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Tesla: Gigafabrik in Brandenburg eröffnet - Tempo elektrisiert Politik

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Die Gigafabrik in Brandenburg öffnet: Teslas Tempo elektrisiert die Politik

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    Prominenz zur Auslieferung des ersten Tesla Y made in Germany: Kanzler Olaf Scholz und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (links) gratulieren Elon Musk zum deutschen Standort.
    Prominenz zur Auslieferung des ersten Tesla Y made in Germany: Kanzler Olaf Scholz und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (links) gratulieren Elon Musk zum deutschen Standort. Foto: Pleul, dpa

    Die Mächtigen Deutschlands kommen zu ihm, vor die Tore Berlins. Zu Elon Musk, dem Tesla-Chef, Raketenbauer, Visionär, Narzissten und reichsten Mann der Erde. Kanzler und Vize adeln die Eröffnung seines Werkes für Elektroautos in Grünheide, gelegen im märkischen Sand zwischen Kiefernwäldern und Autobahn. Normalerweise ist das zumindest so: Die hohe Politik adelt ein Unternehmen – nicht aber bei einem wie Musk. Sein Glanz strahlt umgekehrt ab auf Olaf Scholz und Robert Habeck.

    Die ersten Teslas aus deutscher Produktion stehen unter weiß beleuchteten Gerippebögen, als hätten die Manager Maß an einer gotischen Kirche genommen. Techno-Musik knallt aus den Lautsprechern. Aus der Hand des Chefs höchstpersönlich gehen die E-Autos an 30 ausgewählte Käufer. „Ich bin unglaublich gespannt, unsere ersten Autos zu übergeben“, sagt Musk in Anzug und Krawatte. „Das ist ein großer Tag für die Fabrik.“ Er dankt allen, die „geholfen haben“, und wendet sich anerkennend Scholz und Brandenburgs SPD-Ministerpräsidenten Dietmar Woidke zu. „Das hat einen Unterschied gemacht.“

    Nach zwei Jahren fahren die ersten Tesla-Autos aus dem Werk in Brandenburg

    Unter dem Applaus von „Mister Tesla“ und seinen Mitarbeitern fährt der erste schwarze Wagen aus der Halle, Feuerwerkfunken sprühen. „Giga 001“ steht auf dem Nummernschild. In 3,7 Sekunden beschleunigt das Model Y auf 100 Kilometer pro Stunde, zumindest die Sprinterausführung – das Rennwagengefühl kostet 67.000 Euro.

    „Deutschland kann schnell sein“, sagt der Kanzler. Er weiß, dass es oft nicht stimmt. Tesla hat neue Maßstäbe gesetzt. Zwei Jahre, nachdem tausende Kiefern fallen mussten, fahren die ersten Wagen aus dem grauen Riesenwerk. Es ist ein doppeltes Symbol für die Autonation – dass die elektrische Zukunft nicht an Deutschland vorbeifährt und dass in Zukunft weniger Öl von kriegslüsternen Autokraten gebraucht wird.

    Bundeskanzler Olaf Scholz und Tesla-Chef Elon Musk bei der Eröffnung der Tesla-Fabrik Berlin Brandenburg.
    Bundeskanzler Olaf Scholz und Tesla-Chef Elon Musk bei der Eröffnung der Tesla-Fabrik Berlin Brandenburg. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Scholz’ Vize Habeck macht diesen Punkt. Der Grünen-Minister läuft über den staubigen Parkplatz zum Werkstor, macht einen kurzen Stopp für die Kameras. Vielleicht wollte er nicht mit einer schweren Limousine von BMW, Mercedes oder Audi vorfahren. „Zu zeigen, wir können auch elektrisch, ist an diesem Tag ein schönes Symbol“, sagt Habeck.

    Mit „an diesem Tag“ meint er nicht den blauen Frühlingshimmel, sondern die Kriegstage in der Ukraine. Musk hat das Produkt der Stunde: Elektroautos, in die kein Diesel und Benzin aus russischem Öl geschüttet werden muss. Die deutschen Autobauer haben sie mittlerweile auch, aber die Wagen der Amerikaner sind cooler, schnittiger, digitaler.

    Bürokratie beim Bau: Musk hangelte sich von Zwischengenehmigung zu Zwischengenehmigung

    In einer idealen Welt werden ihre Akkus mit grünem Strom geladen. Weil die Welt aber nicht perfekt ist, verfeuern deutsche Kraftwerke russisches Gas und russische Kohle. Musk verbaut in seinen Autos viel Nickel und Russland ist ein bedeutsamer Lieferant. Selbst Elon Musk kann die Schwerkraft auf Erden nicht aushebeln, obwohl man es ihm zutraut. Schließlich sollen seine Raumschiffe irgendwann Menschen zum Mars bringen.

    Zwar ist die neue Tesla-Fabrik in Brandenburg noch nicht ganz fertig, trotzdem wird sie bereits eröffnet.
    Zwar ist die neue Tesla-Fabrik in Brandenburg noch nicht ganz fertig, trotzdem wird sie bereits eröffnet. Foto: Christian Grimm

    Reich zu sein, scheint ihm nicht wichtig. Er will mehr, Umwälzungen, für die selbst das große Wort Revolution zu klein ist. Diese Kühnheit oder Größenwahn hat sich mit Deutschland einen besonders beharrungsstarken Gegner gesucht. Hier, wo die Schwerkraft besonders kräftig nach unten zieht. Die langsame Bürokratie, die Vorschriften, der Krötenschutz und der Regelfetischismus fesseln das Wirtschaftsleben. Der Tesla-Chef hat diese Fesseln zerrissen, weil er auf Risiko gegangen ist. Er verbaute ohne finale Genehmigung bislang knapp sechs Milliarden Euro. Hätten die Behörden schlussendlich Nein gesagt, hätte Musk alles auf eigene Kosten wieder abreißen müssen.

    So hangelt er sich von Zwischengenehmigung zu Zwischengenehmigung und gewinnt am Ende. Noch ist die Gigafactory nicht komplett fertig. Auf dem Parkplatz gibt es noch staubige Stücke ohne Asphalt, Gärtner pflanzen Bäume. Die zum Werk gehörende Batteriefabrik ist noch ein Betongerippe, Tonnen von Baumaterial warten darauf, an den Platz ihrer Bestimmung zu kommen. Eilig wurden für den Empfang noch große Kübel mit immergrünen Sträuchern herbeigeschafft, eine Kehrmaschine über die Einfahrt gejagt.

    7000 neue Stelle in der Gigafabrik in Brandenburg: Es war zunächst von 12.000 die Rede

    Der deutsche Wirtschaftsminister lobt die Unternehmens-Wagemut-Kultur aus Amerika und erklärt, dass Tesla-Tempo „ein bisschen auch eine Maßgabe“ sein kann für andere Projekte. Bei Windparks und Fabriken gelten hierzulande schon fünf Jahre als schnell. Für Tesla ist das zu langsam. Ende des Jahres soll auch die Batteriefabrik ihre Arbeit aufnehmen. Größtes Hindernis ist der Wassermangel. Grünheide umgeben zwar mehrere Seen, aber der Landstrich ist trocken.

    Das Werk braucht so viel Wasser wie eine größere Stadt mit mehreren zehntausend Einwohnern. Vor allem für das Lackieren, aber auch für das Gießen, zum Kühlen, in der Batteriefertigung und zum Löschen, sollte ein Feuer ausbrechen. Ein kleiner Zug von Tesla-Gegnern protestiert auch bei der Eröffnung dagegen, dass der Konzern in einem Wasserschutzgebiet seine Gigafactory hochziehen durfte. Zu Beginn wird sie noch nicht die volle Menge Wasser ziehen.

    Rund 3000 Mitarbeiter schrauben die Autos zusammen. War zunächst von 12.000 neuen Stellen bei den Amerikanern die Rede, werden es wohl nur 7000. Bei den Zulieferern dürften aber zusätzlich hunderte neue Stellen entstehen.

    Für die deutschen Autokonzerne erwächst auf dem Heimatmarkt eine schlagkräftige Konkurrenz. Autopapst Ferdinand Dudenhöffer hat ausgerechnet, dass Tesla im Schnitt eine Gewinnmarge von 12,4 Prozent pro Auto macht und damit besser dasteht als BMW und Audi. Hohe Automatisierung ist ein Grund. Der andere: Die Teslaner verdienen rund 20 Prozent weniger als ihre Kollegen bei den deutschen Konzernen, wie die IG Metall ermittelt hat. Dudenhöffer geht davon aus, dass dieses Jahr 100.000 Tesla vom Band in Grünheide rollen werden. Zielwert ist eine halbe Million pro Jahr.

    „Tesla wird sicherstellen, dass das ein Edelstein für die Region, für Deutschland, für Europa und die Welt ist“, meint Elon Musk. Kleiner macht er es nicht.

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