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Verbraucherschutz: EU zieht Lehren aus dem Corona-Reisechaos

Verbraucherschutz

EU zieht Lehren aus dem Corona-Reisechaos

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    Eine dänische Regional-Airline soll einem Hund Entschädigung zahlen - wegen eines ausgefallenen Kurzstreckenflugs.
    Eine dänische Regional-Airline soll einem Hund Entschädigung zahlen - wegen eines ausgefallenen Kurzstreckenflugs. Foto: Christophe Gateau, dpa

    Es ist der Albtraum aller Reisenden: Der Zug zum Flughafen ist trotz des eingeplanten Puffers so verspätet, dass der Flieger nach Mallorca, Antalya oder Kreta abhebt, bevor die Passagiere den Airport erreichen. Wer haftet? Wer zahlt den Ersatzflug für die Pauschalreise? Abgesehen vom Ärger liegt der finanzielle Schaden häufig bei den Bürgern. Das will die EU ändern.

    Zugverspätung: Passagiere sollen künftig Anspruch auf Entschädigung haben

    Passagiere, die wegen eines anderen Verkehrsträgers wie der Bahn ihre Flüge verpassen, sollen in Zukunft Anspruch auf eine Entschädigung haben. Doch nicht nur das. „Der Ausbruch der Covid-19-Pandemie hat die Reisebranche in Mitleidenschaft gezogen und alle daran erinnert, wie wichtig es ist, jederzeit starke Verbraucherrechte zu gewährleisten“, sagte der EU-Justizkommissar Didier Reynders am gestrigen Mittwoch in Brüssel bei der Vorstellung der überarbeiteten Regeln, darunter der Pauschalreise-Richtlinie. 

    Mit den Änderungen will die Behörde unter anderem die Lücken in der Gesetzgebung schließen, die die Corona-Krise offenbart hat. Während Covid wurden Pauschalreisen massenhaft storniert, ohne dass neue Buchungen getätigt worden wären. Weil infolgedessen die Veranstalter oft mit Liquiditätsproblemen zu kämpfen hatten, erhielten etliche Reisende ihre Anzahlung für eine stornierte Pauschalreise überhaupt nicht oder erst deutlich später zurück als innerhalb der vorgeschriebenen Frist von 14 Tagen.

    EU will klare Rückerstattungsregeln einführen

    Nun will die EU klarere Rückerstattungsregeln einführen, Beschwerdeformulare standardisieren und den Fluggesellschaften strengere Meldepflichten auferlegen. Durch die Maßnahmen sollen Fluggäste besser über ihre Rechte in verschiedenen Szenarien informiert werden. Steht einer Familie beispielsweise die Unterbringung im Falle von erheblichen Verspätungen oder Annullierungen zu?

    Zudem soll sichergestellt werden, dass die Kunden „bei der Buchung ihrer Fahrscheine bei Vermittlern gleich gut geschützt und betreut werden“, sagte EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean. Der Plan sieht darüber hinaus vor, die besondere Unterstützung für Fahrgäste mit Behinderung zu verstärken und zu gewährleisten, „dass ihr Recht auf ein menschenwürdiges Reisen respektiert wird“. Es sei wichtig, die Gesetze anzupassen, um sicherzustellen, dass die Rechte von Fluggästen „nicht nur klar sind, sondern auch aktiv geschützt werden“, sagte der sozialdemokratische Europaparlamentarier Thomas Rudner. 

    Gutschein oder Pauschalreise

    So sollen Verbraucher bald die Wahl haben, entweder einen Gutschein für eine künftige Pauschalreise zu akzeptieren oder aber darauf zu bestehen, das Geld innerhalb von zwei Wochen erstattet zu bekommen. Bevor die Reisebeschränkungen durch Corona die Bürger zwangen, statt in der Ferne am Strand auf dem heimischen Balkon Sonne zu tanken, unternahmen nach Angaben der Union 65 Prozent der Europäer mindestens eine Urlaubsreise pro Jahr. 

    Doch die Vorgaben in der Gemeinschaft gleichen dem christdemokratischen EU-Parlamentarier Jens Gieseke zufolge einem „Flickenteppich“. Eine einheitliche Erstattung bei Reisen mit verschiedenen Verkehrsträgern wäre deshalb „auf jeden Fall zu begrüßen“, so der CDU-Politiker. Gleichwohl befürchtet er, dass die „gut gemeinten Vorschläge nur schwer umsetzbar sein werden“. 

    CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber: Entwurf kommt enttäuschend spät

    Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber lobte den Entwurf ebenfalls, beklagte jedoch den Zeitpunkt. „Derart spät in der Legislatur mit solchen Vorschlägen um die Ecke zu kommen, bedeutet, dass Fahrgäste und ihre Rechte ganz hinten anstehen in der Rangordnung“, kritisierte er die Kommission mit Blick auf die Europawahlen Anfang Juni 2024. Das sei „nicht nur abenteuerlich, sondern enttäuschend“, da eine Fertigstellung so „auf den Sankt-Nimmerleinstag“ vertagt werde. Dabei sollte Verbraucherschutz „das A und O sein in der EU“, so Ferber.

    Von Seiten der Brüsseler Behörde hieß es gestern, man sei hinsichtlich der nun anstehenden Diskussionen mit den 27 Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament „sehr zuversichtlich“. Die Umsetzung liege bei den EU-Ländern. Doch wenn es möglich wäre, so betonte Kommissar Reynders, den Fahrgästen noch vor dem Sommer nächsten Jahres mehr Rechte zu gewähren, „wäre das sehr gut“.

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