Mitte Dezember könnte der Anfang vom Ende der Pandemie werden. Laut Europäischer Kommission stünden dann erste Impfstoff-Dosen bereit - sofern es bei der Zulassung keine Probleme gibt. In kurzer Zeit müssten dann möglichst viele Menschen geimpft werden. Logistisch gesehen eine Mammutaufgabe. Vor allem, weil einige Impfstoff-Typen besonders kalt gelagert werden müssen.
Das gilt vor allem für die Dosen der Hersteller Biontech und Pfizer. Die Unternehmen haben ihren gemeinsamen Impfstoff auf Grundlage der neuartigen mRNA-Technik entwickelt. Bisher wurde bei Impfstoffen entweder ein totes oder abgeschwächtes Virus injiziert. Die Folge: Der Körper erkennt das Virus, bildet Antikörper und immunisiert sich.
Anders bei der mRNA-Technik. Injiziert wird ein Biomolekül, das quasi den Bauplan der Covid-Antikörper enthält. Auf Basis dieses Plans entwickelt der Körper Antigene und schützt sich gegen das Virus. Der Vorteil dieser Technologie: Der Impfstoff kann schneller und in größerer Kapazität hergestellt werden, weil nicht erst ein Virus gezüchtet und aufwändig geprüft werden muss.
Der Nachteil: Die mRNA-Teilchen sind sehr wärmeemfindlich. Biontech und Pfizer geben an, dass ihr Impfstoff bei etwa minus 80 Grad gelagert werden muss. Nur für kurze Zeitspannen hält sich das Vakzin bei normaler Kühlschranktemperatur. "Neue Daten bestätigen eine Lagerung bei zwei bis acht Grad über fünf Tage“, sagte Biontech-Chef Uğur Şahin vor kurzem im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Spezielle Kühlschränke und Trockeneis-Boxen sichern die Verteilung des Impfstoffs
Deshalb erfordert die Verteilung des Biontech-Impfstoffs eine spezielle Kühl-Infrastruktur. Die besteht im wesentlichen aus zwei Komponenten. Erstens: Spezialkühlschränke zur längerfristigen Lagerung. Solche stellt beispielsweise die Binder GmbH auf der Schwäbsichen Alb her. Das Unternehmen ist ein sogenannter Hidden Champion. Kaum ein anderes Unternehmen fertigt Kühlschränke, die ihren Inhalt problemlos auf minus 90 Grad Celsius kühlen. Etwa 40.000 Impfstoff-Dosen könnten in jedem dieser Schränke aufbewahrt werden. Die Kühlschränke werden wohl in den 60 Impfzentren zum Einsatz kommen, die momentan deutschlandweit geplant sind. Zehn bis 15 Ultra-Tiefkühlschränke braucht jeder dieser Standorte, schätzt die Firma Binder.
Die zweite Komponente sind spezielle Kühlboxen, in denen der Impfstoff zu den Zentren transportiert werden soll. Voraussichtlich werden die empfindlichen Impfdosen in Behältern mit einer Ummantelung transportiert, in die Trockeneis gegeben wird. "Für Impfstoffe ist es das allererste Mal. Es ist der erste Impfstoff, der so tiefgekühlt geflogen werden muss“, sagte kürzlich Peter Gerber der Deutschen Presse-Agentur. Er ist Chef des Frachtunternehmens Lufthansa Cargo, das wohl einen Großteil des Impfstoffs transportieren wird.
In allen bayerischen Landkreisen ist mindestens ein kommunales Impfzentrum geplant
Von den etwa 60 bundesweiten zentralen Impfstandorten entfallen nach aktueller Planung neun auf Bayern, heißt es vom bayerischen Gesundheitsministerium auf Anfrage unserer Redaktion. Sie sind die wichtigsten Drehkreuze bei der Impfstoff-Verteilung. Die Hersteller liefern die Dosen in Trockeneisboxen an die Zentren, wo sie in den Spezial-Kühlschränken eingelagert werden. Von dort werden sie dann an kommunale Impfstandorte weitertransportiert.
Nach derzeitiger Planung soll in allen 96 Kreisfreien Städten und Landkreisen mindestens ein solches kommunales Impfzentrum entstehen - im besten Fall aber mehr. An diesen Standorten wird sich die Bevölkerung dann impfen lassen können. Die extreme Kühlung entfällt dort. „Der Impfstoff wird an die jeweiligen kommunalen Impfzentren bei +2 bis +8°C weiterverteilt. Infolge der zeitnahen Verimpfung des betreffenden Impfstoffes in den Impfzentren ist dort keine Aufbewahrung in Tiefstkälteschränken erforderlich", heißt es vom Ministerium. Zusätzlich würden mobile Impfteams eingerichtet, die den Impfstoff beispielsweise in Alten- und Pflegeheime transportieren. „Um das Impfangebot möglichst vielen Personen zugänglich machen zu können, ist eine flexible Impfstrategie notwendig."
Inzwischen hat neben Biontech und Pfizer auch die Firma Moderna angekündigt, eine Zulassung für ihren Impfstoff zu beantragen. Der Antrag soll noch am Montag bei der Europäischen Arnzeimittelbehörde EMA eingehen. Auch der Moderna-Impfstoff funktioniert auf Basis der mRNA-Technologie, zeigt sich aber deutlich wärmebeständiger als das Äquivalent von Biontech. Nach Angaben des Unternehmens muss der Impfstoff nur bei minus 20 Grad gelagert werden. Um aber möglichst viele Menschen in kurzer Zeit zu versorgen, braucht es Impfstoffe von möglichst vielen Herstellern. Kein Unternehmen kann die Nachfrage alleine stemmen. Deshalb wird die Infrastruktur aus Tiefstkühlschränken und Trockeneisboxen wohl unerlässlich sein.
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