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Wie Erlangen mit innovativem Sanieren den Klimaschutz vorantreibt

Wohnen

Serielles Sanieren von Gebäuden: Erlangen zeigt, wie es geht

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    Mit vorgefertigten Elementen werden in Erlangen Häuser saniert.
    Mit vorgefertigten Elementen werden in Erlangen Häuser saniert. Foto: Gewobau Erlangen

    Bruck – so heißt das Quartier mit den Mehrfamilienhäusern aus den 50er und 60er Jahren in Erlangen, auf das derzeit die Baufachwelt blickt. Bis Ende des Jahres lässt die Gewobau Erlangen dort 132 Wohneinheiten sanieren, gerade hat die Montage einer neuen Fassade begonnen. Weitere 475 Gewobau-Wohnungen sollen bis 2026 in Erlangen-Süd auf den neuesten Stand gebracht werden. So unterstützt das kommunale Unternehmen mit fast 9000 Wohnungen die Klimaziele der Stadt Erlangen, die bis 2030 klimaneutral werden will.

    Nach der Sanierung sollen die Gebäude so viel regenerative Energie unter anderem durch neue Wärmepumpen und Photovoltaikmodule erzeugen, wie die Bewohner für Heizung, Warmwasser und Strom benötigen. Neue Fenster und eine bessere Dämmung sollen zu deutlich geringerem Energiebedarf führen – das Ziel ist ein „Energiesprong“. So heißt nach niederländischem Vorbild das von der Deutschen Energie-Agentur initiierte und vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Modellprojekt, an dem neben der Gewobau Erlangen weitere 21 deutsche Wohnungsunternehmen mitwirken. Sie wollen bundesweit 17.000 Wohnungen in ihren Mehrfamilienhäusern aus den 50er bis 70er Jahren wegen ihrer schlechten Klimabilanz sanieren und dabei wie in den Niederlanden verstärkt auf standardisierte Vorfertigung setzen.

    Serielles Sanieren spart Zeit und Kosten

    Dabei sollen durch die Vorfertigung von seriellen Fassadenteilen Kosten und Zeit bei der Sanierung gespart werden. Dazu tragen auch sogenannte Ground Cubes bei. In diesen unterirdisch verbauten Betonkuben ist die gesamte Gebäudetechnik vorinstalliert, sodass die Leitungen nicht aufwendig innerhalb der Gebäude verlegt werden müssen, sondern über einen Strang in der vorgefertigten Fassade in die Wohnungen laufen. „Bislang läuft alles weitgehend wie geplant“, zeigt sich Gewobau-Sprecherin Sonja Joseph zufrieden.

    In Erlangen-Bruck koordiniert die Berliner ecoworks GmbH die Arbeiten im Auftrag der Gewobau. Sie hat bereits 2020 im niedersächsischen Hameln erste Erfahrungen gesammelt. Dort wurden drei Gebäude mit zwölf Wohnungen saniert. Die Hamelner Fassadenteile mit Lärchenholz-Verschalung - sieben Meter lang, 2,85 Meter hoch und 36 Zentimeter dick - wurden in einem Werk in Brandenburg vorgefertigt. Sie beinhalten neben der Dämmung aus Recycling-Glaswolle auch die Fenster sowie Lüftungselemente mit Wärmerückgewinnung. Die Vorarbeiten dauerten acht Wochen, für die reine Fertigung waren zwei Wochen nötig. In Hameln, wo die Wohnungen jahrelang leer standen, wurde die Fassade innerhalb von zehn Tagen montiert.

    Mieter müssen nicht ausziehen

    Eine kurze Dauer ist wichtig, damit bei künftigen Projekten Mieter nicht ausziehen müssen. „Eine Sanierung ohne Umsetzung der Mieter ist möglich, dass zeigen unsere in Hameln gemachten Erfahrungen“, sagt ecoworks-Bauleiter Ronald Meyer. Bisher waren die Energiesprong-Projekte unter anderem in Mönchengladbach und Köln auf maximal 130 Wohnungen beschränkt – in Erlangen wird erstmals im großen Stil nach diesem Konzept saniert, auch hier können die Mieter während der Arbeiten weiter ihre Wohnung nutzen.

    Ein Energiesprung scheint dringend notwendig: Rund ein Drittel der klimaschädlichen CO₂-Emissionen entstehen durch den Energieverbrauch beim Wohnen. Damit die Gebäude weniger Energie benötigen, müsste die derzeitige Sanierungsquote von einem Prozent in Deutschland verdoppelt werden – nur so können laut Experten die Klimaziele erreicht und bis 2050 rund 15 Millionen Häuser saniert werden. Wegen fehlender Fachkräfte, hoher Investitionen und der Angst der Bewohner vor einem deutlichen Anstieg der Miete wegen der Modernisierung geht es damit bislang nicht richtig voran. In Erlangen zahlen die Mieter nach der Sanierung pro Quadratmeter zwei Euro mehr, werden dafür aber laut Gewobau deutlich niedrigere Nebenkosten haben.

    Projekte auch in Buchloe, Oettingen und Hopferau

    Zu den Unternehmen, die bereits Erfahrung mit serieller Sanierung gemacht haben, zählt die Zimmerei Anton Ambros aus Hopferau. Sie verweist auf energetische Sanierungsprojekte unter anderem in Schulen in Buchloe und Oettingen, einem Bürogebäude in Kaufbeuren sowie einem Mehrfamilienhaus in Hopferau im Ostallgäu.

    In den Niederlanden wurden bereits mehr als 5000 Wohnungen nach dem Energiesprong-Konzept für eine halbe Milliarde Euro saniert. Allerdings ist offen, ob diese Idee einfach auf Deutschland übertragen werden kann: Beim westlichen Nachbarn gibt es größere und einheitlichere Siedlungen, was die Sanierung einfacher und günstiger macht.

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