Nach der abermaligen Insolvenz des Versandhändlers Weltbild zeigen sich Arbeitnehmervertreter massiv enttäuscht und üben Kritik am Eigentümer und dem Management. "Zehn Jahre lang haben unsere Kolleginnen und Kollegen hart gearbeitet, um das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen. Wir sind sehr enttäuscht, dass jetzt abermals Insolvenz angemeldet wurde", sagte der Betriebsratsvorsitzende Timm Boßmann unserer Redaktion. "Ich will keinen Hehl daraus machen, dass wir mit mancher strategischen Entscheidung des Gesellschafters und der Geschäftsführung nicht einverstanden waren", fügt er an.
Das Unternehmen Weltbild hat zuletzt zahlreiche andere Einzelhändler übernommen, die teilweise sehr spezialisiert waren. Dazu zählte zum Beispiel der Gartenspezialist Gärtner Pötschke oder der Kinder- und Babymodenhändler tausendkind. Alle diese Marken waren selbst wirtschaftlich angeschlagen, tausendkind hatte zum Beispiel im Jahr 2020 Insolvenz anmelden müssen. Der Weltbild-Eigentümer – die Düsseldorfer Unternehmensgruppe Droege – ist auf Unternehmenssanierungen spezialisiert und hatte Weltbild 2014 selbst aus der Insolvenz heraus übernommen und stabilisiert. Trotzdem gibt es Zweifel, ob die Strategie der Zukäufe die richtige war. "Wir haben in dem anorganischen Wachstum durch die Zukäufe von Firmen eine Gefahr gesehen", sagt Boßmann.
Lange Jahre ging es für Weltbild nach der Krise aufwärts, nun steckt der Händler abermals in der Bredouille. Die Sorgen unter den Beschäftigten um Arbeitsplätze sind groß. Die Weltbild GmbH & Co. KG betreibt mehrere Filialen und insbesondere den bekannten Versand von Büchern, Musik, Accessoires und anderen Produkten, der auf einem Katalog basiert.
Rund 500 Beschäftigte der Weltbild GmbH & Co. KG sind betroffen
Betroffen von der Insolvenz sind rund 500 Beschäftigte. Sie gehören zum Versandunternehmen Weltbild GmbH & Co. KG, für das in Augsburg Insolvenzantrag gestellt wurde. Rund 420 davon arbeiten nach Betriebsratsangaben in Augsburg, rund 80 davon in den Filialen, von denen es noch rund ein Dutzend gibt. Zahlreiche Betroffene arbeiten in Teilzeit, ein Sprecher des Insolvenzverwalters spricht deshalb von 330 Vollzeitstellen. Die gesamte Weltbild-Gruppe WB D2C mit den übernommenen Tochterunternehmen und insgesamt 2000 Beschäftigten ist dem Unternehmen zufolge nicht von der Insolvenz betroffen. Der Betrieb soll außerdem wie gewohnt weitergeführt werden.
Weltbild selbst hatte in der Corona-Krise durch den Boom des Online-Handels einen Wachstumsschub erlebt. Mit dem Krieg in der Ukraine spürte man die darauf folgende Konsumzurückhaltung aber umso stärker. Das Unternehmen hat zwischenzeitlich Kurzarbeit anmelden müssen, die angekündigte Wiedereröffnung der Logistik in Augsburg ist bisher nicht umgesetzt worden.
Kanzlei Schneider, Geiwitz & Partner hatte Weltbild schon einmal durch eine Insolvenz geführt
Insolvenzverwalter Christian Plail stammt von der Kanzlei Schneider, Geiwitz & Partner, die Weltbild bereits 2014 durch die Insolvenz geführt und am Ende gerettet hat. "Wir sehen es als Plus, dass wir einen sehr erfahrenen Insolvenzverwalter zur Unterstützung bekommen haben", sagt deshalb Betriebsratschef Boßmann. "Die Kanzlei kennt uns und wir kennen die Kanzlei."
Wie geht es nun bei Weltbild weiter? Insolvenzverwalter Plail und sein Team würden derzeit das Augenmerk darauf legen, dass der Geschäftsprozess weiterläuft und Lieferanten bezahlt werden, sagte der Sprecher. Zudem muss sichergestellt werden, dass Ende des Monats das Insolvenzgeld statt des bisherigen Gehalts an die Beschäftigten fließt. Erst in einem zweiten Schritt geht es um die Sanierung und die künftige Strategie.
Durch die Übernahme von anderen Einzelhandelsplattformen wie den Schmuckhändler Paul Valentine, den Rucksackhändler Fitz & Huxley oder den Werkzeugspezialisten Westfalia gebe es im Mutterhaus nach Auskunft des Betriebsrats sehr viel Arbeit. Der Betriebsrat werde sich deshalb gegen einen Jobabbau wehren. "Der Betriebsrat sieht keinen Spielraum für einen umfangreichen Personalabbau", sagt Boßmann. "Trotzdem macht man sich Sorgen", fügt er an. Eine Gefahr wäre es, wenn zu viele Beschäftigte von sich aus das Unternehmen verlassen.