Wenn das arg strapazierte Bild vom Bohren dicker Bretter irgendwo noch eine Berechtigung hat, dann bei der Beschreibung von Rüstungsvorhaben. Insbesondere dann, wenn sie europäisch angelegt sind. Es geht um FCAS, dem Future Combat Air System, das wichtigste Verteidigungsprojekt des Kontinents. In dem werden garantiert keine aufgebohrten Bretter verbaut, aber immerhin ist nun klar, dass die Sache überhaupt weiterkommt. Auch wenn man von der Produktion noch weit entfernt ist.
Wie das Bundesverteidigungsministerium und – in einer ähnlichen Erklärung – der Élyséepalast jedenfalls mitteilten, konnte nach "intensiven Verhandlungen" bei FCAS nun "die industrielle Einigungen zur nächsten Programmphase" erzielt werden. Parallel zu diesen Industrieverhandlungen sei auch "auf höchster Regierungsebene" bekräftigt worden, dass bei dem "unter französischer Gesamtverantwortung stehenden Projekt ein kooperativer Ansatz auf Augenhöhe" verfolgt wird. Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht ließ verlauten: "Die politische Einigung bei FCAS Future Combat Air System ist ein großartiger Schritt und ein – gerade in diesen Zeiten – wichtiges Zeichen der exzellenten deutsch-französisch-spanischen Zusammenarbeit. Sie stärkt Europas militärische Fähigkeiten und sichert wichtiges Know-how für unsere, aber auch für die europäische Industrie."
Dassault und Airbus hatten sich über die Aufgabenverteilung nicht einigen können
Damit geht eine über ein Jahr dauernde Verhandlungsphase zu Ende. Das Projekt hatte zuletzt zwischen Deutschland und Frankreich für Spannung gesorgt. Die an der Entwicklung des neuartigen Kampfflugzeugs beteiligten Unternehmen Dassault und Airbus hatten sich über die Aufgabenverteilung nicht einigen können.
FCAS ist ein viele Milliarden Euro schweres Vorhaben, bei dem nicht nur Deutschland und Frankreich sondern auch Spanien zusammenarbeiten. Das geplante Kampfflugzeug, das von bemannten und unbemannten Drohnen begleitet würde, soll ab 2040 einsatzfähig sein. Es soll in Deutschland den Eurofighter und in Frankreich das Kampfflugzeug Rafale ablösen.
Ein bemanntes Flugzeug, umgeben von einem Drohnenschwarm
Wenn der neue Superflieger in der Luft ist, kann man sich das so vorstellen: Zu sehen ist ein bemanntes Mehrzweckkampfflugzeug, das von einem Drohnenschwarm begleitet wird, sogenannten "remote carriers". Sogar Satelliten kann FCAS steuern. Wichtigstes Element des gesamten Systems ist eine "Air Combat Cloud", die mit Künstlicher Intelligenz sehr viele Daten sehr schnell verarbeiten kann. Ein künftiger Missionskommandeur bekommt dabei alle Informationen in Echtzeit zur Verfügung gestellt.
Wie es mit FCAS vorangeht, betrifft auch die Zukunft der Region, denn es geht dabei auch um die Jobs bei Airbus, Defence and Space in Manching bei Ingolstadt. Der Ingolstädter Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl (CSU), seit Jahren Mitglied im Verteidigungsausschuss, sagte zur deutsch-französischen Einigung: "Es ist gut, dass es bei FCAS nun weitergeht, dass diese Hängepartie ein Ende hat und dass die eigentlichen Arbeiten fortgeführt werden können." Für den regionalen Airbus-Standort sei FCAS wichtig, weil damit neue Entwicklungsaufgaben nach Manching kämen.
Die nun erzielte Einigung erfolgte kurz vor einem Treffen von Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) diesen Donnerstag in Berlin. Beide Länder sind seit der kurzfristigen Absage eines deutsch-französischen Ministerrats Ende Oktober bemüht, bei strittigen Themen wieder zueinanderzufinden. Sprich: etwas dynamischer dicke Bretter zu bohren. (mit dpa)