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Tarifverhandlungen: Metall-Industrie: Der neue Tarifabschluss kann Arbeitsplätze sichern

Tarifverhandlungen

Metall-Industrie: Der neue Tarifabschluss kann Arbeitsplätze sichern

Stefan Stahl
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    Die IG Metall war mit der Forderung nach einer Tariferhöhung im Volumen von vier Prozent in die Verhandlungen gegangen.
    Die IG Metall war mit der Forderung nach einer Tariferhöhung im Volumen von vier Prozent in die Verhandlungen gegangen. Foto: Hendrik Schmidt, dpa

    Es war eine schwere und vor allem lange Geburt. Doch am Ende haben sich Arbeitgeber wie Gewerkschaftsvertreter zusammengerauft und einen Tarifabschluss vereinbart, der Augenmaß zeigt, ja Vernunft und Solidaritätsgefühl in schwierigen Zeiten beweist. Das Kind ist ein klassischer Kompromiss. Der Sieger lautet nicht IG-Metall-Chef Jörg Hofmann oder Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf, sondern der Sieger ist die Tarifautonomie, eben die Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern als eine der Stützen des deutschen Wirtschaftserfolges.

    Nach einer langen Nachtsitzung haben die Verhandlungsführer in Nordrhein-Westfalen einen Pilotabschluss präsentiert, der tragfähig ist und sicher weitgehend in anderen Tarifgebieten übernommen wird. IG Metall und Arbeitgeber stellten damit jene Handlungsfähigkeit in schwierigen Zeiten unter Beweis, die sich mancher nach dem letzten Chaos-Corona-Gipfel auch von zum Teil erschreckend überfordert wirkenden Spitzenpolitikern wünschen würde.

    IG Metall und Arbeitgeber raufen sich zusammen: Tarifabschluss trotz Corona

    Dabei haben die Vertreter von IG Metall und Unternehmern über Wochen hinweg auch eher ratlos gewirkt und wenig innovativ agiert: Die Gewerkschaft setzte trotz der Pandemie auf bewährte Warnstreiks und die Arbeitgeber taten so, als ob sie die personifizierten Sparkommissare wären und versteckten den Geldbeutel allzu offensichtlich. Die eher schlichten taktischen Manöver führten natürlich zu keinem Ergebnis.

    Was beide Parteien letztlich einte und doch noch einen Abschluss erbrachte, war der starke Wille, Arbeitsplätze in der Metall- und Elektroindustrie in Zeiten eines harten Umbruchs hin zu Elektromobilität und Digitalisierung zu sichern. Um gefährdete Jobs krisenfest zu machen, hat Gewerkschafts-Chef Hofmann auf schlicht-klassische prozentuale Lohnerhöhungen für die Beschäftigten verzichtet. Im Juni erhalten die Mitarbeiter so eine Corona-Prämie, also eine Einmalzahlung von 500 Euro, schließlich haben auch die Mitarbeiter am Band etwa von Audi, BMW oder zahlreichen Zulieferern unter komplizierten Hygiene-Bedingungen einen guten Job gemacht.

    Tarifabschluss trotz Corona: Gehälter werden zunächst angespart und dann ausgezahlt

    Zudem erhöhen sich die Löhne ab Juli um vertretbare 2,3 Prozent. Jetzt wird es im Sinne des Erhalts von Arbeitsplätzen kompliziert: Die Gehaltssteigerungen werden angespart und können im Februar 2022 ausbezahlt werden. Die dadurch zustande gekommenen Summen können aber auch zur Finanzierung von Arbeitszeitverkürzung eingesetzt werden. Wenn also die Kurzarbeit ausläuft, haben Metall-Unternehmen ein sinnvolles Instrument in der Hand, um etwa mit einer Vier-Tage-Woche die Belegschaften für wieder bessere Zeiten an Bord zu halten. Hier hat Gewerkschafter Hofmann als großer Tarif-Taktiker nicht locker gelassen, sich durchgesetzt und in Gesamtmetall-Präsident Wolf einen natürlichen Verbündeten gefunden: Denn auch die Metall-Unternehmer wollen in Zeiten einer immer älter werdenden Gesellschaft Fachkräfte solange wie möglich halten. Sie sind ihr wichtigstes Kapital, ja ihr entscheidender Wettbewerbsvorteil.

    Daher strahlt der Metall-Tarifabschluss Optimismus aus: Denn Gewerkschafts- wie Arbeitgeberexperten glauben fest daran, dass die Branche, allen voran Autoindustrie und Maschinenbau, wahrscheinlich schon 2022, aber sicher 2023 wieder kräftig durchstartet. Ähnlich verhielt es sich schon nach der Finanzmarktkrise der Jahre 2008 und 2009. Der im Sinne der Unternehmen für noch mehr Flexibilität in der ohnehin schon stark atmenden Branche sorgende Tarifabschluss wird das Comeback der deutschen Metall- und Elektroindustrie auf keinen Fall behindern. Die IG-Metall-Verantwortlichen sägen nicht auf dem Ast, auf dem die Beschäftigten und damit auch die Gewerkschafter sitzen. Sie vertagen eine dann wieder kräftigere prozentuale Lohnerhöhung auf die nächste Tarifrunde, wenn Corona hoffentlich Geschichte ist.

    Lesen Sie dazu auch Stefan Stahls Analyse Zähe Tarifrunde: Metaller müssen den Karren bald aus dem Dreck ziehen

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