Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Warum die deutsche Auto-Industrie in der Krise steckt

Kommentar

Die Krise der Auto-Industrie ist größtenteils hausgemacht

Stefan Stahl
    • |
    • |
    Ein Volkswagen-Emblem an einem Turm des Werkes in Osnabrück.
    Ein Volkswagen-Emblem an einem Turm des Werkes in Osnabrück. Foto: Friso Gentsch, dpa

    Die deutsche Auto-Industrie startet verbeult ins neue Jahr. Zehntausende Arbeitsplätze fallen bei Fahrzeugherstellern und Zulieferern weg. Die Krise ist zu einem Großteil hausgemacht, haben Konzerne wie VW und Mercedes doch zu spät Elektroautos entwickelt. Die dann auf den Markt gebrachten Modelle sind überwiegend zu teuer und übergewichtig, eben zu groß, gerade angesichts knappen Parkraums in den Städten.

    Die Strategie der Manager, mit dicken SUVs fett abzusahnen, um Zeit und Geld für den Bau kleinerer und günstigerer E-Autos zu gewinnen, ging in Deutschland nicht auf. Die Zeit und Konkurrenten aus China laufen heimischen Anbietern davon. Eine Industrie, die gewohnt war zu siegen, lernt wie Volkswagen unter Schmerzen das Verlieren. Dass bei VW rund 35.000 Stellen wegfallen und pro Jahr gut 700.000 Autos weniger produziert werden, zeigt das Ausmaß der Krise. Auch Audi und Mercedes müssen sich neu aufstellen.

    Deutsche Autoindustrie schrumpft

    Die Transformation vom Verbrenner- ins Elektro-Zeitalter geht für Autobauer mit einer Deformation einher. Am Ende des ruppigen Anpassungsprozesses wird die deutsche Autoindustrie, was Arbeitsplätze und Fertigungskapazitäten betrifft, spürbar geschrumpft sein. Dabei wurde die Krise der Autoindustrie durch die wirtschaftspolitische Inkompetenz der Noch-Regierung beschleunigt. Schließlich war es absehbar, dass sich Menschen weniger Elektroautos kaufen, wenn – wie Ende 2023 geschehen – die staatliche Förderung nach einer Vollbremsung ausläuft. Kanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck haben das Einmaleins der Marktwirtschaft ignoriert und Autobauern den Stecker gezogen.

    Die künftige Regierung muss schnell eine neue Förderung für E-Autos beschließen. Darauf warten Verbraucher. Und die Verantwortlichen in Brüssel sollten die quälende Diskussion beenden, ob das Verbrenner-Aus ab 2035 aufgeweicht werden soll. Da Elektroautos in Zeiten des sich beschleunigenden Klima-Wandels alternativlos sind, muss das 2035-Ziel bekräftigt werden. Auf dem Weg dorthin schadet Nachsicht gegenüber Autobauern nicht. Deswegen wäre es widersinnig, sklavisch an den vereinbarten happigen Strafen für Hersteller festzuhalten, die 2025 die Klima-Ziele nicht einhalten können. Damit würde die EU ausgerechnet europäische Hersteller abstrafen, die sich einem immer härteren Wettbewerb mit staatlich subventionierten chinesischen Firmen ausgesetzt sehen. Auch der sich zum bizarren Welten-Herrscher aufschwingende Tesla-Chef-Querdenker Musk lacht sich sicher ins Fäustchen, wenn Brüssel Marken wie VW, Peugeot oder Fiat Bußen aufbrummt. Deshalb sollten die Mächtigen in Brüssel aus klima-pädagogischen Gründen zwar an der Strafandrohung festhalten, den Fahrzeug-Riesen die Bußen aber erlassen, wenn sie in den nächsten Jahren mehr Elektroautos als angekündigt bauen. Die Devise muss heißen: Die Klima-Ziele strecken statt die Autobauer auf der Streckbank festzuschnallen.

    Die goldenen Verbrenner-Zeiten werden nicht mehr erreicht

    Wenn die Politik klare Leitplanken für die Autoindustrie aufgebaut hat und Konzerne wie VW bezahlbare E-Autos bauen, kann die Industrie ihre schwere Krise überwinden. Nach zwei Jahren eines weiter schmerzlichen Umbaus dürfte sie wohl 2027 wieder durchstarten. Das hohe Niveau der goldenen Verbrenner-Zeiten wird leider nicht mehr erreicht. Der einstige Glanz wurde vor allem mit Erfolgen in China errungen. Dort kaufen Menschen aber zunehmend Autos aus dem eigenen Land.

    Diskutieren Sie mit
    11 Kommentare
    Klara Rasper

    Na ja, vielen auslaendischen Firmen geht es auch nicht besser. Aber wie Kunden in der Werkstatt abgezockt werden hoert man oft. Selbst bei einem vor Gericht in einer Sammelklage bestaetigten Mangel an einem VW-Passat blieb ein Bekannter auf einem Schaden von 6.500,-- EUR sitzen wegen Verjaehrung. Als Chef einer Firma und Privatmann hat der keine Autos mehr bei VW gekauft. Obersparer Lopez bei VW laesst gruessen.

    Martin Kappelmaier

    VW hat 2023 rund 18 Milliarden Euro Gewinn gemacht, auch wegen überhöhter Preise für E-Autos. Der Staat hat sich verschuldet, um die Dividenden der Aktionäre zu erhöhen. VW hat heuer 4,5 Milliarden Euro Dividende ausgeschüttet. Ein Großteil der E-Autoprämien ist an ausländische Unternehmen geflossen, deutsches Steuergeld. VW verlangt für den ID.3 jetzt weniger als 30.000 Euro, der Preis ist mit einem Golf vergleichbar. Die deutschen Autobauer bieten keine E-Auto für Normalverbraucher an, ist deren Entscheidung. Ein Vorschlag zur Güte wäre, dass die Strafzahlungen ausschließlich zur Förderung der E-Mobilität eingesetzt werden. Die EU-Regelung für den Flottenverbrauch ist seit Jahren bekannt. Ford hat in Köln das ganze Werk umgestellt, Opel hat bekanntgegeben, ab 2028 rein elektrisch zu werden. Diese Hersteller würden für ihr beherztes Vorgehen zur Klimaneutralität praktisch bestraft.

    |
    Peter Pfleiderer

    Wer bestraft hier wen? Oder gibt es nach 100.000 Km Fahrleistung rundum zufriedene Kunden mit einem e-Corsa und dem dort verbauten Stellantis E-Antriebsstrang? Der Tesla jenseits der Brandmauer packt diese Laufleistungen sicher, aber dieser Entscheidung stehen in Deutschland ja zunehmend Linksextremisten im Weg. - www.rbb24.de/panorama/beitrag/2024/06/berlin-mitte-tesla-autos-brandstiftung.html

    Walter Koenig

    Wer die staatliche Förderung für den Verkauf seiner Produkte braucht, der hat schlicht etwas falsch gemacht.

    Martin Goller

    "Und die Verantwortlichen in Brüssel sollten die quälende Diskussion beenden, ob das Verbrenner-Aus ab 2035 aufgeweicht werden soll." - die Verantwortlichen für diese Aufweichung sitzen bei uns in den Parteizentralen der Union und FDP, nicht ausschließlich in Brüssel.

    |
    Richard Merk

    >> "die Verantwortlichen für diese Aufweichung sitzen bei uns in den Parteizentralen der Union und FDP, nicht ausschließlich in Brüssel." << Richtig! Insbesondere unser MP Söder will ein Verbrenner-Aus verhindern. Langfristig wird damit die deutsche Autoindustrie noch weiter abgewürgt.,

    Andres Jähnert

    Herr Stahl unterstellt in seinem Kommentar Scholz und Habeck die Nichtbeachtung der Regeln der Marktwirtschaft. Aber war es nicht Habeck, der bereits 2019 in nicht Regierungsverantwortung VW darauf hinwies Probleme zu bekommen, wenn sie bis 2025 keine E-Kleinwagen herstellen? Und war es nicht Söder, der 2020 das Verbrenneraus 2035 voll unterstützte und heuer (wie so oft) auf einmal das Gegenteil fordert? Wer hat denn da mehr Wirtschaftskompetenz? Hat wirklich die Ampel der Autoindustrie den Stecker gezogen mit dem Aus der Subventionen? Oder war es die Opposition, die vor das Gericht zog, um zu verhindern, dass das Corona Sondervermögen in ein Klima Sondervermögen umgewandelt werden konnte? Daraufhin war die Ampel zum Sparen gezwungen und die Subventionen wurden gestrichen. Die Union wird in Kürze selbst nicht umhinkommen, die Schuldenbremse aufzuweichen, für exakt dieselben Zwecke.

    |
    Peter Zimmermann

    Vielen Dank für diese glasklaren Aussagen zu dem was wirklich ablief und eine neue Regierung sich mit exakt den selben Problemen herumschlagen muss deren Lösung sie aus politischem Kalkül torpediert hat. Was am Ende schlicht der Versuch ist Machtverhältnisse zu ändern auf Kosten des Landes.

    Dirk Thum

    Die goldenen Verbrennerjahre sind seit 2017 vorbei, seitdem fällt der Absatz weltweit. Die Politik hat klare Leitplanken aufgesetzt (CO2-Flottenziele). Die konsequente Torpedierung dieser durch die Union und die FDP in Kombination mit dem substanzlosen Gerede von Technologieoffenheit sind deutlich schädlicher als der plötzliche Förderstopp. Ich wage die Prognose, dass alle Autohersteller die Ziele im kommenden Jahr nahezu erreichen werden. So war es auch 2020, als der Untergang der Autoindustrie schon vorhergesagt wurde. Pragmatismus kann helfen, der Vorschlag von Herrn Stahl ist nahezu wortgleich zum Vorschlag vom Herrn Habeck - der ja angeblich inkompetent ist. Eine pauschale Förderung wie früher halte ich für nicht notwendig. Die Flottenziele sollten Motivation genug sein. Ein Socialleasing wie in Frankreich oder Italien für einkommenschwache Haushalte hingegen wäre wünschenswert - allein um die steigenden CO2-Preise für Sprit abzudämpfen für die Leute, die jeden Cent umdrehen.

    Richard Merk

    Zitat Herr Stahl: "Die Klima-Ziele strecken statt die Autobauer auf der Streckbank festzuschnallen". Herr Stahl hat wohl seine Hausaufgaben nicht gemacht. Das weltweite Klimaproblem nimmt leider keine Rücksicht auf unsere armen Autobauer. Jede Verzögerung wird Folgen nach sich ziehen bis hin zu den sogenannten Kipppunkten.

    Peter Pfleiderer

    "Die künftige Regierung muss schnell eine neue Förderung für E-Autos beschließen." - Es nimmt kein Ende; zuerst Kraftwerke abschalten und Strom verknappen/verteuern (Merit-Order), weltweit höchste Ansprüche an die Hauselektrik formulieren (hohe Zusatzkosten) und dann mit hohen Subventionen die gewünschten Strom-Großverbraucher E-Auto und Wärmepumpe dem Volk schmackhaft machen wollen. NEIN dieser nationalistische Weg der Merkel-Grünen ist sicher nicht richtig. Strompreise müssen marktwirtschaftlich durch Angebote sinken, dann werden sich gute Produkte auch ohne Subvention durchsetzen.

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden