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Verteidigung: Augsburger Getriebehersteller Renk wartet auf Leopard-2-Bestellungen

Verteidigung

Augsburger Getriebehersteller Renk wartet auf Leopard-2-Bestellungen

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    Die Firma Renk in Augsburg baut auch Getriebe für die Panzer Puma und Leopard 2.
    Die Firma Renk in Augsburg baut auch Getriebe für die Panzer Puma und Leopard 2. Foto: Ulrich Wagner

    Ungefähr 22.000 Einzelteile, von der einzelnen Spezialschraube bis zum Gehäuseblock aus gefrästem Aluminium – das Getriebe eines Leopard-2-Panzers ist ein Wunderwerk der Mechanik. Das Bauteil ist, wenn man so will, das Herzstück des Panzers, von dem nun das ganze Land spricht. Es sorgt nicht nur für die Übertragung der gewaltigen Motorkraft auf den Untergrund. Die bis zu 70 Tonnen schweren und fast 70 Kilometer pro Stunde schnellen Kampfmaschinen werden über das

    Seit 2021 ist Susanne Wiegand Chefin von Renk. Wer mit ihr durch die Produktion unweit der Augsburger Innenstadt geht, sieht sie in den jüngst erweiterten Hallen hier freundlich grüßen, dort ein kurzes Wort wechseln und auch mal eine Schulter klopfen. Im Drei-Schichtbetrieb werden hier neue Getriebe für Kettenfahrzeuge gefertigt, aber auch alte Getriebe gewartet und überholt. Wiegand will zeigen, wofür sich bislang nur wenige interessiert haben. Renk, diese "Perle der deutschen Industrie", so Wiegand, soll wieder glänzen. Dafür hat Triton, die Beteiligungsgesellschaft, zu der Renk seit dem Jahr 2020 gehört, die zupackende 50-Jährige engagiert und enorm viel in das Unternehmen investiert. Dass der Krieg in der Ukraine nun auch das Geschäft von Renk beflügeln dürfte, darauf hätte Wiegand gerne verzichtet. Viel wichtiger ist ihr etwas Grundlegendes. 

    Renk-Chefin Susanne Wiegand hat klare Vorstellungen

    "Im Moment ist scheinbar jeder Panzerexperte. Dabei hat man in der Vergangenheit die deutsche Rüstungsindustrie eher totgeschwiegen", sagt Wiegand. Der russische Überfall auf das Nachbarland hat auch in Deutschland Gewissheiten verrückt. "Wir brauchen eine Normalisierung im Verhältnis der Deutschen zu ihrer Bundesverband der Industrie die Rüstungsindustrie vertritt. Klar in der Analyse und deutlich in der Ansage – wer Wiegand zuhört, zweifelt nicht daran, dass sie eine genaue Vorstellung davon hat, wie die Zeitenwende konkret werden könnte. Nur waren die Zuhörer aus der Bundespolitik zuletzt offenbar eher rar gesät.

    Renk-Chefin Susanne Wiegand fordert eine Beschleunigung im Beschaffungswesen der Bundeswehr.
    Renk-Chefin Susanne Wiegand fordert eine Beschleunigung im Beschaffungswesen der Bundeswehr. Foto: Ulrich Wagner

    Renk ist mit seinen aktuell rund 3300 Beschäftigten nicht nur ein Panzergetriebebauer, sondern viel breiter aufgestellt. In der Vergangenheit waren die Geschäfte mit der Wehrtechnik, zu der etwa auch die in Augsburg gefertigten Schiffsgetriebe zählen, und den Produkten für zivile Anwendungen in der Industrie in etwa gleich bedeutend für das Unternehmen. Erst seit der Finanzinvestor Triton einen Großteil der Renk-Anteile von Volkswagen übernommen hat und sich in der Folge auch den Rest des Unternehmens einverleiben konnte, hat sich das Blatt gewendet. Laut Wiegand steht die Wehrtechnik mittlerweile für rund drei Viertel des Umsatzes von zuletzt über 850 Millionen Euro. 

    Renk baut nicht nur Getriebe für den Leopard 2

    Die neue Gewichtung erklärt sich auch mit dem Kauf zweier Unternehmen in den USA und in Deutschland 2021 sowie ganz aktuell der Übernahme des kanadischen Unternehmens General Kinetics, einem Spezialisten für Federungssysteme in Militärfahrzeugen. Die deutsche Rüstungsindustrie ist traditionell stark auf den Export orientiert. 90 Prozent der Produkte gehen in Partnerländer Deutschlands in der EU und der Nato oder ihnen gleichgestellte Nationen. Vor Ort zu fertigen ist da oft eine Grundbedingung. 

    Renk-Technik ist auch in französischen, britischen, amerikanischen oder sogar jenen südkoreanischen Panzern verbaut, die Polen zur Modernisierung seiner Armee bestellen will. Doch seit fast einem Jahr ist nun in Deutschland die Zeitenwende ausgerufen. Und im ganzen Land stellt man sich die Frage, warum nicht zumindest der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius jetzt auch die Waffen und Munition bestellt, die der Bundeswehr doch offensichtlich fehlen? Oder zumindest Ersatz für die Dinge beschafft, die längst an die Ukraine geliefert wurden, etwa die Panzerhaubitzen?

    Die Firma Renk in Augsburg hat zuletzt stark erweitert.
    Die Firma Renk in Augsburg hat zuletzt stark erweitert. Foto: Ulrich Wagner

    "Diese Frage stellen wir uns als deutsche Industrie auch", sagt Wiegand dazu. Und weiter: "Bis heute ist der Bestelleingang bei der deutschen Industrie aus dem Sondervermögen verschwindend gering. Das deutsche Beschaffungswesen hat in Friedenszeiten die Mangelverwaltung perfektioniert." Jetzt den Schalter umzulegen, sei nicht so einfach, dafür habe sie Verständnis. Sie sagt aber auch: "Irgendwann frage ich mich schon: Deutschland, was muss eigentlich noch passieren?"

    Die Rüstungsindustrie ist oft kein attraktiver Kunde

    Wiegand geht es um Planungssicherheit. "Wir sind von Zulieferungen abhängig, das heißt, wir müssen als Renk vorausschauend planen können, damit wir unsere Produkte im überschaubaren Zeitrahmen liefern können", sagt sie. Hinzu komme: Die Rüstungsindustrie sei oft aufgrund der geringen Stückzahlen kein besonders attraktiver Kunde. "Wenn wir ein bestimmtes Teil bei einem großen Zulieferbetrieb vielleicht 50 Mal bestellen, oft auch noch in einer speziellen Ausführung, verkauft der Zulieferer dasselbe Teil zur gleichen Zeit eine Million Mal an die Autoindustrie", erklärt Wiegand. 

    Dennoch sei Renk lieferfähig, bekräftigt Wiegand. Sie sei in Vorleistung gegangen und habe in Teile mit langer Lieferfrist investiert und diese vorbestellt. Renk könne die Produktion von Getrieben zum Beispiel für den Leopard 2 sofort hochfahren. Aber die Bestellungen für die Bundeswehr müssten auch kommen, denn andere Nato-Partner oder auch Schweden planten auch Neubeschaffungen. "Hier entsteht dann irgendwann Konkurrenz, die wir ja gar nicht wollen", sagt Wiegand. Mit anderen Worten: Irgendwann muss die Bundeswehr sich sonst vielleicht hinten anstellen. 

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    Was die Beschaffung beschleunigen könnte, wäre ihrer Meinung nach weniger Regulierungswut und mehr Pragmatismus: "Warum muss eine Schwangere im Puma sitzen können? Oder warum muss der Puma die Arbeitsstättenbeleuchtungsverordnung einhalten?" - über solche Regeln kann Wiegand nur den Kopf schütteln. Die bislang beschlossenen 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr reichen nach Wiegands Meinung nicht aus, um die über Jahrzehnte angewachsene Mängelliste abzuarbeiten. Doch bislang gelinge es dem Land nicht, dieses Geld auszugeben. Selbst die Zielvorgabe von zwei Prozent des Budgets für die Verteidigung auszugeben, habe man bislang nicht erreicht. "Es muss deutlich nachgebessert werden, um den politischen Willen umzusetzen", sagt Wiegand.

    Positiv nehme sie wahr, dass die Berührungsängste in der Politik gewichen seien. Das sei auch nötig: "Wir müssen sehen, dass wir als Industrie,

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