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Augsburg: Dieser Betrieb hat die Vier-Tage-Woche eingeführt

Augsburg

Dieser Betrieb hat die Vier-Tage-Woche eingeführt

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    Sabrina Mayer-Mai (links) und ihre Schwester Julia Mayer von MBM Innovations.
    Sabrina Mayer-Mai (links) und ihre Schwester Julia Mayer von MBM Innovations. Foto: Ingo Dumreicher/MBM Innovations

    Es klingt für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verlockend: vier Tage arbeiten, drei Tage frei. Tatsächlich sind solche neuen Arbeitszeitmodelle ein Thema in vielen Betrieben. Doch wenn es dann konkret wird, verlässt viele der Mut. Schließlich ist so eine Umstellung nicht ganz einfach. Die Mitarbeiter müssen mitziehen wollen und auch können, Kunden und Geschäftspartnern sollen keine Nachteile entstehen und schließlich muss ganz einfach auch der Betrieb zuverlässig weiterlaufen.

    Der Maschinenbauer MBM Innovations in Augsburg hat den Schritt nun trotz der allgemeinen Krisenlage gewagt – oder eher gerade deswegen. Sabrina Mayer-Mai, als Prokuristin nun in dritter Generation in Verantwortung in dem Familienbetrieb, erklärt die Motivation so: "Wir beschäftigen uns schon länger mit den Konzepten einer Vier-Tage-Woche. Wegen der hohen Energiepreise haben uns jetzt entschieden, das bei uns im Betrieb einfach auszuprobieren."

    Im Notfall ist die Augsburger Firma trotz Vier-Tage-Woche immer erreichbar

    Konkret heißt das in dem Betrieb, der rund ein Dutzend Beschäftigte hat, dass die Produktionsmitarbeiter seit Anfang Oktober von Montag bis Freitag zwischen 6.30 und 17 Uhr arbeiten. Im Büro beginnt der Tag etwas später, dauert dafür aber länger. Der Freitag ist für alle frei. Etwas weniger gearbeitet wird insgesamt auch. Statt 40 Stunden hat die Woche für die Mitarbeiter nun nur noch 39 Arbeitsstunden – bei vollem Gehalt. Eine Notfall-Telefonnummer ist für Kunden aber auch am Freitag erreichbar.

    "Unsere Kunden stammen meist aus der Lebensmittelindustrie. Da mussten wir bereits jetzt immer erreichbar sein, auch wenn wir bislang schon Freitagmittag Betriebsschluss hatten", sagt Mayer-Mai. Kernprodukt von MBM Innovations sind Vakuumiermaschinen, die vor allem in Molkereien oder fleischverarbeitenden Betrieben zum Einsatz kommen. Endkunden ist die Firma kein Begriff, sie genießt aber in der Branche einen guten Ruf. Gut drei Viertel des Geschäfts werden im Ausland gemacht, sagt Mayer-Mai, vor allem in Europa und Südamerika.

    Ein Tag weniger arbeiten spart in der Energiekrise Strom im Betrieb

    "Anders als große Anbieter aus der Industrie können wir ganz auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen und Sonderwünsche erfüllen", erklärt Mayer-Mai. Die 31-Jährige ist schon seit neun Jahren in dem Unternehmen aktiv, das ihr Großvater gegründet hat. Auch ihre Schwester ist als Maschinenbauingenieurin im Familienbetrieb tätig, den der Vater als Geschäftsführer leitet. "Mit jeder Generation kommen neue Ideen in ein Unternehmen", sagt Mayer-Mai. "Aber auch mein Vater ist sehr angetan von dem neuen Arbeitszeitmodell."

    Bis Februar soll die neue Arbeitsweise nun erst einmal in der Praxis erprobt werden. Neundreiviertel Stunden reine Arbeitszeit pro Tag sind schließlich lang und können auf Dauer auch zur Belastung werden. Deswegen ist eine offene Feedback-Runde mit den Mitarbeitern geplant. Wenn sich das Modell bewährt, stehen die Chancen gut, dass es dabei bleibt. "Wir haben vor der Einführung ausführlich mit unseren Beschäftigten gesprochen und abgefragt, welche Meinungen es gibt", erklärt die Prokuristin. Ergebnis: Nach kurzer Bedenkzeit waren alle einverstanden. Wenn es auf Dauer trägt, haben alle Beteiligten etwas davon. Der Betrieb hofft auf spürbare Einsparungen bei den Energiekosten. "Wir müssen einen Tag weniger heizen und auch unsere großen Maschinen werden einen Tag weniger hochgefahren", fasst Mayer-Mai die Hoffnungen zusammen.

    Die Vier-Tage-Woche: Ein Argument, neue Bewerber anzusprechen

    Die Beschäftigten sparten sich ganz direkt zum Beispiel den Sprit für die Fahrt zur Arbeitsstelle. Vor allem aber sei ein kompletter freier Tag den meisten deutlich lieber als ein freier Nachmittag, wie es bislang am Freitag war. "Unsere Belegschaft hat eine sehr gemischte Altersstruktur. Aber allen war diese Lösung lieber", versichert Mayer-Mai. Private Termine, Arztbesucher oder sonstige Erledigungen ließen sich so einfacher in den Alltag integrieren. Aber sie sagt auch: "Unser Modell ist sicher keine Blaupause. Jeder Betrieb muss für sich schauen, ob eine Vier-Tage-Woche zum Unternehmen passt. Persönlich bin ich eher der Typ, der etwas einfach mal versucht."

    Ein weiterer positiver Nebeneffekt könnte sich mittelfristig zudem für das Unternehmen ergeben. "Der Fachkräftemangel ist auch für uns ein Problem", sagt Mayer-Mai. Möglicherweise ließen sich neue Bewerber auch mit dem Verweis auf die Vier-Tage-Woche gewinnen. "Unsere Motivation dafür war das aber nicht. Wir wollten vor allem etwas für unsere sehr treuen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen tun", betont Mayer-Mai.

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