Qualität, Sicherheit, Ingenieurskunst – das Siegel „Made in Germany“ ist ein Verkaufsargument. Es fördert den Absatz deutscher Produkte auf der ganzen Welt und ist für ein Land, das ganz wesentlich vom Export lebt, beinahe unverzichtbar geworden. Doch in den deutschen Außenhandelsbeziehungen kriselt es: Mit China ist es politisch schwierig, mit den USA droht ein Handelskrieg. Kommen die von Trump angekündigten Strafzölle, könnte das Siegel „Made in Germany“ für viele Unternehmen zum Bremsklotz werden.
Das produzierende Gewerbe ist Deutschlands Leitbranche, führend sind Auto- und Maschinenbauer. Beide Branchen sind vom Export abhängig. Die Vereinigten Staaten sind für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau das wichtigste Exportland außerhalb der EU. Ralph Wiechers, Chefvolkswirt des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), sieht schwierige Zeiten auf das Land zukommen. „Die deutsche Industrie muss sich insgesamt darauf einstellen, dass im globalen Handel die WTO-Regeln weiter an Bedeutung verlieren und nationale Interessen auch in Handelsfragen in den Vordergrund rücken“, sagt er unserer Redaktion.
VDMA-Chefvolkswirt Wiechers sieht schwierige Zeiten auf das Land zukommen
Für die Unternehmen bedeute dies, dass ihr US-Export-Geschäft künftig unter erschwerten Bedingungen stattfinden könnte. Besonders hart träfen die Zölle laut Wiechers die kleinen und mittelgroßen Firmen, die den deutschen Maschinen- und Anlagenbau prägen. Der VDMA-Chefvolkswirt erklärt: „Die Firmen sind in ihrer jeweiligen Region tief verwurzelt. Eine Verlagerung beziehungsweise Erweiterung der Produktion ins Ausland ist für die Mehrzahl unserer Mitglieder weder personell noch finanziell zu stemmen.“
Daher werden viele Maschinenhersteller die massiven Einfuhrschranken in die USA wohl nicht umgehen können. Welche Auswirkungen Trumps Kurs konkret haben wird, bleibt laut Wiechers jedoch abzuwarten: Wird ein einheitlicher Zollsatz für alle Länder erhoben? Oder werden bestimmte Regionen unterschiedlich behandelt? Fragen, die es nun von der EU zu verhandeln gilt.
Für Glenn Schmidt, Leiter für Politik und Außenbeziehungen bei der BMW-Gruppe, gibt es für Brüssel nur eine mögliche Position: „Statt vor Zoll-Angst zu zittern, muss die Europäische Gemeinschaft als selbstbewusster Handels- und Verhandlungspartner auftreten. Trump ist für seine eindeutige, simple Aussage gewählt worden. Und solch eine muss ihm wiederum entgegengesetzt werden“, sagt er bei einer Veranstaltung des Wirtschaftsbeirats Bayern. Auch der US-Konsul in München, Dan Thompson, versucht zu beruhigen: „Wir dürfen nicht jede Aussage Trumps auf die Goldwaage legen.“ Dennoch: Der Republikaner sei mit einer hohen Unterstützung für seine handelspolitischen Aussagen gewählt worden. Dies erfordere nun ein pragmatisches Handeln der EU.
Ob dies der Staatengemeinschaft gelingen wird, bleibt abzuwarten. Die Wachstumsprognosen der EU-Kommission sind mau. Für die Eurozone rechnet die Behörde im kommenden Jahr nur mit 0,8 Prozent Wachstum. Deutschland liegt laut der Schätzung mit 0,7 Prozent knapp darunter. Brüssel ist damit immerhin optimistischer als die Wirtschaftsweisen, die ihre Vorhersage jüngst auf 0,4 Prozent nach unten korrigiert haben.
Viele Industrieunternehmen haben in den vergangenen Jahren in den US-Markt investiert
Doch was bedeuten nun diese turbulenten Zeiten für das Modell „Made in Germany“? Viele große Industrieunternehmen haben in den vergangenen Jahren bereits verstärkt in die USA investiert und werden ihre Produktion in Übersee wohl ausweiten. In der Autoindustrie etwa erreichte die Auslandsfertigung in Amerika 2023 einen neuen Hochstand. Beim Hersteller BMW, der heuer zum 30-jährigen Produktionsjubiläum in South Carolina ein weiteres Presswerk eröffnet hat, sprechen die Zahlen für sich: Lediglich eines von sieben in Deutschland produzierten Autos geht in die USA, während ein Viertel der Fahrzeuge aus amerikanischen Fabriken in die Bundesrepublik verschifft wird.
Abgeschrieben ist der Wirtschaftsstandort Deutschland jedoch nicht. Der Bundesverband der Deutschen Industrie sieht in den aktuellen Entwicklungen lediglich Warnsignale, keine Deindustrialisierung. Auch VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers blickt positiv in die Zukunft: „Ob das Label ,Made in Germany´ im Rest der Welt wirklich schwächelt, ist keineswegs gesichert. Wir erleben nach wie vor, dass Maschinen aus Deutschland einen sehr hohen Stellenwert in allen Märkten haben.“ Nun gehe es darum, die Standortfaktoren in Deutschland und Europa so zu ändern, dass die eigene Wettbewerbsfähigkeit erhalten und wieder gestärkt wird. Zusätzlich brauche es „eine Positivagenda der EU, die Exportmärkte durch Freihandelsabkommen offen hält.“
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