Eigentlich ist alles schon ins Bild gerückt: Die Karikatur von Ann Telnaes, die zuletzt Schlagzeilen machte, zeigt Amazon-Gründer und Washington-Post-Besitzer Jeff Bezos, wie er einem übergroßem (Trump?)-Standbild devot einen Geldsack darbringt. Mit dabei sind ein paar andere schwere Jungs aus dem Milliardärs-Club der USA - in anbiedernder Anmutung, Dollars am Mann, für den alles Überragenden. Die Karikatur erschien nicht in der Washington Post, Pulitzer-Preisträgerin Telnaes kündigte bei ihrer Zeitung und sorgte weltweit für Aufregung - auch wenn der zuständige Redakteur im Meinungsressort der Post später erklärte, sich gegen die Karikatur entschieden zu haben, weil andere Kolumnen dasselbe Thema aufgegriffen hätten und er Wiederholungen habe vermeiden wollen.
Der Skandal war aber da und seither wird viel genauer beobachtet, wie sich Wirtschaft und Unternehmen zur in wenigen Tagen beginnenden zweiten Trump-Administration verhalten. Mit eilfertigem Kotau? Oder abwartend? Meta-Boss Mark Zuckerbergs Ankündigung von dieser Woche, das Fakten-Checken bei Facebook und Instagram zu lassen und Hassrede-Regeln zu lockern, war das nächste Beispiel aus der US-Medienbranche. Aber auch der amerikanische Finanzsektor positioniert sich: Viele amerikanische Großbanken haben etwa die sogenannte Net-Zero-Banking-Alliance, das Klimabündnis der Branche, verlassen. Das hat zum Ziel, die Kredit-, Investitions- und Kapitalmarktaktivitäten bis 2050 auf Netto-Null-Treibhausgasemissionen auszurichten.
Trump findet Öl und Gas gut
Donald Trump findet Öl und Gas gut („Drill, baby, drill“) . Was aber ist mit Unternehmen in Deutschland, das Donald Trump in der Mehrheit nicht so gut findet? Gibt es etwa Zahlen, die belegen würden, dass hiesige Firmen seit der US-Wahl noch stärker als ohnehin schon in den USA investieren?
Dafür ist es noch viel zu früh, sagt Holger Görg, Globalisierungsexperte am Kiel Institut für Weltwirtschaft. Er erwartet auch nicht, dass Unternehmen so schnell Standortentscheidungen treffen, auch wenn die Vereinigten Staaten natürlich sehr bedeutsam bleiben.
Die Zahlen der Deutschen Bundesbank beziehen sich auf 2022: Grundsätzlich sind die USA das wichtigste Zielland für deutsche Direktinvestitionen im Ausland. Den Angaben zufolge lag der Bestand dieser Investitionen bei rund 424 Milliarden Euro. Umgekehrt: Bei den ausländischen Direktinvestitionen hierzulande lagen die USA mit 73 Milliarden auf der dritten Position der wichtigsten Staaten.
Und wie viel wird in China investiert? Gar mehr? Donald Trump mag das nicht. Es wird - die Tendenz ist laut Görg schon seit 2023 erkennbar - weniger (163,25 Milliarden Dollar, 13,7 Prozent weniger als 2022). Diesen Investitionsrückgang aber auf Trump zurückzuführen, auch dafür sei es viel zu früh, sagt Görg.
Ohnehin rät er sehr zur Gelassenheit: „Trump redet viel, ohne wirklich zu sagen, was genau er wie und wann vorhat. Damit generiert er – gewollt – Unsicherheit. Hier heißt es, einen kühlen Kopf zu bewahren, sich auf Szenarien vorzubereiten aber erst einmal abzuwarten, was genau passiert.“ Sicher, der Vorstellungskraft seien ja - bis zur US-Invasion in Grönland - fast keine Grenzen gesetzt. Als realistisch aber sieht er kurzfristig Zölle an, die den Handel einschränken. Görg plädiert für eine geeinte Position der EU. Und: „Neben Gesprächen mit den USA müssen auch Verhandlungen zu Handelsabkommen mit anderen Ländern verstärkt geführt werden. Wir reden in Europa schon lange darüber, dass man ,Abhängigkeiten´ von China reduzieren muss. Aber es muss uns zudem langsam klar werden, dass auch Abhängigkeiten von einer Trump-regierten USA problematisch sind.“
EU-Parlamentarier Lange: Neue Märkte erschließen
Hier setzt auch die Strategie von Bernd Lange, Vorsitzender des Ausschusses für Internationalen Handel, im EU-Parlament an. Er sagt unserer Redaktion: „Wir werden alles daran setzen, stabile außenwirtschaftliche Bedingungen zu erhalten und auch neue Märkte zu erschließen, dies durch faire Handelsabkommen und Partnerschaften.“ Wie bei der vorläufigen Einigung zum Mercosur-Abkommen.
Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK), rät ebenfalls zur Gelassenheit: „Der Markenkern von Trump ist vollständige Unberechenbarkeit und Angriffslust. Wir müssen uns daher auch wirtschaftspolitisch auf Konfrontationen, Drohungen und Druck einstellen. Die bayerischen Unternehmen fahren am besten, wenn sie Ruhe bewahren und schon jetzt verschiedene Szenarien durchspielen und vorbereiten, darunter auch eine zunehmende Abschottung des US-Markts.“ Beim BIHK habe man zudem, den Eindruck, dass viele bayerische Unternehmen in 2024 schon ihre US-Läger gut gefüllt hätten, um möglichen neuen US-Importzöllen zuvorzukommen.
Etwas tun, dass Trump gefällt, muss nicht zwingend ökonomischen Erfolg bringen. Zum Gebaren von Zuckerberg und Bezos hat Globalisierungsexperte Görg jedenfalls eine Meinung: „Die Herren möchten offensichtlich wieder Freunde von Herrn Trump sein, nachdem sie in und nach seiner ersten Amtszeit ja durchaus kritisch waren.“ Trump habe Steuererleichterungen und Deregulierungen angekündigt, von denen auch sie selbst und ihre Unternehmen stark profitieren könnten. Aber werden sie das tun? „Das hängt natürlich sehr stark davon ab, wie die Konsumenten reagieren. Die Washington Post hat ja schon starke Einbußen bei Abos hinnehmen müssen. Auf der anderen Seite stehen natürlich die klaren Vorteile“. Offensichtlich bewerteten die beiden diese höher als etwaige Reputationsverluste.
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