Das Coronavirus hat sich rasant über die ganze Welt ausgebreitet. Von einem Menschen zum anderen, von Wuhan bis nach Deutschland. Dabei hat es unterschiedliche Wege gefunden, immer wieder von einem Körper zum nächsten zu springen. Einer ist die Tröpfchen-Infektion. Wenn ein Erkrankter hustet oder niest, verteilt er kleine Tropfen um sich herum. In einem Radius von 1,5 Metern sinken sie zu Boden. Oder landen auf einem Menschen, wo sie eine Infektion auslösen können. Eine andere Möglichkeit: Das Virus landet auf einer Oberfläche, zum Beispiel einer Türklinke. Dort bleibt es kleben und ein Mensch nimmt es kurze Zeit später auf. Hier spricht man von einer Infektion über Schmierpartikel.
Ein dritte Möglichkeit: Das Virus verbreitet sich über sogenannte "Aerosole". Dieser Weg ist der Tröpfcheninfektion relativ ähnlich. Allerdings handelt es sich hier um besonders kleine Partikel, ein Gemisch aus festen und gasförmigen Bestandteilen. Fast tausendmal kleiner als ein Stecknadelkopf. Sie sinken deshalb nicht sofort zu Boden, sondern schweben längere Zeit durch die Luft. Ihre Rolle in der Pandemie war bisher umstritten. Jetzt rücken sie mehr in den Fokus der Betrachtung. Wie gefährlich Aerosole sind, hängt vor allem vom Umfeld ab, in dem man sich aufhält.
Eine Infektion über Aerosole ist drinnen wahrscheinlicher als draußen
"Nach aktuellem Kenntnisstand bilden Aerosole einen der Hauptübertragungswege von Sars-CoV-2", sagen Forscher der TU Berlin. Sie gehen davon aus, dass ein Mensch etwa 3000 mit dem Virus beladene Aerosole einatmen muss, bis sie eine Infektion auslösen. Je länger man sich in einem Raum mit einer infizierten Person befindet, desto wahrscheinlicher wird eine Erkrankung. Denn die infizierte Person gibt nach und nach Aerosole an die Raumluft ab. Anders als bei der Tröpfchen-Infektion, muss sie dafür nicht husten oder niesen. Sprechen genügt. So steigt die Aerosol-Konzentration mit jeder Sekunde an. Zumindest dann, wenn der Raum schlecht oder gar nicht belüftet ist.
Draußen sind Aerosole weniger gefährlich. Der Wind verteilt sie in der Luft und vermischt sie mit anderen Partikeln. Die Konzentration sinkt. Es ist unwahrscheinlicher, eine kritische Menge an Aerosolen aufzunehmen. Entsprechend hängt die Gefahr in geschlossenen Räumen maßgeblich von der Belüftung und der Größe des Raums ab. Viel Frischluft und ein großer Raum sorgen tendenziell für eine niedrige Konzentration an virusbelasteten Aerosolen.
Aerosole und Raumluft: Eine Lüftungsanlage kann mehr bewirken, als ein offenes Fenster
Es kommt aber auch darauf an, wie viele Menschen sich im Raum aufhalten. Und welcher Aktivität sie nachgehen. Beim Sprechen etwa werden weniger Aerosole in die Luft abgegeben als beim Singen. Auch die Lautstärke spielt eine Rolle. Wer laut spricht, schleudert mehr Viren in die Luft. Wer flüstert, gibt entsprechend weniger Aerosole ab. Laut der TU Berlin sind Chorproben deshalb gefährlicher als Büros. Kinos dagegen sind relativ sicher.
Das hängt nicht nur damit zusammen, dass im Kino wenig gesprochen wird. Die Säle haben in der Regel auch eine eingebaute Lüftungsanlage, die Frischluft von draußen in das Kino leitet. Und umgekehrt die verbrauchte Luft nach draußen abgibt. Die Anlage schafft Zirkulation, vermengt die virusbehafteten Aerosole mit ungefährlichen Partikeln. Die Konzentration sinkt.
Büros haben diesen Standard oft nicht. Hier ist das offene Fenster die Regel. Das kann aber nicht das gleiche bewirken, zumindest nicht in diesem Maß. Frischluft kommt zwar in den Raum. Die Zirkulation fehlt aber meistens. Umgekehrt ist das Problem mit Klimaanlagen, die keine Frischluft von draußen beziehen. Sie wirbeln das Virus zwar durch die Luft, vermengen es aber nicht mit ungefährlichen Partikeln.
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