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Cannabis auf Rezept: Medizinisches Cannabis: Schmerzpatienten sind enttäuscht

Cannabis auf Rezept

Medizinisches Cannabis: Schmerzpatienten sind enttäuscht

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    Wie gut funktioniert das neue Cannabis-Gesetz? Patienten und Experten kritisieren besonders die hohen Kosten von medizinischem Cannabis in Apotheken.
    Wie gut funktioniert das neue Cannabis-Gesetz? Patienten und Experten kritisieren besonders die hohen Kosten von medizinischem Cannabis in Apotheken. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa-tmn

    Patienten mit chronischen Schmerzen sind oft auf Cannabis angewiesen - insofern, als nur die in der Pflanze enthaltenen Stoffe ihren Schmerz noch lindern können. Eigentlich sollte eine Gesetzgebung, die den Einsatz von medizinischem

    Cannabis auf Rezept: So funktioniert das neue Gesetz

    Am 10. März ist das "Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften" in Kraft getreten. Dies ermöglicht Ärzten, ihren schwer kranken Patienten Cannabisarzneimittel zu verschreiben. Die Kosten sollen die gesetzliche Krankenversicherung übernehmen. Wie viele Menschen künftig Cannabis aus der Apotheke bekommen könnten, ist nach Angaben der Bundesärztekammer noch offen.

    In Deutschland ist es bislang rund 1000 Menschen mit einer Sondergenehmigung des zuständigen Bundesinstituts gestattet, Cannabis als Medizin zu nehmen - unabhängig von dem neuen Gesetz. Eingesetzt werden kann Cannabis etwa bei organisch bedingter Spastik, bei Schmerzzuständen, bei Appetitlosigkeit und Abmagerung im Rahmen fortgeschrittener Aids- und Krebserkrankungen oder bei Nebenwirkungen der Chemotherapie, wie der Arzt Franjo Grotenhermen aus dem nordrhein-westfälischen Rüthen sagt.

    In Apotheken ist medizinisches Cannabis teuer

    Allerdings ist Grotenhermen nicht besonders zufrieden mit dem Gesetz zu Cannabis auf Rezept. Denn zu einer Verbesserung habe es für viele Patienten bislang nicht geführt. Cannabis aus der Apotheke sei durch das Gesetz viel zu teuer geworden, etwa 25 Euro pro Gramm. "Das ist für die vielen Patienten von Bedeutung, die keine Kostenerstattung durch die Krankenkassen bekommen", erklärte er.

    So auch im Falle von Frank-Josef Ackerman. Er baut Cannabis zu Hause an – und zwar als einer von ganz wenigen Patienten bundesweit mit Genehmigung der Behörden. Allerdings läuft diese Erlaubnis am 30. Juni ab: „Und sie wird wohl auch nicht verlängert, weil der Staat die laufenden Genehmigungen wieder einkassieren möchte", sagt Ackerman.

    Das sollten Sie über Cannabis wissen

    Ausgangsquelle für Haschisch und Marihuana ist die Hanfpflanze "Cannabis sativa". Besonders stark konzentriert ist der Wirkstoff THC im Harz der Blüte, das als Haschisch konsumiert wird.

    Marihuana ist eine Mischung aus getrockneten Blättern, Blüten und Zweigen.

    "Hasch" wird geraucht, als Tee aufgebrüht oder in Nahrungsmitteln verarbeitet - gerne in Plätzchen.

    Häufiger starker Konsum kann nach Angaben der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen zur psychischen Abhängigkeit führen.

    Cannabis-Produkte werden seit Jahrhunderten zur Behandlung von Schmerzen eingesetzt - manche Patienten dürfen Cannabis inzwischen legal verwenden.

    Cannabis gehört nach dem deutschen Betäubungsmittelgesetz zu den illegalen Suchtmitteln. Besitz, Anbau und der Handel sind verboten.

    Das Betäubungsmittelgesetz sieht Geldstrafen oder bis zu fünf Jahre Haft vor.

    Beim Umgang mit "nicht geringen Mengen" - bei Haschisch und Marihuana 500 Konsumeinheiten liegt die Höchststrafe bei 15 Jahren.

    Für "Gelegenheitskiffer" kennt das Gesetz die Untergrenze der "geringen Menge" zum Eigenverbrauch. Die Staatsanwaltschaft kann dann von einer Strafverfolgung absehen.

    Ackerman ist seit 2008 berufsunfähig und schwerbehindert. Der 47-Jährige aus Rodgau leidet an Polyarthrose, einer heftigen und unheilbaren Gelenkerkrankung. Er ist auf Cannabis angewiesen und raucht aus Gesundheitsgründen sieben bis acht Mal pro Tag.

    Aufwand für Cannabis auf Rezept ist groß und belastet auch die Ärzte

    Bei den hohen Kosten von 25 Euro pro Gramm in den Apotheken könnte das allerdings für den Schmerzpatient teuer werden. Nach Experten-Ansicht ist der Preis auf den Apotheken-Zuschlag nach der Arzneimittelverordnung zurückzuführen. Zudem müssten Patienten zuerst einen Kassenarzt finden, der ihnen überhaupt etwas verschreibt. Dann müsse die erste Verordnung für jeden Patienten von den Kassen genehmigt werden, was oft genug verweigert werde. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin Grotenhermen erklärt dazu: "Aufgrund der Ablehnung der Kostenübernahme der Krankenkassen laufen bereits mehrere Verfahren vor den Sozialgerichten".

    Ärzten droht zudem wegen der hohen Kosten für Cannabis ein Regress wegen Überschreitung ihres Budgets. Insgesamt sei der Verwaltungsaufwand für die Ärzte mit Cannabis-Patienten groß, sagt Grotenhermen. "Da muss die Politik nachbessern", erklärt er.

    Cannabis auf Rezept: Krankenkassen machen zu viele Ausnahmen

    Der Hamburger Fachanwalt Oliver Tolmein sieht das Problem bei den Krankenkassen. "Das Gesetz regelt, dass sie die Cannabis-Verordnung auf Rezept in der Regel genehmigen sollen und nur in begründeten Ausnahmefällen nicht - derzeit ist leider das Gegenteil der Fall: in der Regel wird nicht genehmigt, nur ausnahmsweise doch."

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    Hinzu kommt laut Tolmein: "Das medizinische Cannabis muss bis auf weiteres importiert werden, Apotheken haben leider immer wieder Lieferengpässe. Für die Patienten ein unhaltbarer Zustand. Sie sind auf ihr Medikament angewiesen." Das kann der Rodgauer Schmerzpatient und Cannabis-Anbauer Ackermann nur bestätigen:"Ich kann das nicht beenden. Sonst gehe ich kaputt". AZ, dpa

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