Der Intelligenzquotient ist bei einem Menschen nicht fix, wie bislang angenommen. Bei Jugendlichen kann sich der Intelligenzquotient noch einmal deutlich ändern - in der Pubertät. Das bedeutet, dass der IQ besser oder auch schlechter werden kann. Britische Forscher haben dies herausgefunden. Bisher sei man, wie Forscher im Fachmagazin "Nature" schreiben, davon ausgegangen, dass der IQ im Laufe des Lebens eines Individuums stabil und gleich bleibe, schreiben sie im Fachmagazin "Nature". Doch jetzt habe man sowohl in Bezug auf die sprachliche als auch auf die nicht-sprachliche Intelligenz Veränderungen von bis zu 20 Punkten in beide Richtungen festgestellt. 33 Teenager im Alter von 12 bis 16 Jahren wurden von den Forschern für die Studie getestet. Vier Jahre später wurde diese Jugendlichen - für sie überraschend - ein weiteres Mal zu einem IQ-Test gebeten. Bei beiden Untersuchungsterminen erstellten die Wissenschaftler zudem hochauflösende Aufnahmen der Gehirnstruktur der Jugendlichen mittels Magnetresonanztomografie.
Lässt sich Intelligenz trainieren?
Noch sei nicht klar, warum sich der IQ der Jugendlichen so deutlich veränderte, sagen die Forscher. Auch warum der Wert bei einigen stieg, während er bei anderen stark absank, wisse man nicht. Es sei möglich, dass dies einfach naturgegebene Unterschiede in der Entwicklung widerspiegele. Denkbar wäre nach Ansicht der Forscher aber auch, dass die Bildung eine Rolle für die Veränderung der IQ-Werte spiele. Das würde bedeuten, dass sich die Intelligenz ähnlich wie körperliche Fitness "trainieren" ließe. Inwieweit die jetzt bei den Jugendlichen festgestellte Veränderlichkeit des IQ auch für Erwachsene gelte, müsse nun in weiteren Studien erforscht werden, sagen die Wissenschaftler. "Dieses Maß an Plastizität könnte vielleicht während des gesamten Lebens bestehen bleiben", mutmaßen sie. Genauso denkbar sei aber, dass die Jugendjahre in dieser Hinsicht eine Ausnahme darstellten.
Zusammenhang zwischen Leistungsveränderungen und Änderungen in Gehirnstruktur
Die bei den Teenagern festgestellten Veränderungen im IQ-Ergebnis spiegelten sich auch in deren Gehirnstruktur wider, berichten die Forscher. "Wir haben einen klaren Zusammenhang zwischen diesen Leistungsveränderungen und Änderungen in der Gehirnstruktur gefunden. Daher können wir mit einiger Sicherheit sagen, dass diese Änderungen im IQ real sind", sagt Erstautorin Sue Ramsden vom University College London. Die neuen Erkenntnisse haben nach Ansicht der Wissenschaftler auch große Bedeutung für die Leistungsbewertung und Einstufung von Kindern in ihrer Schulzeit. "Wir haben die Tendenz, den weiteren Bildungsweg von Kindern schon relativ früh im Leben festzulegen", sagt Ramsden. Doch jetzt habe sich gezeigt, dass die Intelligenz dieser Kinder sich noch weiter entwickele. "Wir sollten vorsichtig damit sein, vermeintlich Leistungsschwache schon frühzeitig abzuschreiben, da sich ihr IQ nur wenige Jahre später signifikant verbessert haben kann", warnt die Forscherin.
Im Rahmen der Studie ermittelten die Forscher für jede Versuchsperson den sprachlichen IQ. Das Verfahren umfasst Messungen des sprachlichen Ausdrucks, des Allgemeinwissens und Gedächtnisses und auch des mathematischen Könnens. Zusätzlich absolvierten die Teilnehmer Tests ihres nicht-sprachlichen IQ, bei denen sie beispielsweise fehlende Elemente in einem Bild identifizieren oder ein visuelles Puzzle lösen mussten. "Es zeigte sich, dass Veränderungen im sprachlichen IQ verknüpft waren mit Veränderungen in Dichte und Volumen der grauen Gehirnsubstanz im rechten motorischen Cortex", schreiben die Forscher. Diese Region der Hirnrinde ist für die Artikulation von Sprache zuständig. Verbesserten sich die Jugendlichen im nicht-verbalen IQ, stieg die Dichte der Gehirnsubstanz in einem Gebiet, das Handbewegungen koordiniert. Diese Zusammenhänge seien ein deutlicher Beleg dafür, dass es sich bei den IQ-Veränderungen nicht um Messfehler handeln könne.dapd/AZ