Das Leben in Deutschland hat sich im November nochmals stärker verteuert. Mit 2,2 Prozent überschritt die jährliche Inflationsrate erstmals seit Juli wieder die Zwei-Prozent-Marke. Das hat das Statistische Bundesamt anhand vorläufiger Daten errechnet. Preistreiber bleiben Lebensmittel und Dienstleistungen. Von Oktober auf November sanken die Verbraucherpreise unterdessen um 0,2 Prozent.
Der Aufwärtstrend bei der jährlichen Teuerungsrate wird nach Einschätzung von Volkswirten in den nächsten Monaten anhalten. Die gute Nachricht für Verbraucherinnen und Verbraucher: Die Inflation dürfte dennoch auf vergleichsweise moderatem Niveau bleiben.
Der erneute Anstieg der Inflationsrate auf 2,2 Prozent dürfe nicht als Wiederaufflammen des Inflationsdrucks missverstanden werden, sagt Ökonom Sebastian Becker von Deutsche Bank Research. Zudem dämpfe die schwache Konjunktur die Teuerung. Ulrike Kastens, Volkswirtin beim Deutsche-Bank-Fondsanbieter DWS, erwartet eine ähnliche Rate im Dezember.
Aufwärtstrend - aber keine Teuerungswelle
Mit einer Teuerungswelle wie im Jahr 2022 rechnet derzeit kein Experte. Seinerzeit hatte sich Energie wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine sprunghaft verteuert, in der Folge war die Inflationsrate hierzulande bis auf fast neun Prozent geklettert.
Von solchen Werten ist die Teuerung in Deutschland aktuell weit entfernt, auch wenn sich der Trend umgekehrt hat: Im September hatte die jährliche Inflationsrate in Europas größter Volkswirtschaft mit 1,6 Prozent den tiefsten Stand seit Februar 2021 erreicht. Einen Monat später trieben überdurchschnittliche Preissteigerungen bei Dienstleistungen und Nahrungsmitteln die Rate auf 2,0 Prozent. Hohe Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbrauchern, weil sie sich dann für einen Euro weniger leisten können.
Preistreiber Lebensmittel und Dienstleistungen
Inflationstreiber waren auch im November die Preise für Lebensmittel und Dienstleistungen. Für Nahrungsmittel mussten Verbraucher 1,8 Prozent mehr zahlen als ein Jahr zuvor. Damit schwächte sich hier der Preisauftrieb etwas ab. Überdurchschnittlich teurer wurde eine für alle Plätzchenbäckerinnen und -bäcker in der Adventszeit wichtige Zutat: Butter kostete teilweise über 40 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie statistische Landesämter berichteten. Dienstleistungen wie Gaststättenbesuche, Pauschalreisen oder Autoreparatur verteuerten sich im November wie schon im Vormonat um 4,0 Prozent.
Energie billiger
Günstiger als ein Jahr zuvor waren Tanken und Heizen: Insgesamt verbilligte sich Energie gegenüber November 2023 um 3,7 Prozent. Im Oktober lagen die Preise für diese Produkte allerdings sogar um 5,5 Prozent unter dem Niveau des Vorjahresmonats, im September waren es 7,6 Prozent. Somit dämpfte die Preisentwicklung bei Energie die Inflationsrate weniger stark als in den Monaten zuvor.
Ohne die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel errechneten die Statistiker für November eine Inflationsrate von 3,0 Prozent. Diese Kerninflation bildet die grundlegende Teuerung ab und stellt den Inflationstrend nach Meinung vieler Ökonomen besser dar als die Gesamtrate.
Vorübergehend höhere Inflationsraten
Nach Einschätzung der Bundesbank müssen sich die Menschen in Deutschland bis ins neue Jahr hinein vorübergehend auf etwas höhere Inflationsraten einstellen. 2023 waren zum Jahresende sowohl die Energiepreise als auch die Preise für Reisen deutlich gesunken - diese dämpfenden Basiseffekte entfallen nun.
«Zu Beginn des neuen Jahres wirken zudem Sondereffekte preiserhöhend», erläutert die Bundesbank in ihrem aktuellen Monatsbericht. Dazu zählten die Preisanhebung beim Deutschlandticket und wohl auch kräftige Anhebungen der Tarife für private Krankenversicherungen. Zudem werde das deutliche Lohnwachstum aus dem laufenden Jahr die Teuerung bei Dienstleistungen hoch halten. Ökonom Becker von Deutsche Bank Research glaubt, dass sich die Inflationsrate 2025 bei rund 2,2 Prozent einpendelt.
Wie reagiert die EZB?
Obwohl die Inflationsraten auch im Euroraum zuletzt wieder etwas angezogen haben, dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) nach Überzeugung vieler Volkswirte Mitte Dezember die Leitzinsen im Euroraum weiter senken - und auch in den Monaten danach. Denn in der Eurozone ist ebenfalls die große Inflationswelle vorüber. Die EZB erwartet, dass sie ihr Inflationsziel von mittelfristig zwei Prozent im Euroraum 2025 nachhaltig erreicht. Zudem macht die schwache Konjunktur im Euroraum den Währungshütern Sorgen.
Zuletzt warnten EZB-Direktorin Isabel Schnabel und Bundesbank-Präsident Joachim Nagel vor zu schnellen Zinssenkungen. Die Zollpläne des designierten US-Präsidenten Donald Trump könnten sich auch hierzulande in höherer Inflation niederschlagen, meint Nagel. ING-Ökonom Carsten Brzeski meint, der jüngste Anstieg der Inflationsrate in Deutschland sei eine gute Nachricht für die Befürworter einer strengen Geldpolitik.
Niedrigere Zinsen helfen der Konjunktur. Firmen und Privatleute kommen tendenziell günstiger an frisches Geld, um zu investieren und zu konsumieren. Hauptziel der EZB sind stabile Preise und somit eine stabile Währung im Euroraum.
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