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Twitter-Übernahme: Imageschaden für Tesla: Elon Musk zerstört seinen Nimbus

Twitter-Übernahme

Imageschaden für Tesla: Elon Musk zerstört seinen Nimbus

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    Twitter-Chef Elon Musk erreicht in den Ranglisten der Superreichen nicht mehr den ersten Platz.
    Twitter-Chef Elon Musk erreicht in den Ranglisten der Superreichen nicht mehr den ersten Platz. Foto: Susan Walsh/AP, dpa (Archivbild)

    Der reichste Mann der Welt heißt nicht mehr Elon Musk. Seit er im April dieses Jahres den Kauf des Kurznachrichtendienstes Twitter angekündigt hatte, verlor das Flaggschiff seiner Unternehmungen – der Autobauer Tesla – rund die Hälfte des Marktwerts. Und mit ihm sein größter Aktionär ein Vermögen. Den Titel in den unabhängigen Rankings von „Bloomberg“ und „Forbes“ trägt nun der Franzose Bernard Arnault, der den Luxusmarken-Konzern LVMH anführt. 

    Der Fall des Mannes, der sich in einer Mitteilung an die Börsenaufsicht SEC offiziell nicht als „CEO“, sondern als „Technoking“ von Tesla bezeichnet, ist tief. Selbst seine Fans sind besorgt, dass er sich mit der 44-Milliarden-Dollar-Übernahme des Kurznachrichtendienstes verhoben hat. Investoren appellieren via Twitter an Musk, sich endlich wieder um den Quell seines Wohlstandes zu kümmern. 

    Viele zweifeln am Geisteszustand von Elon Musk

    Sein Tesla-Reich ist für den „Technoking" seit der offiziellen Übernahme des elektronischen Netzwerks zur Nebensache geworden. Darauf deuten die Aktivitäten Musks hin, der wiederholt Fotos postet, die ihn bei der Arbeit in der Twitter-Zentrale von San Francisco zeigen, und ein nicht enden wollender Strom schlechter Nachrichten, die Kritiker an der mentalen Verfassung des Milliardärs zweifeln lassen. 

    Vielleicht auch deshalb brach er am Dienstag einen Audiochat ab, zu dem sich mehr als 300.000 Teilnehmer zugeschaltet hatten. „Ich muss zu einem Tesla-Treffen“, erklärte er das abrupte Ende. Er sei jetzt schon zu spät. Kurz darauf versprach er den Anteilseignern, er werde „sicherstellen, dass Tesla-Aktionäre langfristig von Twitter profitieren“.

    Gary Black gehört zu der wachsenden Gruppe einflussreicher Investoren, die daran grundsätzlich zweifeln. Es werde Zeit, dass Musk jemanden finde, der den Kurznachrichtendienst für ihn manage, und sich wieder auf Tesla konzentriere. Wenig hilfreich seien auch die öffentlichen Einlassungen des „Technokings". „Seine politischen Ansichten schaden dem Ansehen der Elektroautos“, twitterte Black. „Die Kunden wollen nicht, dass ihre Autos kontrovers sind.“

    Es läuft eine Boykott-Kampagne gegen Tesla

    Die Marktforscher von „Morning Consult“ haben bereits einen Einbruch der Popularität Teslas bei der bisherigen Kernkundschaft – wohlhabende Käufer aus den liberalen Eliten der USA – festgemacht. Der Schauspieler Billy Baldwin startete eine Kampagne, die unter #BoycottTesla den Trend reflektiert. Eines solchen hätte es in Deutschland nicht bedurft. Darauf deutet eine Umfrage des Spiegel hin, die das traurige Image des Unternehmens dokumentiert. Trotz Großinvestitionen in die Gigafactory von Grünheide in Brandenburg finden mehr als zwei von drei Deutschen (69 Prozent) die Marke „weniger“ oder „gar nicht sympathisch“. Das Verhalten des exzentrischen Milliardärs seit der „Twitter“-Übernahme im Oktober hat den Imageschaden nach Ansicht von Analysten verstärkt. 

    Binnen Wochen verlor Musk mehr als zwei Drittel der einst 7500 Angestellten; er feuerte die einen, die anderen gingen freiwillig. Zentrale Abteilungen in der Zentrale von San Francisco haben aufgehört zu bestehen, weil kaum mehr Mitarbeiter geblieben sind. Die Moderation von Inhalten hängt zunehmend von Algorithmen ab, seit Musk die Verträge mit tausenden Freiberuflern kündigte, die illegale Tweets gesichtet und gelöscht hatten. Dann löste er den „Sicherheitsrat“ auf, der die Regeln des Kurznachrichtendienstes überwachen half

    Während der Sicherheitschef Joel Roth vor die Tür setzte, hieß er wegen Hetze verbannte Prominente wie Donald Trump willkommen zurück. Twitter erlaubte auch tausenden Rechtsextremisten, Rassisten, Verschwörungstheoretikern und Covid-Leugnern, wieder aktiv zu werden. Musk rollte dem antisemitischen QAnon-Kult persönlich den roten Teppich aus, als er Anfang der Woche ein weißes Kaninchen mit der Aufforderung „Follow“ twitterte. Ein Symbol, das die Anhänger nur zu gut verstehen. 

    Musk verunglimpfte den Virologen Anthony Fauci

    Gleichzeitig verunglimpfte Musk den Top-Virologen der Regierung, Anthony Fauci, agitierte auf Twitter gegen Menschen, die ihre geschlechtliche Identität selbst bestimmen wollen, und suggerierte fälschlicherweise, der gefeuerte Roth habe Sympathie für Pädophile. Eine Anspielung auf ein zentrales Thema der antisemitischen QAnon-Bewegung, deren Anhänger an die Wiederauflage einer modernen Version des Ritualmords an Christenkindern glauben.

    Bei einem Auftritt in San Francisco musste Musk für seine Eskapaden minutenlange Buh-Rufe über sich ergehen lassen. Prominente wie Elton John, Jim Carrey oder Whoopi Goldberg kündigten demonstrativ ihre Twitter-Konten. Und – viel gravierender – mehr als die Hälfte der 100 wichtigsten Werbekunden stornierten ihre Buchungen auf dem Kurznachrichtendienst. 

    Die freie Rede kennt für Elon Musk vor allem eine Grenze

    Der Ausblick für 2023 ist so düster, dass die Banken, die dreizehn Milliarden Dollar für die Übernahme von Twitter locker machten, laut Recherchen von Reuters bestenfalls einen Teil des Geldes zurückerwarten. Musk zeigt sich ungerührt. Er sei ein radikaler Anhänger der Meinungsfreiheit, begründet der Milliardär sein Vorgehen.

    Diese hört allerdings auf, wenn es um ihn selbst geht. Am Mittwoch verbannte Twitter den 20-jährigen Jack Sweeney, der die Flugbewegungen Musks unter @ElonJet in Echtzeit verfolgt. Möglich machen dies öffentlich zugängliche Flugdaten, die der Student für seine 530.000 „Anhänger“ aufbereitet. Der „Freie-Rede-Absolutist“ ließ das Konto ebenso sperren wie die Weiterleitung von Links zu Instagram. Auf eine Erklärung des „Technokings" wartet Sweeney bis heute. 

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