Für Wunder ist die EU nicht unbedingt bekannt. So durfte auch die Aussage des Europaabgeordneten Jens Gieseke von Anfang vergangenen Jahres verstanden werden. Damals sagte der Christdemokrat, es bräuchte ein Wunder, um das Aus des Verbrenner-Motors noch zu stoppen. Mehrfach war das Ziel in der Union abgesegnet worden, wonach ab 2035 nur noch Autos und kleine Transporter zugelassen werden dürfen, die im Betrieb keine Treibhausgase ausstoßen. Trotzdem verschwand das Streitthema nicht vom Tisch – im Gegenteil.
Europas Konservative fordern nun eine Umkehr und wollen das Ende des Verbrennungsmotors rückgängig machen. Ein entsprechendes Positionspapier hat die christdemokratische Europäische Volkspartei (EVP) am Mittwoch beschlossen. „Alles auf eine Karte zu setzen, halten wir für falsch“, sagte Gieseke, der das sechsseitige Dokument im Auftrag von EVP-Chef Manfred Weber erarbeitete. Man brauche „alle Technologien – auch solche, die derzeit möglicherweise noch gar nicht entwickelt sind“.
Konservative wollen Offenheit für E-Fuels
Die Konservativen präsentieren sich als Anwalt der angeschlagenen Automobilindustrie und verlangen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Überarbeitung der Regeln sowie eine Anerkennung von sogenannten E-Fuels. Das sind synthetische Kraftstoffe, die meist aus Wasser und Kohlendioxid gewonnen werden. Sie weisen ähnliche Eigenschaften auf wie Benzin und Diesel, sind aber verhältnismäßig teuer und werden insbesondere im Luftverkehr dringend gebraucht.
„Wir rütteln nicht an den Klimazielen, aber der Markt und nicht Ideologen sollen entscheiden, wie wir sie erreichen“, sagte CSU-Mann Weber unserer Redaktion. Einen Fokus legen die Christdemokraten auf ihre Opposition gegen Strafzahlungen. Herstellern, deren 2025 verkaufte Modelle im Schnitt mehr CO₂ ausstoßen als erlaubt, drohen Strafen im Milliardenbereich, auch weil die Grenzwerte ab nächstem Jahr strenger ausfallen. Die sogenannten Flottengrenzwerte sollen bis 2035 auf null sinken. Die Regeln gelten nur für Neuwagen, ältere Wagen dürfen weiter gefahren werden.
Robert Habeck will Konzerne vor Strafzahlungen schützen
Kommen Autobauer nun doch noch um die Klimastrafen herum? „Wir können jetzt nicht der kränkelnden Autobranche zusätzliche Strafzahlungen auferlegen und damit Kapital absaugen”, sagte Weber. Die EVP wird bei einigen Forderungen sogar von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck unterstützt. Am Dienstag warb der Grüne in Brüssel für die Idee, die Strafzahlungen über einen längeren Zeitraum zu strecken. In der Summe müssten die Flottengrenzwerte zwar erhalten bleiben. Er fände es jedoch „in Ordnung“, wenn man in dieser für die Automobilindustrie schwierigen Situation „nicht noch zusätzlich eine Milliardensumme aus den Konzernen rausnimmt“, so Habeck. Das Geld sollte lieber in den Hochlauf der E-Mobilität investiert werden.
Die EVP-Fraktion baut mit dem Papier Druck auf von der Leyen auf. Nur ihre Behörde kann Gesetze und Änderungen an bestehenden Vorschriften vorschlagen. Aus der Kommission war zuletzt zu vernehmen, dass man am Verbrenner-Aus festhalten wolle. Bleibt die Deutsche bei dieser Linie trotz des Widerstands aus ihrer Parteienfamilie? Gäbe sie nach, würde sie im restlichen moderaten Lager anecken.
„Die Politik der Konservativen führt zu Chaos, Verunsicherung und schadet dem Automobilstandort Deutschland und Europa“, kritisierte etwa der grüne EU-Abgeordnete Michael Bloss. Als „Nebelkerzen“ bezeichnete SPD-Europaparlamentarier Tiemo Wölken die Appelle in Sachen E-Fuels und Biokraftstoffe: „Den Rechtsrahmen jetzt wieder einzureißen, würde den Autobauern die Planungssicherheit nehmen.“
Wie oft denn noch ? Es gibt kein "Verbrenner-Aus". Aber die Pflicht zur CO2-Neutralitaet. Mit einem geeigneten Treibstoff zwar machbar, aber halt zu welchen Preisen ? Ausserdem geht es um die Neuzulassung von Verbrennern. Mit einem alten Verbrenner darf man weiter fahren. Diese plakative "Verbrenner-Aus" nervt einfach. Bei einem serioesen Bericht sollte das stattdessen "CO2-Aus" heissen.
Karl Brenner Die Rücknahme des sogenannten "Verbrenner-Auses" bringt angeschlagenen Konzernen wie VW meiner Meinung nach gar nichts. Ihre Absatzprobleme beruhen meines Erachtens auf den zu teuren und relativ unattraktiven E-Modellen auf dem internationalem und insbesondere dem asiatischen Markt. In der BRD wurde die E-Mobilität lange schlecht geredet, sodass potentielle Käufer verunsichert sind. Außerdem sind Schnell-Lademöglichkeiten noch nicht ausreichend entwickelt. Die von den C-Parteien und der FDP propagierte "Technologieoffenheit" bringt eher Verunsicherung in der Frage, in welche Richtung zukünftige Milliardeninvestitionen deutscher Autokonzerne gehen sollen. Die Erfolgschance von e-fuels auf dem Pkw-Sektor erscheint, meine ich, auch aus Sicht der Hersteller so gering, dass sie wohl lieber ihre Investitionen auf Batterie betriebene Fahrzeuge setzen werden als parallel ein zweites Abenteuer riskieren zu wollen.
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