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Arzneiverordnungsreport 2016: Arzneimittelkosten so hoch wie nie - vor allem bei Krebsmedikamenten

Arzneiverordnungsreport 2016

Arzneimittelkosten so hoch wie nie - vor allem bei Krebsmedikamenten

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    Die Ausgaben für Arzneimittel steigen ungeachtet aller Preisbremsen weiter rasant an - zu Lasten der Versicherten.
    Die Ausgaben für Arzneimittel steigen ungeachtet aller Preisbremsen weiter rasant an - zu Lasten der Versicherten. Foto: Daniel Reinhardt (dpa)

    Neuer Rekordwert bei Arzneimittelausgaben: Wie aus dem am Montag in Berlin veröffentlichten Arzneiverordnungsreport hervorgeht, stiegen die Kosten im Vergleich zum Vorjahr um anderthalb Milliarden Euro. Als Preistreiber sehen Experten vor allem patentgeschützte Arzneimittel.

    Arzneiverordnungsreport 2016 zeigt neuen Rekordwert

    Die Ausgaben für patentgeschützte Arzneien beliefen sich 2015 demnach auf insgesamt 14,9 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr waren dies Mehrkosten von 1,3 Milliarden Euro, was einem Anstieg von fast zehn Prozent entsprach.

    Zwar nennen die Herausgeber des jährlichen Reports auch wirksame Kostenbremsen wie zum Beispiel die frühe Nutzenbewertung und die damit einhergehenden Verhandlungen über Erstattungsbeträge bei neuen Arzneien, was 2015 zu Einsparungen von rund 925 Millionen Euro geführt habe. Grundlage ist das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarkts (Amnog) von 2011.

    "Doch diese Summe hätte noch deutlich höher ausfallen können, wenn das Amnog nicht an vielen Stellen aufgeweicht worden wäre, zum Beispiel bei der Bestandsmarktbewertung", kritisierte Ulrich Schwabe, Herausgeber des Arzneiverordnungsreports. Die Regierung hatte die Bewertung von Arzneimitteln, die bereits seit längerem auf dem Markt sind, wieder abgeschafft.

    Schwabe zufolge wird es "noch drei bis vier weitere Jahre" dauern, bis die ursprünglich versprochenen Einsparungen von zwei Milliarden Euro durch das Amnog tatsächlich erreicht wird. Deutschland sei bei Arzneimitteln aber nach wie vor ein "Hochpreisland", kritisierte er. "Die Kosten für diese Politik werden auf die deutschen Patienten abgewälzt."

    So lag der durchschnittliche Apothekenverkaufspreis eines patentierten Arzneimittels dem Report zufolge im Jahr 2015 bei rund 369 Euro. Pro Verordnung lag der Preis damit im Schnitt fast 13 Mal höher als bei generischen Arzneimitteln, die 2015 rund 29 Euro kosteten. Generika sind Nachahmerpräparate von bereits unter einem Markennamen gehandelten Medikamenten mit denselben Wirkstoffen.

    Arzneimittel teurer - vor allem Krebsmedikamente

    Der deutsche Patentmarkt erweise sich auch im europäischen Vergleich als "besonders teuer", erklärte Jürgen Klauber, Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK. Er verwies auf Studien, die das theoretische Einsparpotenzial auf 3,2 Milliarden Euro beziffern.

    Vor allem bei Krebsmedikamenten machen Experten einen stetigen Anstieg der Kosten aus. "Bei der Entwicklung neuer Krebstherapien steht häufig das ökonomische Interesse der pharmazeutischen Unternehmer im Vordergrund", erklärte Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Klinische Studien seien daher eher auf eine rasche Zulassung als auf den Nachweis eines überzeugenden therapeutischen Fortschritts ausgerichtet. Dem müsse die Gesundheitspolitik wirksamer begegnen.

    Auch der Vorstandschef des AOK-Bundesverbands, Martin Litsch, warf der Regierung Handlungsunfähigkeit vor. "Für die Hochpreisentwicklung bei den patentgeschützten Arzneimitteln gibt es derzeit kein adäquates Gegenmittel der Politik", erklärte er. afp/AZ

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