt auf acht Stunden eine Stunde nur für das Händewaschen – das ist derzeit einfach nicht darstellbar“, sagt die Expertin für Handhygiene. „Dafür bräuchte es einen deutlich anderen Personalschlüssel.“

    Andere Länder haben diesen Schritt bereits mit Erfolg gemacht. Holland ist da, wo Deutschland einmal hin will. In den Niederlanden ist die Gefahr, an einem antibiotikaresistenten Keim zu erkranken, deutlich geringer als in der Bundesrepublik. Laut einer Studie des holländischen Gesundheitsministeriums endet gerade einmal ein Prozent aller Krankenhausbesuche mit einer Ansteckung. In Deutschland sind dagegen Werte zwischen zehn und 25 Prozent an der Praxis.

    Der Grund für den Erfolg der Holländer liegt in der Vergangenheit: Bereits in den achtziger Jahren setzten Krankenhäuser rigorose Hygienevorschriften durch. Risikopatienten werden seitdem generell isoliert. Zwei Tage müssen Patienten aus anderen Ländern und Menschen aus Berufen, in denen Antibiotika verwendet werden, im Schnitt in Quarantäne verbringen, sollten sie ein Krankenhaus aufsuchen. Über den Verbrauch von Desinfektionsmitteln wird Buch geführt.

    Dieses Verfahren hat inzwischen auch die „Aktion Saubere Hände“ übernommen. Mit der Erfassung von Verbrauchswerten lässt sich sogar erkennen, welches Haus sich ausreichend die Hände wäscht. Diese Zahlen sind so aussagefähig, dass sie inzwischen auch für die großen Versicherungen interessant sind. Sie könnten sich einen für Verbraucher öffentlichen Bericht über die Hygiene in den einzelnen Krankenhäusern vorstellen, wie Ingo Pfenning von der Techniker Krankenkasse sagt.

    Immerhin fürchten 65 Prozent aller Patienten laut einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Toluna die Ansteckung mit Keimen im Krankenhaus. Damit ist die Angst sogar deutlich größer als vor Behandlungsfehlern mit nur 33 Prozent. Für die Versicherungen wäre ein Report ein Kundenservice. Andere sehen darin ein Druckmittel der Krankenkassen.

    "Krankenhäuser sind Multiplikatoren, aber keine Auslöser"

    Denn vor allem Mitarbeiter in den Krankenhäusern stöhnen bereits heute wegen der vielen Reformprogramme, Studien und Erhebungen. Auf einem Podiumsgespräch des Medizinischen Diensts der Krankenkassen in München über Hygiene und resistente Keime formulierte ein Krankenpfleger seinen Unmut deutlich: „Diese ganzen Ideen sind Sonntagsreden, solange nicht endlich durchgegriffen wird und den Mitarbeitern die nötige Zeit zur Verfügung gestellt wird für anständige Hygiene.“ Derzeit herrsche ein Klima von „husch, husch“, sagte der Pfleger und bezeichnete viele Ideen der Experten als in der Praxis „nicht machbar“.

    Der Ruf nach einer allumfassenden Regelung des Antibiotika-Einsatzes wird immer lauter. Vor allem der Einsatz des Mittels in der Viehzucht macht den Medizinern Sorgen. Erst in diesem Jahr versuchte das Bundeslandwirtschaftsministerium, aussagekräftige Zahlen über den Verbrauch von Antibiotika als Futtermittel zu erhalten. Nur ein Bruchteil der Landwirte lieferte im Anschluss verwertbare Zahlen. Für die Krankenhäuser ist das ein Schlag ins Gesicht. Sie fühlen sich als die Hauptschuldigen gebrandmarkt.

    Für die Hygieneexpertin Gastmeier ist das aber nur die halbe Wahrheit. „Die Patienten tragen gefährliche Keime erst in das Krankenhaus.“ Durch mangelnde Hygiene beginne ab dort ein Teufelskreis, welcher für die Patienten lebensbedrohliche Folgen haben kann. Krankenhäuser seien „Multiplikatoren“, aber keine Auslöser, sagt Gastmeier.

    Mit Aktionstagen macht ihr Hygienebündnis auf diese Situation aufmerksam. Zusammen mit einem neuen Zehn-Punkte-Programm der Bundesregierung sollen so in Zukunft vermeidbare Fehler abgestellt werden. Tests sollen verschärft und Informationen verständlicher an Patienten weitergegeben werden. Ein Netz aus vielen Krankenhäusern soll die Kommunikation verbessern.

    Für die Pfleger und Ärzte vor Ort ist das jedoch nur ein erster Schritt, betonen die Fachleute. „Wir brauchen vor allem Geld und Personal“, sagt Gastmeier. „Immerhin dürfen wir nicht riskieren, dass die Patienten das Vertrauen verlieren oder eine Angst vor dem Krankenhaus entwickeln.“

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