Das Unternehmen Varta befindet sich derzeit in einer wirtschaftlich schwierigen Phase, nun sorgt eine weitere Nachricht für Wirbel. Kurz nach einer Mitteilung, dass das Sanierungsprogramm nicht ausreicht, hat Varta-Chef Markus Hackstein ein privates Aktienpaket verkauft. "Rein rechtlich ist der Verkauf in Ordnung, aber unserer Meinung nach bewegt es sich in einer Grauzone, wenn ein Insider so kurz nach einer marktrelevanten Nachricht Geschäfte tätigt", sagt Bastian Galuschka, Chefredakteur des Finanzportals stock3 aus München, das sich an aktive Anleger richtet.
Was ist passiert? Am 11. April um 20:35 Uhr hatte das Unternehmen eine Pflichtmitteilung versendet, dass die bisherigen Einsparmaßnahmen bei Varta nicht ausreichen, um bis zum Ende des Sanierungszeitraums auf einen profitablen Wachstumskurs zurückzukehren. Kurz danach verkaufte Hackstein ein Aktienpaket aus seinem Besitz. Der Handel lässt sich nachvollziehen. Denn im Gegensatz zu normalen Aktionären müssen bestimmte Kenntnisträger in Unternehmen – darunter Vorstände – ihre Käufe und Verkäufe offenlegen. Die getätigten Orders müssen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gemeldet werden und sind dort auch einsehbar. Insgesamt es geht zwar nur um rund 24.670 Euro, trotzdem wirft der Vorgang bei Experten Fragen aus.
Varta-Aktien rund fünf Minuten nach der Pflichtmitteilung verkauft
Unterlagen der BaFin belegen dieses Eigengeschäft von Führungskräften: Hackstein hat am 11. April zwei Pakete an Aktien verkauft, einmal zum Kurs von 13,89 Euro mit einem Volumen von insgesamt 5556 Euro, dann nochmals zu einem Kurs von 13,80 Euro mit einem Volumen von 19.113 Euro.
Aus dem Handelsbuch der Börse Frankfurt geht hervor, wann diese Geschäfte stattfanden: Das erste Paket hat Hackstein demnach um 20:39 Uhr an der Börse verkauft, das zweite Paket um 20:40 Uhr. Beide Verkäufe gingen also nur wenige Minuten nach dem Zeitpunkt über die Bühne, zu dem die Pflichtmitteilung von Varta an die Öffentlichkeit ging. Es war der zweite und dritte Verkauf von Varta-Aktien an der Börse Frankfurt nach der Ad-hoc-Mitteilung überhaupt, berichtet Galuschka. "Dort hatte zwar die Xetra-Plattform schon geschlossen, an der Börse Frankfurt aber ist der Handel noch bis 22 Uhr möglich."
BaFin: Pflichtmitteilungen und Sperrfristen für Insidergeschäfte
Angesichts des Ablaufs liege die Vermutung nahe, dass der Varta-Chef am Newsticker gesessen habe und genau wusste, wann die Pflichtmitteilung kommen würde: "Wenige Minuten nach der Veröffentlichung drückt er für seinen persönlichen Aktienbestand auf den Verkaufsbutton", schreibt stock3. Für Hackstein sicherlich ein Vorteil: "Schließlich brauchen andere Marktteilnehmer eine gewisse Zeit, Informationen aus einer Pflichtmitteilung zu verarbeiten", sagt Galuschka.
Um fragwürdige Geschäfte zu verhindern, gibt es europaweit strikte Vorschriften. "Wer Insiderkenntnisse für sich oder andere verwendet und daraufhin Wertpapiere kauft oder verkauft beziehungsweise daraufhin schon aufgegebene Aufträge ändert oder storniert, macht sich strafbar", schildert es die BaFin. Um dies zu verhindern, sind Pflichtmitteilungen über wichtige Unternehmensneuigkeiten und Handelssperrfristen für Insider vorgeschrieben. "Denn Informationen, die bereits öffentlich bekannt sind, lassen sich nicht mehr für Insidergeschäfte nutzen", so die BaFin.
Varta bestätigt die Aktienverkäufe
Manager haben das Recht, ihre Aktien zu verkaufen. "Aber wenn ein Vorstandsmitglied Kenntnis über den Zeitpunkt einer so überaus wichtigen und vielleicht auch existenzbedrohenden Meldung hat, dann ist es fraglich, ob es nicht ein Insidervorteil ist, so kurz nach der Meldung auf den Verkaufsknopf zu drücken", sagt stock3-Finanzexperte Sascha Gebhard. "Der Gesetzgeber sollte sich Gedanken machen, ob er nicht die Handelssperrzeiten ausweitet, damit Insider nicht kurz nach der Veröffentlichung von Pflichtmeldungen solche Trades durchführen können", meint Galuschka.
Varta bestätigt die Geschäfte: "Die Fakten sind richtig, die beschriebene Höhe auch", sagte ein Sprecher unserer Redaktion. "Die Verkäufe sind rechtens", betonte er. Es handele sich bei den Verkäufen aber um eine private Entscheidung von Herrn Hackstein, die das Unternehmen nicht kommentiert.
Bei Varta gab es früher einmal Unregelmäßigkeiten bei Insider-Geschäften: Im September 2023 meldete Aufsichtsrat Martin Ohneberg einen Insiderkauf über immerhin gut 160.000 Euro. Später habe die Meldung korrigiert werden müssen. Es habe sich nicht um ein Investment gehandelt, sondern um einen Verkauf, berichtet das Portal.