Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Ladenschluss in Bayern: Warum die Supermärkte im Freistaat länger öffnen sollten

Kommentar

Lasst die Supermärkte länger offen

Michael Kerler
    • |
    • |
    Einkaufen nach 20 Uhr? In Bayern weiterhin Fehlanzeige. Die Staatsregierung hält an der bisherigen Grenze fest. Hier hätte es im Lebensmittel- und Getränkehandel etwas mehr Mut gebraucht, meint unser Autor.
    Einkaufen nach 20 Uhr? In Bayern weiterhin Fehlanzeige. Die Staatsregierung hält an der bisherigen Grenze fest. Hier hätte es im Lebensmittel- und Getränkehandel etwas mehr Mut gebraucht, meint unser Autor. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Lange wurde darum gerungen, doch das Ergebnis wirkt seltsam mutlos. Bayern bekommt ein eigenes Ladenschlussgesetz. Der Freistaat war das einzige Bundesland, in dem noch das alte Bundesladenschlussgesetz aus dem Jahr 1956 galt. Alle anderen Länder haben eigene Regeln erlassen. Nun hat sich die Koalition aus CSU und Freien Wählern auf Eckpunkte geeinigt. Doch was wie eine Revolution klingt, ist nicht einmal ein Revolutiönchen.

    Im Kern bleibt nämlich das meiste beim alten. Die Geschäfte können auch weiterhin von 6 bis 20 Uhr öffnen, möglich sind künftig bis zu acht lange Einkaufsnächte. Allein digitale Kleinstsupermärkte sollen rund um die Uhr offen bleiben können. In diesen ist dann kein Personal anwesend.

    Andere Bundesländer sind liberaler: In Rheinland-Pfalz und Sachsen können alle Läden bis 22 Uhr geöffnet werden, in zwölf Bundesländern sogar rund um die Uhr, darunter auch in Baden-Württemberg. Hier kommt es deshalb abends zu einem regen Grenzverkehr.

    Der große Konsens im Freistaat zum Ladenschluss um 20 Uhr erstaunt

    Sicher, es gibt einige Gründe, die Ladenöffnungszeiten nicht zu weit auszudehnen. Ein Grund ist der Schutz der Beschäftigten, die nicht ohne Not rund um die Uhr arbeiten sollen. Dazu kommt, dass längere Öffnungszeiten nicht unbedingt den Handel beleben, schließlich können die Bürgerinnen und Bürger jeden Euro nur einmal ausgeben. Und schließlich stellen längere Öffnungszeiten Kosten für die Geschäfte dar, wenn zusätzliche Schichten eingeführt werden müssen. Ob sich in Zeiten des Fachkräftemangels genügend Personal für den Abend findet, kommt verschärfend hinzu.

    Dies alles führt zu einem seltenen Effekt. Ein Gesetz, das praktisch kaum etwas bewegt, stößt auf breiteste Zustimmung. In der Opposition ist die bayerische SPD seit langem gegen längere Öffnungszeiten, weil sie die Beschäftigten schützen will und befürchtet, dass kleinere Geschäfte überfordert werden. Die Grünen zeigen sich mit dem Entwurf zufrieden und kritisieren allenfalls die Bürokratie, wenn Einzelhändler ihre langen Verkaufsabende anmelden müssen. Selbst der Handelsverband zeigte sich im Großen und Ganzen mit der Lösung zufrieden. Und die FDP, die sich einst für eine Öffnung von 0 bis 24 Uhr ausspracht, ist im Landtag nicht mehr vertreten.

    Bayern war in Deutschland häufig Avantgarde. Der Freistaat gönnte sich das strengste Rauchverbot oder setzte sich die strengsten Klimaziele. Zusammen mit dem Saarland hat man jetzt weiterhin die strengsten Ladenschlusszeiten. Was also kritisieren, wenn alle zufrieden sind?

    Statt abends an die Tankstelle zu fahren, wäre der Einkauf im Supermarkt bis 21 Uhr für Verbraucher besser

    Trotz des Konsenses wird der Druck steigen, die Ladenöffnungszeiten auszuweiten. Die Ausweitung von 18.30 Uhr auf 20 Uhr war in den 90er Jahren für tausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Segen, die nach Dienstschluss noch in die Supermärkte gehen konnten. Eine Öffnung bis 21 Uhr oder 22 Uhr würde zahlreichen Bürgern auch heute sicher entgegenkommen. Dies gilt insbesondere in den Städten, in denen auch abends häufig noch viel Leben in den Straßen herrscht. Und dies gilt vor allem für den Bereich der Lebensmittel und Getränke.

    Wer heute abends noch kleine Besorgungen macht, fährt in Bayern stattdessen an die Tankstelle, die teilweise zu einem kleinen Supermarkt mit hohen Preisen geworden ist. Im Sinne der Verbraucher ist das nicht, zudem stellt sich die Frage, welche Marktverschiebungen sich ergeben, wenn digitale Märkte rund um die Uhr öffnen, ein klassischer Stadtteilsupermarkt aber nicht. Bayern hätte ein Stamperl mehr Mut bei der Liberalisierung der Öffnungszeiten gutgetan.

    Diskutieren Sie mit
    5 Kommentare
    Maria Gutmeyr

    Zuerst - für mich ist es nicht notwendig, ich kaufe nicht einmal kurz vor 20 Uhr ein. Trotzdem denke ich, dass die Märkte dies durchaus so regeln, wie es für diese noch rentabel ist. Aber für viele würde sich das positiv auswirken, da sie aus welchen Gründen auch immer entspannter ihre Einkäufe erledigen könnten. Es ist ja üblich dass in vielen Bereichen Nachts, Sonn- und Feiertage gearbeitet wird. Sicher muss Feuerwehr, Polizei, Pflegepersonal auch rund um die Uhr einsatzbereit sein. Aber tanken kann ich auch am Samstag, wenn ich am Sonntag einen Ausflug plane. Eigentlich dient doch alles nur dem Freizeitvergnügen der "normal arbeitenden Bevölkerung", Essen gehen, Kino, Theater und diese Liste liese sich unendlich fortsetzen wo Menschen arbeiten ohne das dies überlebensnotwendig ist. Statt fernsehen kann man Spiele machen, ein Buch lesen usw. Darauf will aber niemand verzichten und das wird als selbstverständlich angesehen dass hier auch Väter und Mütter arbeiten.

    Brunhilde Koch

    Die Verlängerten Öffnungszeiten führen nur zu einer Verlagerung oder Dehnung der Einkaufszeiten der Kunden, aber nicht zu mehr Umsatz. Die Menschen, die im Schichtdienst und/oder auch am Wochenende arbeiten müssen, haben dafür anderweitig frei und können dort ihre Einkäufe erledigen. Tankstellen werden für spontane Gelüste oder vergessene Produkte genutzt, ersetzen aber keinen Wocheneinkauf. Bei einem meiner regelmäßigen Besuche in Berlin Charlottenburg war ich mal spät einkaufen, einfach, weil lange geöffnet war.. ich fand es benahe gruselig. Wenig Kunden und dann noch Security am Eingang. Einmal und nie wieder.

    Franz Xanter

    Was immer noch nicht in die Köpfe vorgedrungen ist, was gibt es hier für den Gesetzgeber großartig zu regeln? Evtl. der Sonntag, aber ansonsten kann und ist es doch Sache der Anbieter, wie und wann sie ihr Geschäft öffnen. Der Markt wird dies regeln; denn wenn es sich nicht lohnt, so wird man auch nicht öffnen - länger öffnen bzw. seine Einkaufszeiten verlagern. Aber wie schon gesagt, scheinbar muss in DEU so ziemlich alles perfekt geregelt sein, sonst könnte deutscher Michel ja verloren sein. Ein Blick über die Staatsgrenzen lohnt sich immer!

    Martin Goller

    Ich fordere eine konsequente Durchsetzung dieser Regeln zum Schutz der Allgemeinheit und der Beschäftigten in allen Bereichen: Schichtdienst in der Autoindustrie abschaffen, kein Mensch sollte nachts Autos zusammenschrauben müssen. Tankstellen sollen bis zu einem Stichtag ihre Tanksäulen auf Kartenzahlung umstellen oder anderweitig ihre Produkte nach 20 Uhr nicht verkaufen dürfen. Im Urlaub in Schleswig-Holstein dürfen die Geschäfte rund um die Uhr auf haben und was ist los: Schlusszeiten zwischen 20:30 und 22 Uhr bei den meisten "Großen" und in innerstädtischen und touristischen Lagen haben die inhaber- und familiengeführten Läden noch länger auf, je nachdem wie es sich lohnt. Und da geht die Welt auch nicht unter...

    Arnulf Grund

    Die Erweiterung der Öffnungszeiten mag für Tausende ein Segen gewesen sein nur nicht für Abertausende die von 6,00 Uhr bis 20,00 Uhr arbeiten müssen .Wer es nicht schafft bis 20,00 Uhr einkaufen zu können macht was verkehrt was dann wiederum zigtausende Verkäuferinnen ausbaden müssen.

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden