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Wirtschaftskrise in Deutschland: Drittes Jahr ohne Wachstum?

Wirtschaftskrise

Deutschland steht vor dem dritten Jahr ohne Wachstum

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    Teilnehmer der Kundgebung des „Wirtschaftswarntages“ von Verbänden und Unternehmern in Berlin halten Schilder mit der Aufschrift „SOS“ in die Höhe.
    Teilnehmer der Kundgebung des „Wirtschaftswarntages“ von Verbänden und Unternehmern in Berlin halten Schilder mit der Aufschrift „SOS“ in die Höhe. Foto: Hannes Albert, dpa

    Ob geplant oder nicht: Das Timing ist gelungen. Während Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch in Berlin seinen mit wenig erfreulichen, ja in Teilen mit alarmierenden Zahlen gespickten Jahreswirtschaftsbericht vorstellte, ging ein Bündnis aus rund 140 Wirtschaftsverbänden und Unternehmen auf die Straße, um auf die nicht nur aus ihrer Sicht desaströse Situation in vielen Branchen hinzuweisen. Harsch fiel die Kritik bei Kundgebungen und Aktionen des „Wirtschaftswarntages“ in Berlin, München und Stuttgart an der Politik der Bundesregierung aus, die nach dem Scheitern der Ampel-Koalition nicht mehr über eine eigene Mehrheit verfügt.

    Mitten in der heißen Phase des Wahlkampfes hatte der Protest, der an Veranstaltungen der Gewerkschaften erinnerte, natürlich eine ganz besondere politische Dimension. Die Zahlen, die Habeck präsentierte, belegen eine ökonomische Schieflage, die weit über die Tagespolitik hinausgeht und auch eine neue Regierung nach der Bundestagswahl am 23. Februar lange und intensiv beschäftigen wird. So senkte die Bundesregierung ihre Konjunkturprognose für 2025 deutlich. Erwartet wird nur noch ein Mini-Wachstum von 0,3 Prozent.

    Die Herbstprognose der Bundesregierung für 2025 war offensichtlich zu optimistisch

    Damit erweist sich die Herbstprognose der Regierung, in der von einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von 1,1 Prozent die Rede war, als zu optimistisch. Der Bundesverband der Deutschen Industrie ist noch pessimistischer als die Bundesregierung und rechnet auch in diesem Jahr mit einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung von 0,1 Prozent. BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner sagte, für den Fall von Zöllen in den USA auf EU-Importe könnte die deutsche Wirtschaft sogar um fast 0,5 Prozent schrumpfen. Käme es so, würde die Bundesrepublik erstmals in der Geschichte des Landes ein drittes Jahr in Folge ohne Wachstum erleben. Weitgehend verpufft sind die erhofften Effekte einer noch von der Ampel-Koalition in ihrer Endphase ausgerufenen „Wachstumsinitiative“. Eckpunkte, wie zum Beispiel Maßnahmen zur Senkung der Strompreise, Anreize für längeres Arbeiten oder der Abbau der Bürokratie blieben letztlich zunächst wegen der Streitigkeiten der Ampel-Partner und dann endgültig nach dem krachenden Aus für die Koalition im November auf der Strecke.

    Vor diesem Hintergrund könnten Zweifel berechtigt sein, ob die Prognose der Regierung, die für 2026 ein Wachstum von immerhin 1,1 Prozent taxiert, eintreffen wird. Schließlich wurde auch diese Zahl bereits nach unten korrigiert - im Herbst wurde noch ein Plus von 1,6 Prozent für das kommende Jahr erechnet. Etwas besser sieht es bei den Verbraucherpreisen aus. Die Bundesregierung erwartet eine „moderate“ Entwicklung. Zu Jahresbeginn 2025 hätte etwa der höhere Preis des Deutschlandtickets im Nahverkehr sowie eine höhere CO2-Bepreisung beim Tanken und Heizen mit fossilen Energien für eine höhere Inflationsrate im Vorjahresvergleich gesorgt. Im Jahresdurchschnitt erwartet die Bundesregierung eine Inflationsrate von 2,2 Prozent. Dies bewege sich im Bereich der Zwei-Prozent-Zielmarke der Europäischen Zentralbank.

    Die Konjunkturschwäche schlägt auf den Arbeitsmarkt durch

    Besorgniserregend ist hingegen, dass die Konjunkturschwäche nun auch auf den Arbeitsmarkt durchschlägt. Die Zahl der Firmenpleiten ist im vergangenen Jahr gestiegen. Die Bundesregierung erwartet, dass die Zahl der arbeitslosen Menschen im Jahresdurchschnitt voraussichtlich um 120.000 ansteigt. Im Jahresdurchschnitt 2024 lag die Arbeitslosenzahl bei rund 2,79 Millionen.

    „Die deutsche Wirtschaft befindet sich seit inzwischen zwei Jahren in einer Stagnation, was konjunkturelle, vor allem aber strukturelle Ursachen hat“, heißt es unverblümt im Jahreswirtschaftsbericht. Auf dem „Wirtschaftswarntag“ klang dies noch weit drastischer. „Es brennt inzwischen lichterloh“, sagte die Präsidentin des Verbands Die Familienunternehmer, Marie-Christine Ostermann, bei einer der Kundgebungen des Aktionstages Demonstrationen in Berlin, zu der einige Hundert Teilnehmer gekommen waren. „Eine Regierung, die ihren Bürgern eine echte und gute Perspektive auf sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze bieten will, muss Weichen stellen, um die großen Strukturprobleme zu lösen“, sagte Ostermann.

    Verbände fordern Wettbewerbsfähigkeit als Mittelpunkt des Wahlkampfes

    Mit Verweis auf die schwache Konjunktur fordern die Verbände, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands in den Mittelpunkt des Wahlkampfs vor der Bundestagswahl am 23. Februar zu stellen. Zentrale Forderungen sind eine geringere Steuerbelastung, weniger bürokratische Vorgaben, gedeckelte Sozialabgaben, geringere Energiekosten und mehr Flexibilität im Arbeitsrecht. Initiiert hatte die Demonstrationen das Lobbybündnis Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. (mit dpa)

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