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Ulm-Augsburg: Heimische Wirtschaft fürchtet um Bahnausbau: "Schwaben darf nicht abgehängt werden"

Ulm-Augsburg

Heimische Wirtschaft fürchtet um Bahnausbau: "Schwaben darf nicht abgehängt werden"

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    Die ICE-Strecke zwischen Ulm und Augsburg soll ausgebaut werden. Es liegen mehrere Varianten auf dem Tisch.
    Die ICE-Strecke zwischen Ulm und Augsburg soll ausgebaut werden. Es liegen mehrere Varianten auf dem Tisch. Foto: Marcus Merk

    Sie sagen "Nein zur Monstertrasse" oder sammeln Unterschriften. Gegen die Pläne der Bahn für einen Ausbau der Strecke zwischen Ulm und Augsburg haben sich zahlreiche Bürgerinitiativen gegründet. Das Thema beschäftigt die Gemeinderäte in den Orten, die vom Ausbau betroffen sein könnten. Zuletzt hatten Politiker in unserer Region fundamentale Kritik am Bahnausbau geäußert. Jetzt fürchtet die Wirtschaft in unserer Region um das Projekt und warnt davor, den Ausbau in Frage zu stellen, der für eine schnellere ICE-Verbindung sorgen soll. "Wir brauchen für die Zukunft der Region diese leistungsfähige Hochgeschwindigkeitsstrecke", sagt Josef Brandner, stellvertretender Präsident der Industrie- und Handelskammer Schwaben. "Der Zug darf nicht an der Region vorbeifahren."

    Die Bahn plant, bis 2030 die großen Städte in Deutschland halbstündlich zu verbinden. "

    IHK-Vizepräsident: "Die Kritiker spielen mit der Zukunft Schwabens"

    Derzeit beträgt die Fahrzeit hier im Fernverkehr nach Angaben der Bahn 38 bis 43 Minuten - zu lang für den Deutschlandtakt. Ziel ist es deshalb, die bisher zweigleisige Strecke vierspurig auszubauen und die Fahrtzeit der ICE auf 26 Minuten zu senken. Derzeit liegen vier Streckenvarianten für die Neubaustrecke auf dem Tisch, zwei Vorschläge verlaufen teilweise entlang der Autobahn A 8, zwei Varianten verlaufen südlich davon. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger befürchten mehr Lärm, sie weisen darauf hin, dass Ackerland verloren geht oder Häuser abgerissen werden müssten. Augsburgs SPD-Chef Dirk Wurm hat die Debatte befeuert, indem er die Frage stellte, ob überhaupt vier Gleise und 26 Minuten nötig seien. Und Zusmarshausens Bürgermeister Bernhard Uhl (CSU) schlug vor, dass die Fernzüge statt am Hauptbahnhof in Augsburg an einem neuen Fernbahnhof im Süden der Stadt halten könnten.

    "Die Kritiker spielen mit der Zukunft Schwabens", warnt angesichts dessen der stellvertretende IHK-Präsident Josef Brandner. "Wir sehen es mit Sorge, dass die Politik in Schwaben nur teilweise hinter dem Projekt steht", erklärt er. Rund 40 Prozent der in Schwaben produzierten Güter würden ins Ausland exportiert werden. "Schwaben braucht deshalb eine leistungsfähige Verkehrsachse", sagt er. "Das Ausbauprojekt Ulm-Augsburg ist eine historische Chance." Über Infrastrukturprojekte dieser Größe diskutiere man nicht alle zwei oder drei Jahre. "Wenn der Ausbau jetzt nicht kommt, steht er über Generationen nicht zur Verfügung", warnt der Vorsitzende des IHK-Verkehrsausschusses und Geschäftsführer des Krumbacher Busunternehmens BBS Brandner.

    Wirtschaft: Verkürzung der Fahrtzeit auf 26 Minuten ist entscheidend

    Nach Ansicht von IHK-Verkehrsexperte Peter Stöferle ist es entscheidend, dass die Fahrzeit zwischen Ulm und Augsburg auf 26 Minuten verkürzt werden kann. Dauert die Fahrt länger, passt der Abschnitt Ulm-Augsburg nicht mehr in den geplanten Deutschlandtakt. "Es ist wie mit einem Tischtuch - zieht man in Augsburg an einer Ecke, stimmen in Ulm, Stuttgart und anderen Städten die Anschlüsse nicht mehr." Die 26 Minuten seien eine kritische Größe und aus Sicht der Bahn nicht verhandelbar, sagt Stöferle. Sicher ist laut Bahn, dass die 26 Minuten aber mit der bestehenden Strecke nicht zu erreichen sind.

    Der schlimmste Fall wäre es aus Sicht der IHK, wenn die Bahn die Fernverkehrszüge am Ende über andere Strecken zum Beispiel nach München schicken würde, weil der Abschnitt Ulm-Augsburg nicht ausgebaut ist. In der EU ist geplant, bis 2030 ein "Kernnetz" für die Schiene zu schaffen, das die großen Städte verbindet. Ein Schwerpunkt ist die Verbindung der Rhein- und der Donau-Region. Zwei Adern sind dabei denkbar, berichtet Stöferle. Eine verbindet Frankfurt über Würzburg und Nürnberg mit

    In unguter Erinnerung ist der Wirtschaft noch der Ausbau der Bahnstrecke Nürnberg - München in den 90er und 00er Jahren. Statt die bestehende Trasse über Augsburg auszubauen, ist die Schnellbahnstrecke am Ende über Ingolstadt gebaut worden; viele ICEs gingen für Augsburg verloren. "Der Boom Ingolstadts liegt auch am Anschluss an den Fernverkehr der Bahn", sagt Brandner. Einen ähnlichen Rückschlag will man vermeiden. Auch EU-Fördergelder aus einem Fonds für Infrastruktur - der Connecting Europe Facility, kurz CEF - stehen auf dem Spiel.

    Anbindung der Region mit ICE und IC könnte sich deutlich verbessern

    Aus Sicht der Wirtschaft profitiert Schwaben von der geplanten Strecke massiv: "Mit der Neubaustrecke kann man von Augsburg mit der Bahn in zwei Stunden nach Frankfurt fahren und in vier Stunden in Paris sein - von Innenstadt zu Innenstadt", sagt Brandner. "Das ist schneller als mit dem Flugzeug." Augsburg würde ins Herz eines europäischen Fernbahnnetzes rücken. Zudem sein ein dichterer Takt im Fernverkehr möglich. Heute fahren zwei ICE oder IC pro Stunde von Stuttgart nach München. Der künftige Deutschland-Takt sieht drei bis vier vor. "Eine Steigerung im Fernverkehr um 50 bis 100 Prozent ist aber nur mit der neuen Fernstrecke möglich, wenn es nicht zu Lasten des Regionalverkehrs gehen soll", sagt Brandner. Auch der Anschluss der Region Günzburg könnte besser werden. Dort könnten mehr Fernzüge halten.

    Gegen die Trassenpläne zwischen Ulm und Augsburg erhebt sich starker Widerstand.
    Gegen die Trassenpläne zwischen Ulm und Augsburg erhebt sich starker Widerstand. Foto: Maximilian Sonntag

    Dass das Bahnnetz zwischen Ulm und Augsburg ausgebaut wird, ist aus Sicht der Wirtschaft auch für den Güterverkehr und den Produktionsstandort Schwaben wichtig. "In Zukunft sollen mehr Güter auf der Schiene transportiert werden, tatsächlich arbeiten wir auf der bestehenden Strecke aber an der Kapazitätsgrenze", warnt Brandner.

    Südlich von Augsburg einen Fernbahnhof zu schaffen, davon hält man auch bei der IHK wenig. "Schließlich werden gerade 250 Millionen Euro am Hauptbahnhof Augsburg investiert, um ihn zur Mobilitätsdrehscheibe auszubauen", sagt Brandner.

    Was die konkrete Trassenführung betrifft, welche der Varianten also zum Zuge kommen soll, dazu habe man eine "neutrale" Haltung, sagt Brandner. Wichtig sei für die Wirtschaft, dass das Projekt komme. Dass sich die Landräte der Landkreise Günzburg, Neu-Ulm und Augsburg sowie die Oberbürgermeisterin der Stadt Augsburg in einer gemeinsamen Erklärung hinter den Ausbau gestellt haben, begrüße man ausdrücklich.

    Bisher laufen für das Projekt die Vorplanungen und das Raumordnungsverfahren. Anschließend muss sich der Bundestag mit dem Projekt beschäftigen - das könnte um das Jahr 2024 sein. Danach beginnt die detaillierte Planung der gewählten Variante, in einem Planfeststellungsverfahren wird Baurecht geschaffen. Dann rücken die Bagger an.

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