Die Internationale Raumstation ISS ist am Dienstag nur knapp einem Zusammenstoß mit einem im Weltall umherfliegenden Trümmerteil entgangen. Es sei am frühen Nachmittag in 250 Metern Entfernung an der Station vorbeigeflogen, sagte eine Sprecherin der US-Weltraumbehörde NASA und bestätigte damit Berichte aus Russland. Die sechsköpfige Besatzung habe für eine halbe Stunde Schutz in zwei angedockten Sojus-Kapseln suchen müssen.
"Wir haben das Teil nicht rechtzeitig entdeckt, um ein Ausweichmanöver einleiten zu können", sagte die NASA-Sprecherin. Daher habe die Besatzung in den Sojus-Kapseln "Zuflucht suchen müssen". Nach etwa einer halben Stunde hätten die Astronauten jedoch in die Raumstation zurückkehren können, sagte die Sprecherin. Zuletzt habe es im März 2009 einen ähnlichen Vorfall gegeben, als ein Trümmerteil auf die ISS zugeflogen sei.
Die russische Raumfahrtbehörde bestätigte die Darstellung. Auch dort hieß es, das "Objekt unbekannter Herkunft" sei für ein Ausweichen zu spät entdeckt worden. Der Behörde zufolge war die Evakuierung ein normales Vorgehen bei drohender Gefahr. In der Vergangenheit habe es wiederholt ähnliche Vorfälle gegeben. Beim Zusammenstoß mit einem umherfliegenden Teil würde der Station ein Druckabfall in ihrem Innern drohen; es gäbe dann dort keine Überlebenschance.
Vor zweieinhalb Wochen hatte eine russische Sojus-Kapsel mit drei Besatzungsmitgliedern an der ISS angedockt. Der russische Kosmonaut Sergej Wolkow, der US-Astronaut Mike Fossum und der Japaner Satoshi Furukawa verstärkten die bis dahin dreiköpfige Besatzung aus dem russischen Kommandeur Andrei Borisenko, dem NASA-Astronauten Ron Garan und dem russischen Kosmonauten Alexander Samokutjaew. Letztere waren im April auf der Station eingetroffen.
Ob es sich bei dem Trümmerteil um Weltraumschrott handelte, der durch die Raumfahrt verursacht wurde, blieb unklar. Wissenschaftler vermuten, dass mehr als 300.000 solcher Teile mit einem Durchmesser von bis zu zehn Zentimetern im All umherfliegen. Etwa 18.000 davon können der Raumstation bei einem Aufprall demnach gefährlich werden. Den Angaben zufolge liegt dies vor allem daran, dass sie mit Geschwindigkeiten von zehntausenden Stundenkilometern unterwegs sind. afp