BMW-Chef Oliver Zipse musste sich einiges anhören, weil er nicht wie seine Kollegen bei VW, Audi und Mercedes radikal auf Elektroautos gesetzt hat. Inzwischen stellte sich heraus: Er ist doch das Cleverle der Autoindustrie, weil er Käufern gibt, was sie wollen. Die Münchner bleiben flexibel, was die Produktion von Wagen mit Verbrennungs-Motor oder Elektroantrieb betrifft. Auch wenn BMW zuletzt auf dem chinesischen Markt Rückschläge hinnehmen musste, ist das Unternehmen strategisch besser als die Konkurrenten Mercedes und Audi aufgestellt.
Späte Genugtuung für den BMW-Chef
Zipse genießt die späte Genugtuung, wenn er, was als Seitenhieb auf die Wettbewerber zu verstehen ist, frotzelt: „Einem Hype unreflektiert zu folgen, ist noch keine Strategie.“ Dieser Satz sollte vor allem Diess als Ex-Volkswagen-Chef zu denken geben. Er trat bei dem Wolfsburger Konzern die Flucht nach vorn an und wollte die Wunde des Diesel-Skandals als Elektro-Musterschüler heilen. Die Taktik ging nicht auf. Diess-Nachfolger Blume muss ausbaden, was sein Vorgänger ausgeheckt hat. Letzterer hätte schon Anfang dieses Jahres beherzter umsteuern müssen, um den Diess-Irrweg zu verlassen. Doch grundsätzlich hält Blume an der zu radikalen E-Strategie fest, selbst wenn die Kernmarke VW auch dadurch in eine Krise gefahren ist und nur noch eine mickrige Rendite von 2,3 Prozent abwirft.
Bei dem Autobauer brennt die Hütte, die Feuerwehr lässt aber auf sich warten. Die Devise von Blume, jetzt gehe es „um Kosten, Kosten, Kosten“ wirkt fast verzweifelt. Nachdem die Bundesregierung Ende 2023 die E-Auto-Förderung fahrlässig hoppla hopp auslaufen ließ und wiederum wirtschaftliche Inkompetenz bewies, stand die Marke VW massiv unter Druck. Alle Rabatte halfen nichts, das Unternehmen hat ein dickes Problem. Es wäre kein Wunder, wenn Blume, der auch Porsche-Chef ist, dieses Spitzenamt aufgeben muss. Und es dürfte eine Frage der Zeit sein, dass sich ein Grummeln im Mercedes-Konzern über den Vorstandsvorsitzenden Ola Källenius in ein Grollen verwandelt. Auch wenn er den knallharten Elektro-Kurs kassiert hat, bleiben Zweifel an seiner Strategie, aus Mercedes eine Luxus-Marke zu formen. Das Auto mit dem Stern ist keine Hermès-Handtasche. Auch der Mittelstand möchte sich einen Mercedes erarbeiten können.
Neue Krise nach dem Diesel-Betrug
Nach den Zeiten des Diesel-Betrugs steuern Teile der deutschen Autoindustrie auf eine neue Krise zu. Die Probleme sind zum Teil hausgemacht und zum Teil der chaotischen Elektroauto-Politik der Bundesregierung geschuldet. Wenn sich daran nichts ändert, werden die ehrgeizigen Berliner Elektroauto-Ziele verfehlt. Dann fahren 2030 nicht die geplanten 15 Millionen Stromer auf unseren Straßen, sondern – je nach Prognose – nur sieben bis neun Millionen.
Vom Hoffen allein wird Deutschland nicht zum Elektrowagen-Land. Dazu müsste die Anschaffung strombetriebener Autos deutlich mehr steuerlich gefördert und der Kauf von Verbrennern finanziell bestraft werden. Das reicht allerdings nicht für eine erfolgreiche E-Mobilitätswende. Denn mehr als die Hälfte der Deutschen wollen sich nach einer Deloitte-Studie einen Neuwagen kaufen, der weniger als 30.000 Euro kostet. Hier bieten deutsche Hersteller, allen voran VW, zu wenig an. Chinesische Rivalen wie MG sind in die Lücke gestoßen. Sie mit Strafzöllen zu belegen, ersetzt nicht eine bessere Modell-Politik. Statt immer schwerere und absurdere E-SUVs zu bauen, sind kompakte Elektroautos für jedermann sinnvoll.
Die Elektrosackgasse sieht so aus, dass ein Kilogramm Benzin, ca. hundert (!) mal so viel Energie liefert, wie ein Kilogramm Akku. Wenn über 90% aller Fahrten Kurzstrecken sind, macht es weder ökonomisch noch ökologisch Sinn, dass alleine der Akku eine halbe Tonne wiegt. Wahrscheinlich würden im Alltag 50km Reichweite oder ca. 70kg Akku vollkommen genügen. Die deutsche Autoindustrie sollte aus ihrem Tiefschlaf erwachen und beweisen, dass sie mit der gewohnten Ingenieurskunst die wirtschaftlichsten seriellen Hybride der Welt bauen kann.
Viel Spaß im chinesischen Elektroauto dann 😉
>>Die Elektrosackgasse sieht so aus, dass ein Kilogramm Benzin, ca. hundert (!) mal so viel Energie liefert, wie ein Kilogramm Akku.<< Ich komme auf niedrigere Zahlen. Beispielrechnung: Wie schwer muss die Batterie sein, um 400 km zu fahren? Bei einem Verbrauch von 16 kWh/100 km braucht es 64 kWh. Bei einer Energiedichte von 150 Wh/kg erfordert dies 427 kg Batterie. Zum Vergleich Ein Benziner mit 7,5 l/100 km braucht für 400 km 30 l. Diese 30 l wiegen (750 g/l) 22.5 kg. Faktor 19 Auch wird der Motor in einem E-Auto etwas weniger wiegen. Und ein schweres Getriebe entfällt. Voraussichtlich steigt die Energiedichte bei den Batterien weiter. E-Autos sind insbesondere dann besser, wenn man nicht "dicke Autos" baut sondern vernünftige!
Zugegeben, ich sprach von Netto- Energiegehalt (Benzin 12,0 kWh/kg, Litium Akku maximal 0,18 kWh/kg). Das Problem ist nicht die Reichweite, sondern die Dauer des Tankvorgangs. Nicht jeder kann sein Fahrzeug vor dem eigenen Haus über Nacht laden. Nun gut, der chinesische Hersteller CATL stellte einen Akku vor, der ohne Schaden zu nehmen, in 10 Minuten geladen wird. Wenn eine Elektrozapsäule die maximalen 300kW Leistung anbietet, könnte man theoretisch ca. 25km Reichweite pro Minute tanken. Aber angenommen, alle wollen elektrisch fahren, geben die Stromnetze überhaupt diese Leistung her? Deshalb die Diskussion um einen seriellen Hybrid als Übergangslösung.
Herr Rainer, gut lösbar. >>Das Problem ist nicht die Reichweite, sondern die Dauer des Tankvorgangs.<< Wenn alle, die in der Garage laden können, als nächstes ein E-Auto kauften, stieg die E-Quote rasant. Denn laut destatis hatten 2008 bereits 77 % der privaten Haushalte eine Garage oder einen Stellplatz. Die meisten hiervon wird man mit einer Wallbox etc. ausrüsten können. Wenn auch noch immer mehr Firmen ihre Parkplätze für die Mitarbeiter und die Kunden nachrüsten, wird es Millionen von Ladeplätzen geben, wo mit etwa 20 kWh/h geladen werden kann. Hinzu kommen tausende öffentliche Ladestellen mit Schnellladern. Dagegen macht natürlich die Mineralölindustrie Stimmung. Natürlich muss das Laden vom Verteilnetzbetreiber gesteuert werden können, um die Verteilnetze zu schonen. Dagegen hat bezeichnenderweise die Automobilindustrie lobbyiert.
Die heraufziehende deutsche Autokrise mit einbrechenden Gewinnen und Entlassungen haben die deutschen Unternehmen selber verschuldet. Sie haben keine preiswerten Alltags-E-Autos entwickelt. Seit Jahren halten wir Ausschau nach einem E-Nachfolger für unseren Ford-Focus-Kombi. Aber es gibt nur von Opel den E-Astra-Kombi und der kostet fast 45.000 €. Die deutsche Autoindustrie hat zur Ablenkung eine Diskussion über angeblich mangelnde Ladeplätze befeuert. Auch hat sie die Autokunden mit Diskussionen über Brandgefahren, mangelnde Reichweite, E-Fuels usw. verunsichert. Übrigens: Subventionen für Autos sind grundsätzlich falsch. Auch für E-Autos und natürlich das „Dienstwagenprivileg“ mit dem der Absatz großer Oberklasseautos gefördert wird.
Im Juli war die Hälfte der neuen Autos in China E-Autos. In Deutschland nur 19 %. https://www.spiegel.de/auto/china-elektroautos-im-juli-2024-erstmals-mehrheit-der-neuwagen-a-82301ec8-7162-4522-84aa-aee9f4afd368 Bald werden in den Räumen Ingolstadt, Dingolfingen, Wolfsburg die Immobilienpreise sinken. AFDler, FWler usw. werden dann schreien, die Bundesregierung sei schuld. Und viele Dumme werden das Nachplappern. Raimund Kamm
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