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Zypern: Rettungspaket ist das Ende der Finanzoase

Zypern

Rettungspaket ist das Ende der Finanzoase

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    Wen diese Maßnahmen treffen, ist klar: ausländische Anleger. Zyperns Bewohner sind nicht reich.
    Wen diese Maßnahmen treffen, ist klar: ausländische Anleger. Zyperns Bewohner sind nicht reich. Foto: Florian Schuh (dpa)

    Das Zypern-Hilfspaket

    Die wichtigsten Punkte des Zypern-Pakets:

    Die internationalen Geldgeber haben sich mit Zypern auf ein Hilfsprogramm im Umfang von zehn Milliarden Euro geeinigt.

    Anlegerschutz: Im Gegensatz zur ursprünglichen Fassung der Abmachung von Mitte März werden Konten mit Guthaben von weniger als 100 000 Euro nicht angerührt.

    Die geplante generelle Zwangsabgabe auf Konten entfällt.

    Endgültige Abmachung: Sie soll im April stehen. Zuvor müssen nationale Parlamente wie in Deutschland noch zustimmen.

    Die ersten Auszahlungen aus dem europäischen Rettungsschirm ESM soll es dann im Mai geben.

    Umfang: Die Finanzhilfen der Geldgeber umfassen bis zu zehn Milliarden Euro.

    Der Internationale Währungsfonds will sich beteiligen, eine Summe steht noch nicht fest. Im Gespräch ist rund eine Milliarde Euro.

    Zyprische Banken: Zypern sichert zu, sein aufgeblähtes Bankensystem zu sanieren und deutlich zu verkleinern.

    Die zweitgrößte Bank Laiki wird abgewickelt. Der Branchenprimus Bank of Cyprus wird zurechtgestutzt und übernimmt den überlebensfähigen Teil von Laiki.

    Großanleger, Gläubiger und Anteilseigner müssen sich auf erhebliche Verluste einstellen.

    Bei der Bank of Cyprus werden zunächst alle Anlagen von über 100 000 Euro eingefroren.

    Die Hilfsgelder werden nicht für Finanzspritzen zugunsten der Bank of Cyprus oder Laiki eingesetzt.

    „Wir haben keine Schlacht gewonnen, wir haben nur den Austritt aus der Euro-Zone verhindert.“ Als Michalis Sarris, der Finanzminister der 1,1 Millionen Einwohner der Mittelmeerinsel, am frühen Montagmorgen von der gerade geschafften Rettung seiner Heimat berichtet, gibt es weder Pathos noch Euphorie. Der Mann weiß, dass Zypern sich völlig verändern wird. Am Ende haben die Retter ihr Ziel erreicht: Das Geschäftsmodell einer kleinen Finanzoase mitten in der Währungsunion ist zusammengebrochen. Obwohl die Regierung bereits den Abfluss ausländischer Gelder strikt kontrollieren lässt, stiegen die Transfers ins Ausland von 100 bis 200 Millionen je Tag vor der Krise auf zuletzt 400 Millionen. Ab dem heutigen Dienstag soll auch dieses Loch gestopft werden.

    Guthaben unter 100 000 Euro werden nun doch nicht angetastet.

    „Wir haben eine bessere Einigung als vergangene Woche. Sie konzentriert sich darauf, wo die Probleme liegen – nämlich bei den Banken“, sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Die wichtigste Nachricht für die Zyprer: Guthaben unter 100 000 Euro werden nun doch nicht angetastet. Auf Bankguthaben jenseits der 100 000 Euro ist jedoch ein Abschlag vorgesehen.

    Das ist Zypern

    Zypern (Κύπρος) ist mit einer Fläche von ca. 9251 Quadratkilometern nach Sizilien und Sardinien die drittgrößte Insel im Mittelmeer. Geographisch zählt sie zu Asien, kulturell zu Europa.

    Seit der Teilung der Insel 1974 lebt der Großteil der griechischen Zyprioten im Süden der Insel, während der Nordteil unter der Kontrolle der "Türkischen Republik Nordzypern" steht. Dazwischen liegt die "Grüne Linie", eine Pufferzone, welche die Hauptstadt Nikosia teilt.

    Interessant: Nikosia ist Hauptstadt sowohl der Republik Zypern als auch der Türkischen Republik Nordzypern. Insgesamt hat Nikosia etwa 195 000 Einwohner.

    Weitere größere Städte sind Paphos (etwa 36.300 Einwohner), Limassol (148.700) und Larnaka (66.400) an der Südküste sowie Famagusta (27.700) an der Ostküste und Kyrenia (12.500) an der Nordküste.

    Bei der letzten Zählung (zwischen 2005 und 2006) lebten in Zypern 1.038.461 Menschen.

    72 Prozent der Gesamtbevölkerung sind griechische Zyprioten (778.000 Menschen). Die Zahl der türkischen Zyprer liegt bei etwa 220.000 (Stand 2006).

    Von 1878 bis 1960 war Zypern eine britische Kolonie. Heutzutage stehen noch die britischen Militärbasen Akrotiri und Dekelia auf Zypern. Sie gehören als Exklaven völkerrechtlich zu Großbritannien.

    Die Republik Zypern ist seit dem 1. Mai 2004 Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU). Theoretisch gilt das auch für den von der Türkei besetzten Teil.

    Der Großteil der Bewohner, etwa 77 Prozent, sind orthodoxe Christen. Muslime stellen insgesamt 21 % der Bevölkerung und setzen sich zum überwiegenden Teil aus der türkischsprachigen Bevölkerung zusammen. Diese sind zu 99 % sunnitisch-muslimischen Glaubens.

    Wen diese Maßnahmen treffen, ist klar: ausländische Anleger. Zyperns Bewohner sind nicht reich. Mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von 21 000 Euro kann man keine Reichtümer oder Sparguthaben über 100 000 Euro anhäufen. Die stammen von wohlhabenden Investoren aus Russland, aus der Ukraine, auch aus Deutschland.

    Drohung mit Rücktritt

    Trotzdem kämpfte Präsident Nikos Anastasiades in der Nacht erst mit der EU-Spitze, dann mit den Finanzministern. Mehrfach hätten Kommissionspräsident José Manuel Barroso, Ratspräsident Herman Van Rompuy, Eurogruppenchef Dijsselbloem und die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, den Mann aus Nikosia in die Enge getrieben, sodass er an Abreise dachte. „Was wollt ihr denn eigentlich?“, wird ein Ausraster von Anastasiades überliefert. „Ich mache euch einen Vorschlag. Den lehnt ihr ab. Dann schicke ich euch einen anderen: das Gleiche. Was wollt ihr denn? Wollt ihr mich zum Rücktritt zwingen? Wenn es das ist, was ihr wollt, dann sagt es.“

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