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Aids-Diagnose: Der HIV-Test für zu Hause soll Patienten und Ärzten helfen

Aids-Diagnose

Der HIV-Test für zu Hause soll Patienten und Ärzten helfen

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    Ein Mann führt einen HIV-Heimtest durch: Was in Großbritannien und Frankreich schon legal ist, könnte auch in Deutschland bald möglich sein.
    Ein Mann führt einen HIV-Heimtest durch: Was in Großbritannien und Frankreich schon legal ist, könnte auch in Deutschland bald möglich sein. Foto: Britta Pedersen/Illustration (dpa)

    Ein HIV-Test ganz ohne Arzt und in den eigenen vier Wänden könnte in Deutschland schon bald Wirklichkeit sein. Die neuen Schnelltests seien wohl wesentlich genauer und einfacher zu handhaben als frühere Tests, sagte Susanne Wackers, Referentin beim Bundesgesundheitsministerium. Besagte HIV-Tests sind seit kurzem in Europa erhältlich, in

    In Großbritannien und Frankreich sind die HIV-Schnelltests auch für den Hausgebrauch legal. Die Deutsche Aids-Hilfe hofft noch in diesem Jahr auf eine Zulassung für die Abgabe in deutschen Apotheken und ausgewiesenen HIV-Beratungsstellen. "Wir können mit diesem Test Menschen erreichen, die aus Scham oder Angst bisher den Weg zum Arzt oder zu einer Teststelle scheuen", sagte Holger Wicht, Sprecher der Deutschen Aids-Hilfe in Berlin.

    HIV-Test für zu Hause: Aids-Erreger in Deutschland bis 2020 eindämmen

    Die Vereinten Nationen haben sich zum Ziel gesetzt, die Aids-Epidemie bis 2030 zu beenden. Die Aids-Hilfe will dieses Ziel für Deutschland früher erreichen. An diesem Freitag soll eine neue Kampagne gestartet werden, die für möglichst frühe HIV-Tests wirbt. Ziel ist es, dass vom Jahr 2020 an in Deutschland niemand mehr an Aids erkrankt.

    Die Zahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland ist seit rund zehn Jahren weitgehend stabil. Sie nimmt aber nicht ab. Insgesamt 84.700 Menschen leben in Deutschland nach RKI-Schätzungen mit HIV. Seit 20 Jahren ist die Diagnose kein Todesurteil mehr. Medikamente verhindern, dass Aids ausbricht.

    HIV und Aids weltweit: Zahlen und Fakten

    Dank moderner Medikamente (antivirale Therapien) überleben weltweit immer mehr Menschen trotz der Immunschwächekrankheit HIV/AIDS.

    Regionen: HIV/AIDS grassiert weiterhin mit großem Abstand am häufigsten in Afrika südlich der Sahara. Hier leben 23,5 Millionen Menschen mit HIV, darunter auch 3,1 Millionen Kinder. Das sind 90 Prozent aller Kinder, die weltweit infiziert sind. In Süd- und Südostasien haben rund 4,2 Millionen Menschen HIV. Weiter angespannt ist die Lage auch in Osteuropa und Zentralasien mit 1,5 Millionen HIV-Patienten. In der Russischen Föderation stiegen die erfassten Fälle zwischen 2005 und 2010 von rund 39.000 auf 62.500.

    Den größten Fortschritt bei der Versorgung mit Medikamenten gab es in Afrika südlich der Sahara - der Anteil stieg innerhalb eines Jahres von 37 auf 56 Prozent. Weltweit bekommt nun rund die Hälfte aller geeigneten Patienten antivirale Therapien. Der Zugang hängt aber immer von der Region ab: In Osteuropa und Zentralasien erhalten zum Beispiel weniger als ein Viertel der HIV-Patienten Medikamente. Als Folge starben dort 2011 rund 90.000 Menschen an AIDS. 2001 waren es 15.000.

    Geschlecht: HIV/AIDS ist weltweit die Haupttodesursache für Frauen im gebärfähigen Alter. 63 Prozent aller jungen Erwachsenen, die mit HIV leben, sind Frauen vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern. Ein Hauptgrund für die Infektion ist Unwissenheit. Nur ein Viertel der jungen Frauen und rund ein Drittel der jungen Männer in diesen Ländern konnten Fragen zur HIV-Prävention und -Übertragung korrekt beantworten.

    Alter: Das größte Risiko für HIV-Infektionen ist die Jugend. Jeden Tag stecken sich weltweit rund 2400 junge Erwachsene zwischen 15 und 24 Jahren mit HIV an - 2011 waren es insgesamt rund 890.000. 4,9 Millionen junge Leute leben mit der Krankheit, davon 75 Prozent in Afrika südlich der Sahara.

    Nach den jüngsten Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) für 2015 wurde bei rund 3900 Menschen in Deutschland erstmals HIV diagnostiziert. Bei rund 1200 von ihnen liegt die Ansteckung allerdings viele Jahre zurück - dementsprechend fortgeschritten ist die Erkrankung des Immunsystems. Nach RKI-Schätzungen leben insgesamt 12.600 Menschen unwissentlich mit dem HI-Virus. Die Mehrzahl von ihnen sind schwule Männer. Das HI-Virus trifft aber nach wie vor auch bi- und heterosexuelle Männer und Frauen.

    "Oft ohne es zu wissen können sie HIV an Sex-Partner weitergeben", sagt Wicht. "Sie bringen sich aber vor allem selbst um gute Behandlungschancen." Denn eine HIV-Infektion lässt sich heute wie eine chronische Krankheit behandeln. Die durch HIV verursachte Immunschwäche Aids aber kann immer noch tödlich enden.

    HIV ist wohl bei Ärzten, als auch bei Patienten ein unbeliebtes Thema. Viele gehen trotz Verdacht auf eine HIV-Infektion nicht zum Arzt und auch Ärzte haben die Krankheit oft nicht auf dem Schirm, so Wicht. Um auf HIV zu testen brauchen Ärzte eine rechtliche Erlaubnis vom Patienten, die viele nicht einfordern. "Viele scheuen die Frage nach HIV, weil sie ihren Patienten nichts unterstellen wollen."

    Kampf gegen Aids - Von der ersten Infektion zur effektiven Therapie

    1900: Vermutlich um die Jahrhundertwende geht ein HIV-Urtyp (SI-Virus) in Afrika vom Affen auf den Menschen über.

    1959: Ärzte entnehmen einem Mann im Kongo eine Blutprobe. Jahrzehnte später wird festgestellt, dass sich darin HIV-Antikörper befinden.

    1981: Die US-Gesundheitsbehörden melden, dass immer mehr Homosexuelle unter bis dahin seltenen Infektionen und Hauttumoren leiden. 

    1982: Krankheitsfälle treten auch bei Drogenabhängigen und Blutern auf. Die Krankheit bekommt den Namen Aids (Acquired Immune Deficiency Syndrome, Erworbenes Immunschwäche-Syndrom). In Deutschland wird die erste Aids-Diagnose gestellt.

    1983: Luc Montagnier und seinen Kollegen vom Pasteur-Institut in Paris gelingt es, das Aids-Virus zu isolieren. Der New Yorker Arzt Joseph Sonnabend benutzt erstmals den Begriff "Safer Sex". Auch in Deutschland wird verstärkt über das Thema Aids berichtet.

    1984: Robert Gallo entwickelt ein Zellkultursystem und schafft damit die Voraussetzung für die Entwicklung erster Aids-Tests.

    1985: Die erste internationale Aids-Konferenz tagt. 27 Millionen deutsche Haushalte bekommen Informationsbroschüren zugeschickt.

    1986: Experten bezeichnen den Erreger einheitlich als HIV (Human Immunodeficiency Virus, Humanes Immunschwächevirus).

    1987: Das erste Aids-Medikament AZT wird in den USA und wenig später auch in Deutschland zugelassen. Es kann die Virus-Vermehrung etwas bremsen.

    1991: Die rote Schleife (Red Ribbon) wird zum internationalen Aids-Symbol. Queen-Sänger Freddie Mercury stirbt an HIV.

    1996: Für Aufsehen sorgt die Entdeckung, dass einige Menschen eine genetisch bedingte, wenn auch nicht vollständige HIV-Resistenz haben.

    1999: Schweizer Ärzte haben außergewöhnlichen Erfolg mit einer Hochdosis-Kombinationstherapie aus mehreren Medikamenten (HAART), in der Folge wird diese Strategie zur Standardbehandlung.

    2002: Der Globale Fonds gegen Aids, Tuberkulose und Malaria wird zur Finanzierung nationaler Maßnahmen gegen diese Krankheiten gegründet.

    2003: Mit dem Fusionshemmer Enfuvirtid (Handelsname Fuzeon) kommt in den USA und der EU eine vierte Klasse von Aids-Medikamenten auf den Markt, nach den sogenannten Nukleosiden, Protease-Hemmern und Transkriptase-Hemmern.

    2008: Luc Montagnier wird gemeinsam mit Françoise Barré-Sinoussi für die Entdeckung von HIV der Medizin-Nobelpreis verliehen.

    2010: Barack Obama hebt das in den USA seit 1987 geltende Einreiseverbot für HIV-Positive auf.

    2014: Bei dem zunächst als "funktionell geheilt" geltenden "Mississippi-Baby" entdecken Ärzte erneut das HI-Virus. Das Mädchen war kurz nach der Geburt mit drei Medikamenten behandelt worden, nach einem halben Jahr entzog es die Mutter einer weiteren Therapie. Monate später war das Kind dennoch virenfrei gewesen. Dies bezeichneten Mediziner als Sensation - bis der Erreger doch wieder auftauchte.

    2016: Die Vereinten Nationen sprechen von einem Wendepunkt der Aids-Epidemie in Afrika. Zum ersten Mal würden auf dem Kontinent mehr Betroffene behandelt als sich neu infizieren.

    Aids: HIV-Schnelltest soll mehr Infektionen aufdecken

    Diese Lücke soll der Selbsttest schließen. Die Aids-Hilfe stand ihm anfangs skeptisch gegenüber, weil die ersten Modelle für Laien schwer anzuwenden waren - und die Ergebnisse wenig zuverlässig. Inzwischen funktionieren die Tests, die bereits seit 2015 in Großbritannien und seit 2016 in Frankreich in Apotheken für rund 25 Euro verkauft werden, wie ein Blutzucker-Check bei Diabetikern. Nach einem kleinen Pieks in den Finger wird der Blutstropfen auf ein Stäbchen aufgetragen. Nach kurzer Zeit zeigt sich das Ergebnis in Linienform. Bei zwei Linien liegt eine HIV-Infektion vor.

    "In Frankreich sind 2016 bereits rund 145 000 Stück verkauft worden", berichtet Test-Experte Michael Tappe von der Aids-Hilfe. Studien aus Australien, wo es den Selbsttest schon mehrere Jahre zu kaufen gebe, zeigten Erfolge. "Den haben viele Menschen gekauft, die sonst nicht zum Arzt gegangen wären", ergänzt Tappe. Auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) beobachte die Entwicklungen in Großbritannien und Frankreich mit Interesse, sagte Sprecherin Marita Völker-Albert. Die Behörde sei in die Neubewertung des Tests beim Bundesgesundheitsministerium mit eingebunden.

    Anfangs habe es bei der Aids-Hilfe Bedenken gegeben, ob Menschen bei einem Test zu Hause mit einer HIV-Diagnose klarkämen, sagt Tappe. "Es gab bisher aus anderen Ländern aber keine Berichte über dramatische Reaktionen wie Suizidversuche." Als Hilfsangebot hält er es für sinnvoll, seriöse Beratungsnummern direkt mit auf die Testpackungen zu drucken. "Wir überlegen auch, ob wir die Tests in unseren Beratungsstellen anbieten - wenn sie zugelassen werden." dpa

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