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Wirtschaft: Hat der private Konsum die Talsohle durchschritten?

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Hat der private Konsum die Talsohle durchschritten?

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    Die Inflationsrate in Deutschland liegt bei mehr als sechs Prozent, besonders Lebensmittel sind deutlich teurer geworden.
    Die Inflationsrate in Deutschland liegt bei mehr als sechs Prozent, besonders Lebensmittel sind deutlich teurer geworden. Foto: Hendrik Schmidt, dpa (Symbolbild)

    Der private Konsum in Deutschland scheint sich nach zweijähriger Flaute zu erholen. Die Einzelhandelsumsätze sind in den vergangenen drei Monaten erstmals seit Mitte 2021 wieder gestiegen, sagt Jan-Christopher Scherer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) auf Anfrage unserer Redaktion. "Gleichzeitig gehen die Inflationsraten langsam, aber sicher zurück", erklärt der Experte. Ein Hoffnungsschimmer für die Einzelhändler, die in den zurückliegenden Jahren durch die Corona-Pandemie und die Kaufzurückhaltung vieler Verbraucher gebeutelt sind.

    Ein Hoffnungsschimmer aber auch für die gesamte Wirtschaft. Denn die Konjunktur ist massiv vom Einkaufsverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher abhängig. Der private Konsum machte sogar 2022 noch 52 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Das heißt umgekehrt: Geht der private Konsum zurück, stockt auch der deutsche Wirtschaftsmotor. "Der Verbraucher hat eine große Macht", sagt Konsumexperte Rolf Bürkl vom Daten- und Analytikunternehmen GfK im Gespräch mit unserer Redaktion. "Und die Deutschen reagieren sensibel auf höhere Preise." 

    Experte: Privater Konsum schwankt durch Corona und den Ukraine-Krieg

    Über viele Jahrzehnte sei vor allem der Export entscheidend für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes gewesen, erklärt Bürkl. Eine Veränderung habe es vor rund zehn Jahren gegeben. "Seitdem wurde der private Konsum immer wichtiger", sagt der Experte. In den zurückliegenden Jahren sei allerdings zu beobachten gewesen, dass der private Konsum durch externe Gründe wie die Corona-Pandemie oder den Krieg in der Ukraine stärker schwanke. 

    Wenn die Deutschen wieder dauerhaft mehr kaufen würden, wäre das also gut für die Konjunktur. Mit Blick auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Deutschlands in diesem Jahr zeigt sich Bürkl allerdings noch skeptisch. Zwar werde die weitere Entwicklung 2023 umgekehrt zur Inflationsrate verlaufen, so Bürkl. Und diese scheint zurückzugehen. Trotzdem sagt der Experte: "Ich gehe nicht davon aus, dass der zuletzt gestiegene private Konsum auf das ganze Jahr betrachtet positive Auswirkungen auf das BIP haben wird." Vielmehr werde die Flaute zunächst weiter belastend wirken. 

    Einzelhändler in Deutschland fuhren im ersten Halbjahr 2023 ein Minus ein

    Denn das Gesamtergebnis für den privaten Konsum im ersten Halbjahr 2023 fällt negativ aus. Das zeigen die kürzlich vom Statistischen Bundesamt veröffentlichen Zahlen zum Einzelhandelsumsatz zwischen Januar und Juli. Demnach fuhren die deutschen Einzelhändler preisbereinigt ein Umsatzminus von 4,5 Prozent ein. Besonders die hohen Nahrungsmittelpreise schreckten viele Verbraucherinnen und Verbraucher ab, der Lebensmitteleinzelhandel musste ein sattes Minus von 5,8 Prozent hinnehmen. 

    Konjunkturexperten gingen aktuell davon aus, dass das BIP leicht im Minus liegen wird, sagt Bürkl. Entscheidend für eine positive Entwicklung sei nun, dass der Preisauftrieb gesenkt werde. Zusammen mit realen Einkommenszuwächsen der Verbraucher würde dadurch der private Konsum stabilisiert werden. Laut DIW-Experte Scherer dürfte es in der zweiten Jahreshälfte 2023 erstmals seit drei Jahren wieder eine positive Reallohnentwicklung geben.

    Und für das kommende Jahr prognostizieren Konjunkturexperten wieder ein leichtes Wirtschaftswachstum in Deutschland. So gehen die fünf großen deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute von einer Steigerungsrate zwischen eineinhalb und zwei Prozent aus. Maßgeblicher Treiber dürfte nach aktuellen Berechnungen dann der private Konsum sein, der mit der erhöhten Lohndynamik und sinkender Inflation wieder zulegen sollte. 

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