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Verkehr: Das 9-Euro-Ticket führt zu viel Kritik

Verkehr

Das 9-Euro-Ticket führt zu viel Kritik

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    Die Ausflugsgebiete richten sich auf zahlreiche Besucher ein, die in den kommenden Monaten mit dem 9-Euro-Ticket per Zug anreisen.
    Die Ausflugsgebiete richten sich auf zahlreiche Besucher ein, die in den kommenden Monaten mit dem 9-Euro-Ticket per Zug anreisen. Foto: Ralf Lienert

    Günstiger mit Bus und Bahn von A nach B kommen, nämlich für neun Euro im Monat: Das 9-Euro-Ticket soll am 1. Juni starten und bis Ende August erhältlich sein. Gültig ist es im Nah- und Regionalverkehr in der zweiten Klasse. Doch nicht alle jubeln darüber. Das sind die Knackpunkte:

    Kritik kommt zum Beispiel aus den Reihen der Bundesländer: Diese hatten nach der Länderverkehrsministerkonferenz den Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) deutlich aufgefordert, die Regionalisierungsmittel für den Betrieb des ÖPNV aufzustocken. Die Länder beklagen, das Ticket könnte „als Strohfeuer enden“, wenn der ÖPNV durch fehlende Mittel im weiteren Verlauf des Jahres nicht erweitert und ausgebaut werden könnte. Die Länder hatten zusätzlich für dieses Jahr 1,5 Milliarden Euro gefordert.

    Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU): Zeitlich befristete Ticketpreissenkungen falsches Signal

    Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) äußerte gegenüber unserer Redaktion ähnliche Bedenken: „Zeitlich befristete Ticketpreissenkungen sind das falsche Signal. Wir müssen den ÖPNV dauerhaft und verlässlich mit mehr Mitteln vom Bund ausstatten. So ein Schnellschuss zeigt nur, dass der Bund noch kein konzeptionelles Verständnis für den ÖPNV hat.“ Er bezeichnet das Ticket als „enttäuschende Mogelpackung“ und bemängelt: „Hier wird ganz klar versucht, die Kosten bei Ländern, Kommunen und Verkehrsunternehmen abzuladen. Wenn, wie erwartet, viele Menschen das Ticket nutzen wollen und dafür zusätzliche Züge und Busse bereitgestellt werden müssen, will der Bund das Geld dafür nicht aufbringen. Auch von den eigentlich im Koalitionsvertrag der Ampel vorgesehenen Mittel für den Ausbau des ÖPNV und zur Unterstützung der Verkehrsunternehmen ist nun plötzlich keine Rede mehr.“

    Auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages Helmut Dedy sagte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: „Wir brauchen neue Bahnen und Busse. Der Betrieb, das Personal, jede Tankfüllung und die aktuellen Energiepreise werden steigende Zuschüsse brauchen. Deshalb sorgen wir uns um die Finanzierung.“

    Kritik am 9-Euro-Ticket: Der Effekt könnte verpuffen

    Dedy äußerte sich auch skeptisch dazu, wie überzeugend das 9-Euro-Ticket sei: Zwar arbeiteten Verkehrsunternehmen, Verbünde, Städte und Länder hart daran, für den 1. Juni alles gangbar zu machen. „Wir bezweifeln aber, ob es mit dem 9-Euro-Ticket langfristig gelingt, mehr Menschen für Bus und Bahn zu begeistern. Was passiert nach dem Sommer, wenn die Ticketaktion vorbei ist?“ Auch die Bremer Verkehrssenatorin Maike Schaefer warnte am Donnerstag in Bremen nach Beratungen der Verkehrsminister der Länder sowie des Bundes davor, dass nach dem Auslaufen des Tickets Ende August ohne mehr Geld vom Bund die Tarife erhöht werden müssten.

    Gut gemeint, aber nicht gut gemacht – Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn sagte unserer Redaktion: „Grundsätzlich ist es eine gute Idee, die Menschen, die den öffentlichen Verkehr nutzen, zu entlasten und ihn attraktiver zu machen. Aber wenn man das macht, muss man das auch richtig machen.“ Einmal gehe es um die Pendler: Viele Augsburger, die zum Beispiel nach München pendeln, nutzen den ICE. „Damit fallen sie aus der ganzen Aktion raus. Die kriegen also keinen Cent.“ Ebenso Studenten, die zum Beispiel in Frankfurt studieren und am Wochenende nach Hause zu ihren Eltern nach Augsburg fahren: Die bekämen nichts, weil sie den Fernverkehr nutzten.

    Auf manchen Strecken könnte das 9-Euro-Ticket zu Überfüllung führen

    Ein weiteres Problem: „Wir werden mit Sicherheit auf manchen Rennstrecken eine katastrophale Überfüllung haben. Das sind Strecken, wo es kaum Alternativen gibt und viele Menschen am Wochenende sehr gern hinfahren wollen.“ Zum Beispiel von München nach Garmisch oder von Berlin an die Ostsee. Dafür gäbe es weder die Züge noch das Personal, noch gäben die Strecken die Kapazität her, weil sie zum Teil eingleisig seien. Man müsse damit rechnen, dass Leute zu bestimmten Zeiten zurückbleiben, insbesondere, wenn sie ihre Fahrräder mitnehmen, sagte Naumann unserer Redaktion. Deshalb wäre es durchaus vernünftig, auf bestimmten Strecken und zu bestimmten Uhrzeiten die Fahrradmitnahme auszuschließen.

    Und Alternativen? „Da ist die Messe gesungen“, sagt Naumann. Man hätte zum Beispiel den Pendlern anbieten können, ein oder zwei Monate umsonst zu fahren. Oder ein schon diskutiertes Mobilitätsgeld, das jeder und jede individuell ausgeben kann: Sich damit ein Fahrrad kaufen, mit der Straßenbahn fahren oder einen Flug buchen.

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