Es gibt kaum ein Thema, um das er sich nicht gekümmert hat: Der Philosoph und Naturwissenschaftler Rudolf Steiner entwickelte ein neues Landwirtschaft-Modell und die anthroposophische Medizin, beschäftigte sich mit Architektur und schrieb philosophische Abhandlungen. Sein wohl bekanntestes Erbe an die Nachwelt ist die Waldorf-Pädagogik, die er in den Jahren vor seinem Tod entwickelte. Am 27. Februar vor 155 Jahren wurde Rudolf Steiner in Kraljevec im heutigen Kroatien geboren.
Wer das Studium Rudolf Steiners betrachtet, dem wird klar, wie vielseitig er interessiert war: Zunächst studierte Steiner in Wien Naturwissenschaften: Mathematik, Physik und Chemie. Doch er belegte im Nebenfach auch Literatur, Geschichte und Philosophie.
Fasziniert war Steiner auch von Johann Wolfgang von Goethe, in Weimar wurde er Goetheforscher und brachte die naturwissenschaftlichen Schriften des Dichters kommentiert heraus. Außerdem schrieb er über Philosophie, reiste viel herum, arbeitete als Lehrer und als Publizist.
Rudolf Steiner hatte viele Interessen
1902 trat Rudolf Steiner dann der "Theosophischen Gesellschaft" bei, einer internationalen esoterischen Bewegung, und spaltete davon 1913 seine "Anthroposophische Gesellschaft" ab. Als Anthroposophie beschreibt Steiner die wissenschaftliche Erforschung der geistigen Welt, die über die Naturerkenntnis des Menschen hinausgeht. Durch die Anthroposophie soll der Mensch ein bewusstes Verhältnis zur übersinnlichen Welt aufbauen können und damit seine Wahrnehmungs- und Erfahrungsmöglichkeiten erweitern.
"Anthroposophie wird durch Rudolf Steiners Leistungen zum Kulturimpuls, der mit dem mündigen und entwicklungsfähigen Individuum rechnet und weitreichende Perspektiven eröffnet", schreibt Bodo von Plato, Vorstand der heutigen Allgemeinen Anthoposophischen Gesellschaft.
Auf dieser Weltanschauung von Rudolf Steiner beruht auch sein bekanntestes Kind: die Waldorf-Pädagogik. Viele verbinden damit gemeinsames Basteln, Malen und Musizieren und keine Noten für die Schüler. Doch was steckt dahinter?
"Waldorfpädagogik will die kreativen Kräfte der Schüler von Grund auf entfalten", heißt es auf der Internetseite des Bundes der Freien Waldorfschulen. Dabei stehe das Lernen im gegenseitigen Miteinander bei den Waldorfschulen im Mittelpunkt und das Erlernen sozialer Kompetenzen in einer möglichst stabilen Klassengemeinschaft ist wichtig. Unterrichtsinhalte und Unterrichtsformen sollen auf die Prozesse kindlichen Lernens abgestimmt werden.
Die Waldorf-Pädagogik hat zum Ziel, auch Kreativität der Kinder zu fördern
Deswegen begleitet ein Klassenlehrer an einer Waldorfschule anders als an einer staatlichen Schule seine Kinder mehrere Jahre lang - und unterrichtet ein großes Spektrum an Fächern. Da Klassengemeinschaft und soziales Miteinander an den Waldorfschulen so wichtig ist, bleibt kein Schüler sitzen, unabhängig von sozialer Herkunft und Begabung erhalten die Kinder eine gemeinsame Bildung. Auch Noten gibt es an den Waldorfschulen bist zur Oberstufe nicht, stattdessen bekommen die Schüler individuelle Beurteilungen, die neben dem Wissensstand auch die Persönlichkeitsentwicklung berücksichtigen.
Und um diese Gesamtentwicklung zu unterstützen, werden auch kreative und praktische Fähigkeiten der Kinder durch Handarbeit, Musik und Theater gefördert - hierbei soll es um die Entfaltung ihres schöpferischen Potentials gehen. An den Waldorfschulen gibt es sogar ein eigenes Fach Eurythmie: Mit Bewegungen drücken die Kinder ihre die Gefühle und Empfindungen aus - das soll ausgleichend und harmonisierend wirken.
Obwohl Kritiker Steiners Anthroposophie als nicht wissenschaftlich abtun, hat sein Konzept der Waldorfpädagogik nach wie vor Erfolg: Die erste Waldorfschule hat er 1919 mit dem Besitzer der Waldorf Astoria Zigarettenfabrik in Stuttgart gegründet, mittlerweile gibt es weltweit über 1000 Waldorfschulen. Am 30. März 1925, nur wenige Jahre nach der Eröffnung der ersten Waldorfschule,starb Rudolf Steiner im schweizerischen Dornach. piar
Ist anthroposophische Medizin unwissenschaftlich?