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Wirtschaft in Deutschland: Es könnte bald wieder bergauf gehen

Konjunktur

Mit der deutschen Wirtschaft könnte es bald wieder bergauf gehen

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    Industrie, Bau und Handel – die Zeichen stehen auf Aufschwung.
    Industrie, Bau und Handel – die Zeichen stehen auf Aufschwung. Foto: Christian Charisius, dpa

    So wie die Corona-Infizierten bundesweit spürbar weniger werden, so steigt die Zuversicht in der Wirtschaft, dass die Konjunktur weiter anzieht und gute Geschäfte möglich werden. Die Stimmung in den Chefetagen hat sich jedenfalls spürbar verbessert, wie das Münchener Ifo-Institut am Dienstag bekannt gab. Der ifo-Geschäftsklimaindex sei im Mai auf 99,2 Punkte und damit auf den höchsten Wert seit Mai 2019 gestiegen. Die Unternehmen waren nach Angaben von Ifo-Präsident Clemens Fuest nicht nur zufriedener mit ihrer aktuellen Geschäftslage, sie blicken zudem auch „deutlich optimistischer“ auf die kommenden Monate. Auch Gastgewerbe und Tourismus sähen wieder eine Perspektive. Man könnte sagen: Der Laden läuft allmählich wieder.

    Wie es ist, wenn der Laden nicht so läuft, zeigt der Blick zurück, zeigen die ebenfalls am Dienstag veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis). Denn das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im ersten Quartal 2021 gegenüber dem vierten Quartal 2020 um 1,8 Prozent gesunken. Nachdem sich die deutsche Wirtschaft in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres zunächst etwas erholt hatte – plus 8,7 Prozent im dritten Quartal und plus 0,5 Prozent im vierten – führte die Corona-Krise 2021 zu einem erneuten Rückgang der Wirtschaftsleistung.

    Destatis: Privater Konsum um 5,4 Prozent niedriger als im Vorquartal

    Den weiteren Destatis-Angaben zufolge haben sich die Anti-Corona-Maßnahmen zum Jahresbeginn bei den privaten Konsumausgaben „besonders deutlich“ bemerkbar gemacht: Diese waren in den ersten drei Monaten des Jahres 5,4 Prozent niedriger als in den drei Monaten davor. Der Handel mit dem Ausland nahm zum Jahresbeginn hingegen zu. Die Importe von Waren und Dienstleistungen stiegen mit 3,8 Prozent aber deutlich stärker als die Exporte (plus 1,8 Prozent).

    Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, ordnet auf Anfrage unserer Redaktion die Konjunkturaussichten perspektivisch so ein: „Ein nachhaltiges Abebben der Pandemie ist die wichtigste Voraussetzung, damit die deutsche Wirtschaft wieder auf die Beine kommt.“ Das kommende halbe Jahr dürfte wegen der aufgestauten Ersparnisse und Nachholeffekte bei Konsum und Investitionen sogar ganz gut laufen.

    DIW-Präsident Marcel Fratzscher sieht Risiko einer Pleitewelle

    Das größere Risiko ist laut Fratzscher, dass die deutsche Wirtschaft 2022 einen Rückschlag erleidet, „wenn die Aufholeffekte vorüber sind und viele Unternehmen ihre hohen Schulden nicht bedienen können und keine ausreichende Zukunftsperspektive haben“. Der Ökonom warnt hier wie auch in den vergangenen Monaten immer wieder: „Eine Welle von Unternehmensinsolvenzen könnte dann die Folge sein, das ist ein großes Risiko.“

    Und was ist mit der Inflation? Nicht nur das aktuelle Ifo-Geschäftsklima ergab, dass die Unternehmen Preissteigerungen erwarten und sich – etwa im Baugewerbe – die Materialknappheit „nochmals verschärft“ habe. Auch die Bundesbank hatte in ihrem jüngsten Monatsbericht analysiert, dass zum Ende dieses Jahres die Inflationsrate „vorübergehend“ vier Prozent erreichen könnte. Bereits Mitte Februar hatte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann im Interview mit unserer Redaktion prognostiziert, dass die Inflationsrate gemäß dem Harmonisierten Verbraucherpreisindex in Deutschland zum Jahresende hin über drei Prozent liegen dürfte, wenn auch nur vorübergehend.

    Marcel Fratzscher ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
    Marcel Fratzscher ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Foto: Daniel Naupold, dpa (Archiv)

    DIW-Präsident Fratzscher ordnet das Teuerungsszenario aktuell so ein: „Eine hohe Inflation sollte die geringste unserer Sorgen sein. Auch eine Inflation von vier Prozent in diesem Jahr wäre kein Grund zur Sorge, sondern eher eine willkommene Entwicklung. Denn im vergangenen Jahr sind die Preise in vielen Monaten gefallen, sodass es jetzt Aufholeffekte und eine Normalisierung bei den Preisen gibt.“ Mittelfristig, so analysiert Fratzscher weiter, dürfte die Preisentwicklung wieder schwächer sein als es die Preisstabilität erfordere, so wie dies bereits in den vergangenen acht Jahren meist der Fall gewesen sei. Fratzscher erklärt zudem, dass eine anhaltend hohe Inflation nur dann zu befürchten sei, wenn Deutschland und ganz Europa in einen längeren Wirtschaftsboom kämen, sodass die Nachfrage für Konsumgüter und Investitionen das Angebot überschreite.

    DIW-Präsident Fratzscher: "Sorge um erhöhte Inflation ist ein Luxusproblem"

    Der Professor für Makroökonomie an der Humboldt-Universität kommt daher zu folgendem Schluss: „Die Sorge um eine erhöhte Inflation ist ein Luxusproblem, das sich leider für uns zur Zeit nicht stellt. Das ungleich größere Risiko ist eine schleppende wirtschaftliche Erholung und eine zu langsame wirtschaftliche Transformation, die mit einer zu schwachen Preisentwicklung einhergeht.“

    Wie geht es der schwäbischen Wirtschaft?

    Und wie schaut es nach dem ersten abgelaufenen Quartal in der bayerisch-schwäbischen Wirtschaft aus? Matthias Köppel, Leiter des Geschäftsbereichs Standortpolitik der IHK Schwaben, erläutert auf Anfrage unserer Redaktion, dass die Industrie den hiesigen Konjunkturzug aktuell mit „größter Kraft“ zieht. Deshalb sei die regionale Konjunkturerwartung für das laufende Jahr insgesamt betrachtet im Plus. Für die Region wird es aber darum gehen, dass sich die Schere schließt: „Der lange Lockdown hat ein großes Potenzial an Nachfrage vor allem in den Bereichen Gastronomie, Handel und Tourismus sowie in der Kunst- und Kreativwirtschaft unrealisiert zurückgelassen. Hier gibt es Unternehmer, die am Rande der Existenz kämpfen. Wir hoffen, dass der kommende Aufschwung nun breit verfängt und vor allen Dingen die bislang stark leidenden Branchen profitieren.“

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