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USA kurz vor Zahlungsunfähigkeit am 1. Juni: Schuldengrenze erreicht

USA

Amerika pokert am Schuldenabgrund

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    US-Präsident Joe Biden spricht im Rosengarten des Weißen Hauses über die National Small Business Week.
    US-Präsident Joe Biden spricht im Rosengarten des Weißen Hauses über die National Small Business Week. Foto: Carolyn Kaster, dpa

    Eigentlich wollte Joe Biden am Montag im Rose Garden vor geladenen Gästen die Erfolge seiner Wirtschaftspolitik anpreisen. Doch zu Beginn der Veranstaltung lag dem Präsidenten etwas anders auf dem Herzen. "In mehr als 200 Jahren hat es Amerika niemals versäumt, seine Kredite zu bedienen", betonte er: "Niemals!". Es klang entschlossen und kämpferisch. 

    Da wusste Biden wohl schon, dass die Einhaltung des Versprechens noch schwieriger als erwartet wird. Ein paar Stunden später nämlich verkündete seine Finanzministerin Janet Yellen, dass der weltgrößten Volkswirtschaft bereits in vier Wochen das Geld auszugehen droht. Weil die USA ihre Schuldengrenze von 31,4 Billionen Dollar erreicht haben, können sie sich kein frisches Geld mehr leihen. Schon am 1. Juni – und damit drei Monate früher als bislang von Experten vorhergesagt – drohe dem Land ein möglicher Zahlungsausfall, schlug Yellen Alarm. Sie mahnte: "Es ist unumgänglich, dass der Kongress so schnell wie möglich handelt, um die Schuldengrenze anzuheben oder auszusetzen."

    Drohende Zahlungsunfähigkeit: US-Präsident Joe Biden steht unter Druck

    Unter Druck aber steht auch Biden. Ein beispielloser Zahlungsausfall der Vereinigten Staaten hätte desaströse Folgen für die heimische Wirtschaft und dürfte eine globale Finanzkrise auslösen. In der Vergangenheit ist ein solcher Crash nach rituellen Schaukämpfen dutzende Male durch die Anhebung der Schuldengrenze abgewendet worden. Doch mit dem Erstarken der ultrarechten Trump-Republikaner, die im Repräsentantenhaus das Sagen haben und kein Interesse an politischen Kompromissen zeigen, haben sich die Gewichte in dem riskanten Mega-Polit-Poker dramatisch verschoben. Washington, urteilte der renommierte Newsletter "Punchbowl News" am Dienstag, befinde sich "in einer ausgewachsenen politischen Krise". 

    Tatsächlich musste Biden schon ein bisschen beidrehen. Seit drei Monaten hat er sich nicht mit dem neuen republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, getroffen. Verhandlungen über eine Anhebung der Schuldengrenze in einem Koppelgeschäft mit den von Republikanern geforderten Ausgabenkürzungen lehnte er stets ab. Der Kongress, so seine Forderung, solle den Kredit-Deckel ohne Bedingungen lüften. "Der extreme MAGA-Plan ("Make America Great Again") würde die entscheidenden Mittel für Bildung und öffentliche Sicherheit beschneiden (...) sowie Millionen arbeitenden Familien ihre Krankenversicherung und Lebensmittelhilfen nehmen", warnte Biden im Rose Garden. Diese "verantwortungslose politische Geiselnahme" werde er nicht mitmachen.

    Schuldengrenze erreicht: Die Republikaner müssen Joe Biden helfen

    Wenig später aber lud er McCarthy und die Fraktionschefs von Senat und Repräsentantenhaus für den kommenden Dienstag zu einem Gespräch ins Weiße Haus. McCarthy, der sich augenblicklich auf einer Israel-Reise befindet, sagte nach amerikanischen Medienberichten zu. 

    Doch die Fronten sind extrem verhärtet. Gerade hat das Repräsentantenhaus mit republikanischer Mehrheit ein Gesetz beschlossen, das die Schuldengrenze anheben, im Gegenzug aber Sozialausgaben kürzen und Bidens Klima-Subventionen streichen würde. Der Präsident hat schon sein Veto angekündigt. Umgekehrt würden die Demokraten im Senat gerne eine bedingungslose Anhebung der Schuldengrenze beschließen. Doch dafür bräuchten sie 60 der 100 Stimmen. Sie verfügen aber selbst auf dem Papier nur über 51 Mandate. De facto wurde die demente 89-jährige kalifornische Senatorin Dianne Feinstein seit Wochen nicht im Kapitol gesehen, und eine Zustimmung des um seine Wiederwahl bangenden Senators von West Virginia, Joe Manchin, erscheint höchst fraglich.

    Joe Bidens Versprechen klingt wie eine Beschwörung

    Auch im Repräsentantenhaus müssten die Demokraten zudem mehrere Republikaner auf ihre Seite ziehen, wofür es keinerlei Anzeichen gibt. Auch McCarthys Verhandlungsspielraum ist extrem eng. Die Trump-Republikaner hatten ihn 14 Wahlgänge lang zappeln lassen, bevor sie ihm ins Amt verhalfen. Ohne die beschlossenen Ausgabenkürzungen drohen sie ihm nun im Schulden-Streit die Gefolgschaft zu verweigern. Um einen katastrophalen Zahlungsausfall abzuwenden, bleiben dem Kongress jetzt gerade noch zwölf Sitzungstage. Vor diesem Hintergrund klang Bidens Versprechen aus dem Rose Garden wie eine Beschwörung: "Wir bezahlen unsere Rechnungen."

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