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Sollte man für die Wirtschaft einen Feiertag streichen?

Staatsfinanzen

Was es bringt, einen Feiertag zu streichen – und was nicht

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    Kontroverse Debatte: Weniger Feiertage für mehr Wirtschaftswachstum?
    Kontroverse Debatte: Weniger Feiertage für mehr Wirtschaftswachstum? Foto: Sina Schuldt, dpa (Symbolbild)

    Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer fordert es — und andere Top-Ökonomen tun es auch: Einen Feiertag streichen, um die Wirtschaft anzukurbeln und so die Einnahmen des bald noch höher verschuldeten Landes erhöhen. Auch Ifo-Präsident Clemens Fuest meint: „Die Streichung eines Feiertages sollte Teil eines Maßnahmenpakets für mehr Arbeit sein. Es ist geplant, mehr Schulden aufzunehmen, um Infrastrukturinvestitionen zu steigern und Deutschland wehrhafter zu machen. Das bringt viel zusätzliche Arbeit. Wenn die zusätzliche staatliche Nachfrage aber nicht auf zusätzliche Leistungsbereitschaft trifft, wird andere, privatwirtschaftliche Aktivität verdrängt. Es kommt dann nicht zu zusätzlichen Investitionen, sondern nur zu einer Verlagerung, begleitet von Inflation und hohen Zinsen.“

    Was bringt ein zusätzlicher Arbeitstag überhaupt?

    Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hat jüngst berechnet, dass ein zusätzlicher Arbeitstag das Bruttoinlandsprodukt (2024: 4,31 Billionen Euro) — je nach Berechnungsmethode — zwischen fünf bis 8,6 Milliarden Euro steigern könnte. Der Thinktank hat so überschlagen: Pro Jahr gibt es rund 250 Arbeitstage, wenn man die Wochenenden und Feiertage abzieht. Ein freier Tag oder ein Feiertag macht also 0,4 Prozent der Jahresgesamtarbeitszeit aus. Der Wert lässt sich allerdings nicht ein zu eins in Wirtschaftsleistung übertragen, weil zum Beispiel vor- oder nachgearbeitet werden kann, sagt der Studienautor und IW-Experte für Einkommenspolitik, Christoph Schröder. Und auch die Auftragsbücher der Unternehmen seien nicht immer gleich voll. Bedeutet in seiner Kalkulation: Ein Werktag zusätzlich wird mit 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) gerechnet. Das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim kommt in seinen Berechnungen pro gestrichenen Feiertag auf ein zusätzliches BIP von sechs bis sieben Milliarden Euro.

    Wer hat schon Feiertage gestrichen?

    Die Dänen haben vor ein paar Jahren den „Store Bededag“, einen Gebetstag vier Wochen nach Ostern gestrichen, um den Verteidigungshaushalt mitzufinanzieren. Es sollen 400 Millionen Euro mehr in die Staatskasse fließen. Solche Maßnahmen seien allerdings „international die Ausnahme“, erklärt Eduard Brüll, Arbeitsmarkt-Experte beim ZEW. In Deutschland wurde 1995 der Buß- und Bettag bundesweit — mit Ausnahme von Sachsen — gestrichen, um die Arbeitgeber zu entlasten. Es geht auch ganz anders: In Österreich war der Karfreitag für Protestanten früher ein gesetzlicher Feiertag und für Katholiken ein normaler Arbeitstag. Vor einigen Jahren klagte jemand, der wollte arbeiten und Feiertagsgeld kassieren. Er bekam höchstgerichtlich recht und der evangelische Feiertag wurde gestrichen. Wer religiös ist, hat indes Anspruch auf einen freien Tag.

    Was halten die Gewerkschaften von dem Vorschlag, einen Feiertag zu streichen?

    Der bayerische DGB-Vorsitzende Bernhard Stiedl sieht den Vorschlag, einen Feiertag zu streichen „äußerst problematisch“. Mehr Arbeit würde aktuelle Probleme nur verschärfen, sagte er im Gespräch mit unserer Redaktion. Denn: „Aktuelle Zahlen zeigen, dass stressbedingte Erkrankungen bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben.“ Viele Beschäftigte seien bereits heute „extrem belastet und teilweise überlastet“, so Stiedl weiter. „Jetzt von ihnen zu verlangen, noch mehr zu arbeiten, während Reiche und Superreiche weiter geschont werden, ist schlicht nicht akzeptabel.“ Hinzu kommt: Bayern habe zwar 13 und somit die meisten gesetzlichen Feiertage, liege aber beim BIP pro Kopf auf Platz 2 hinter Hamburg.

    Haben die Deutschen im internationalen Vergleich nicht ohnehin schon viel mehr Feiertage und mehr Urlaub?

    Laut ZEW liegt Deutschland bei den Feiertagen international im Mittelfeld ist beim Urlaub „vergleichsweise großzügig“. Gewerkschafter Stiedl hat dazu aber eine klare Meinung: „Urlaub ist kein Wachstumshemmnis, sondern ganz im Gegenteil essenziell für Erholung, Produktivität und Innovation. Deutschland war und ist auch dank gewerkschaftlicher Errungenschaften wie dem bezahlten Jahresurlaub wirtschaftlich stark.“ Vielmehr bremsten allen voran die jahrelange Investitionszurückhaltung und die derzeitigen Fachkräfteengpässe das Wachstum. Er gibt zu Bedenken: „Mit einem Arbeitsvolumen von 14,7 Milliarden Stunden haben die Deutschen im zweiten Quartal des letzten Jahres zwischenzeitlich so viel gearbeitet wie nie zuvor – und die Wirtschaft kam trotzdem nicht in Schwung.“ ZEW-Experte Brüll sagt: „Entscheidend ist vor allem die Produktivität je Arbeitsstunde.“

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    21 Kommentare
    Friedrich Eckert

    Wie viel würde es wohl bringen, die arbeitsfähigen Bürgergeldbezieher in Arbeit zu bringen?

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    Richard Merk

    Es geht um Feiertage und nicht um unsinnige Fragen über eventuell arbeitsfähige Bürgergeldempfänger.

    Friedrich Eckert

    Es geht um die Erhöhung des Bruttoinlandsprodukts. Artikel gelesen oder nur die Überschrift?

    Richard Merk

    Sie liegen falsch. In dieser Debatte um die Wirtschaft anzukurbeln geht es sich lediglich um Vor- oder Nachteil einen Feiertag zu streichen. Im Übrigen lässt sich mit den angeblich arbeitsfähigen Bürgergeldempfänger ohnehin keine Wirtschaft ankurbeln. Angekurbelt wird damit lediglich der ohnehin schon viel zu hohe Verwaltungsaufwand der Arbeitsämter.

    Thomas Keller

    Sie hatten heute, zur besten Arbeitszeit, Zeit diesen Kommentar abzusetzen? >>28.03.25, 08:00 Uhr Haben Sie keine ernstzunehmende Tätigkeit in Ihrem Betrieb? Wieviele Leute kennen Sie, die an die 60, mit Bandscheibenvorfall und dann ausgesteuert sind? Wieviele die momentan in ihrem Feld nichts finden? Wie oft sind Sie schon auf plumpe Hetze hereingefallen? Die allerwenigsten sind Totalverweigerer, Deutschlands frechster Arbeitsloser Lindner ist vielleicht anzutreiben sich eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit zu suchen.

    Thomas Keller

    Bürgergeldempfänger werden von den Jobcentern betreut. Wer von der Arbeitsagentur Leistungen erhält, hat sich vorher dafür versichert. Nur wenn sich innerhalb des Leistungszeitraums keine auskömmliche Stelle finden lässt, kommt man dahin.

    Peter Schurrmann

    Feiertage streichen, Karenztage einführen, Wochenarbeitszeit erhöhen, Homeoffice wieder streichen, usw... Die Wünsche der Arbeitgeberseite sind lang, um Mitarbeiter "endlich" wieder als Buckelsklaven betrachten zu können. Freizeit? Familie? Ausgleich? Braucht doch niemand! Man muss nur lange genug jammern, wie schlimm alles ist und den Arbeitnehmern eine Mitschuld geben, die Politik wird schon irgendwann mitziehen. Dass mehr Arbeitszeit nicht automatisch mehr Leistung bedeutet, kommt in den Managementetagen nicht an. Dass die ohnehin schon hohe Arbeitsbelastung und das Misstrauen vieler Arbeitgeber ggü. ihren Mitarbeitern ein Mitgrund ist, dass z.B. auch die Krankenstände steigen.. geschenkt! Wir entwickeln uns gerade Vollgas Rückwärts. Das Versprechen der beginnenden Industrialisierung war, dass Menschen mehr Zeit für sich haben werden. Nun geht es ins genaue Gegenteil. Immer mehr Arbeit, immer weniger Freizeit und Lohnentwicklung und Inflation haben ihren Anteil.

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    Walter Koenig

    Nennen Sie bitte eine seriöse Quelle, die Ihre Behauptung belegt. So ein Versprechen würde ja auch damaligen Arbeitszeiten völlig entgegenstehen. Abgesehen davon: Eine Woche hat 168 Stunden, wenn man 40 Stunden davon arbeiten muss, dann sind das nicht einmal 25% der Zeit. Mit anderen Worten: 75% der Zeit stehen Ihnen zur Verfügung, aber das scheint manchen Leuten noch zu wenig. Mein Vater hatte noch die 60-Stunden-Woche, als ich meine Lehre begann, da waren 48 Stunden die übliche Arbeitszeit. Am Samstag wurde noch gearbeitet, und dem Land ging es gut. Geld wächst nun mal nicht auf Bäumen, dafür ist Leistung erforderlich! Heute wollen viele Leute wenig varbeiten, dafür aber so viel wie möglich verdienen. Und dann wundert man sich, wenn manche Dinge unbezahlbar werden. Wegen mir könnten alle Feiertage gestrichen werden, weil die wenigsten Menschen den eigentlichen Anlass feiern, sondern nur die zusätzlichen freien Tage.

    Peter Schurrmann

    Seltsam, wo sind nur diese 75 %? Achja, stimmt: Schlaf, Körperhygiene & Ernährung: 11 h/Tag Tätigkeiten/Arbeiten im Haushalt: 2 h/Tag Ach hoppla.. aus 75 % sind plötzlich nicht mal 15 % geworden. Darin will man ja gerne noch Sport bringen, Freunde, Familie und alles was man sonst noch als Hobby betrachtet. Wer dauerhaft > 40 h arbeitet, muss also auf irgendwas verzichten. Die CEOs, welche einem erzählen, dass doch auch 80 h pro Woche kein Problem sind, müssen sich bestimmt nicht selbst um Haushalt und Kochen kümmern. Wer ansonsten gerne auf eine gesunde Ehe und eine gute Beziehung zu seinen Kindern verzichten möchte, gerne. Ich verstehe Leute wie sie nicht, die alles für die Arbeit opfern würden. Ich denke immer an folgende Aussage: An deinem Sterbebett wird sich dein Arbeitgeber nicht an deine Überstunden erinnern, aber deine Kinder schon.

    Gerd Reim

    Bestimmt arbeiten Sie noch jeden Tag. Meines Wissens wurde der damalige Arbeitstag aufgeteilt in 8 Stunden. 8 Stunden arbeiten, 8 Stunden Freizeit, 8 Stunden Schlafen.

    Thomas Keller

    Vergessen Sie bitte nicht die mittlerweile zumutbare Pendelzeit.... Früher waren Berufe auch nicht so stressig, vielleicht schwerer, dafür konnte man auch bei sicherer Anstellung einen Hauskredit bekommen. Das können Sie heute alles vergessen. Selbst wenn Sie in qualifizierter Position bei einem Global Player beschäftigt sind, Stellen werden abgebaut und das wars dann! Noch eine kleine Scheidung dazu, Aussicht auf eine Rente von der man nicht leben können wird und gute Nacht. Es muss auch mal reichen mit Konsum und der Arbeit diesen bereitzustellen. Herrlich wenn man mal durch eine ruhige Innenstadt laufen an und einen Blick für die Denkmäler und Bauwerke hat. An Freizeitprodukten und Immobilien mangelt es übrigens für Unternehmer nicht, oder arbeiten die auch mal gern einfach nicht? Ein Blick über den Teich hilft auch, sollen Ihre Kinder Zweit- und Drittjobs für die Bezahlung der Krankenversicherung annehmen? Vielleicht bei Amazon arbeiten?

    Richard Merk

    Einen Feiertag streichen ohne finanziellen Ausgleich für Arbeitnehmer ist nichts anderes als ein primitiver Versuch den Arbeitnehmer noch weiter zu schröpfen.

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    Walter Koenig

    Wo wird ein Arbeitnehmer durch die Streichung eines Feiertags geschröpft, Herr Merk? In früheren Zeiten waren Menschen noch mehr mit dem Grund des Feiertags vertraut und haben ihn auch entsprechend begangen. Heute interessiert es noch kaum jemand, warum es den Feiertag gibt, er wird einfach als zusätzliche bezahlte Freizeit gesehen. Man tritt aus der Kirche aus, aber erhebt Anspruch auf den freien Tag? Vielleicht sollte man die Feiertage nur denen bezahlen, die sich auch zu der Gemeinschaft bekennen, welche den Grund des Feiertags liefert? Denn nur die würden dann ja - wie Sie es nennen - geschröpft, wenn ein Feiertag gestrichen wird!

    Peter Schurrmann

    Vielleicht sollte man die Feiertage einfach von den kirchlichen Festen trennen und deren Anzahl auf den gesetzlichen Urlaub aufschlagen? Mir alles recht. Es gäbe viele Möglichkeiten damit umzugehen. Immer auf den Ursprung zu verweisen ist daneben. Der Ursprung von Weihnachten am 24. liegt in heidnischen Sommersonnenwendfesten. Vielleicht geben wir den Atheisten den Feiertag zurück? Wäre auch irgendwie dumm, oder?

    Thomas Keller

    Ich muss nicht laut Steuerkarte einer Religion angehören. Man kann auch Spenden statt das Geld in Messgewänder zu investieren. Diese sind meiner Information nach nämlich nicht grade günstig...

    Thomas Keller

    In Japan hat man die Erfahrung gemacht das eine Woche Pflichturlaub die Produktivität gesteigert hat... Ebenso hat auch das Waldbaden die Leute vom berufsbedingtem Suizid abgehalten.

    Thomas Keller

    Man kann sogar glauben wenn man nicht in die Kirche geht. Sogar daheim innehalten und sich um Angehörige und Kinder kümmern. Nur wer den Vereinsbeitrag entrichtet, ist ein Christ? Ebenso leben wir in einer Mehrheitsgesellschaft, die Mehrheit entscheidet. Die Diskussion angesichts Millionen geleisteter Überstunden, in denen keine Religionsausübung möglich ist, ist für mich somit überflüssig. Und ausserdem: Wer soll die am Feiertag erbrachten Dienstleistungen und Waren erwerben wenn die Einkommenssituation immer schlechter wird? Die Mieten immer höher und Lebensmittel immer teurer?

    Richard Merk

    Herr König, sie habe es doch selbst richtig beschrieben. Es interessiert kaum noch jemand was der kirchliche Feiertag bedeutet. Außerdem wäre es doch sehr unfair, dass Andersgläubige an den christlichen Feiertagen arbeiten müssen. Ganz unabhängig von der Bedeutung des Feiertags ist ein Feiertag mittlerweile nichts anderes als ein freier Tag. Letztlich wäre der Verzicht auf einen Feiertag für einen Arbeitnehmer nicht anderes als ein freier Tag weniger. Belastet wäre damit lediglich nur der Arbeitnehmer.

    Sarah Schäfer

    Wenn die Argumentationskette stimmt, müssten Jahre, in denen mehrere Feiertage auf Wochenende fallen, Stress und psychische Erkrankungen bei Arbeitnehmern erhöhen. Hst das mal jemand untersucht?

    Peter Zimmermann

    Stress und psychische Erkrankungen waren zu meinem Arbeitsbeginn nahezu unbekannt, aber da gab es auch noch die 6 Tage-Woche. Allerdings war es tatsächlich möglich, wenn man nicht am unteren Rand der Einkommen existieren musste, mit Familie und Alleinverdiener zu Wohneigentum zu kommen. Jobs waren langfristig sicher und die Arbeitswelt hatte sich nicht so dermaßen schnell verändert wie heute, so dass Befürchtungen entstehen die Banken drehen den Hahn zu weil nicht schnell genug ein adäquater Verdienst ansteht. Die heutige Welt ist eine völlig andere und ändert sich in einer irren Geschwindigkeit.

    Klara Rasper

    Die Beschäftigten in Deutschland haben im vergangenen Jahr einem Medienbericht zufolge 1,3 Milliarden Überstunden geleistet.Davon waren mit 775 Millionen Stunden mehr als die Hälfte unbezahlt ... (www.tagesschau.de/wirtschaft/arbeitsmarkt/arbeit-deutschland-ueberstunden-100.html). Gemeint ist 2023. Meinetwegen einen Feiertag weniger, aber dafuer auch keine (mindestens die unbezahlten) Ueberstunden. Der BIP-Fetischismus geht mir auf die Nerven. Wollen wir nicht (fast) alle im Paradies leben ? Obwohl es da kein BIP gibt ? Wenn jemand mehr arbeitet und dann statt selber zu kochen zu McDonalds geht, wird das BIP hoeher. Die Lebensqualitaet nicht.

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