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Tarifstreit: Sogar ein unbegrenzter Streik bei der Bahn ist möglich

Tarifstreit

Sogar ein unbegrenzter Streik bei der Bahn ist möglich

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    Personenzüge der Deutschen Bahn stehen auf Abstellgleisen.
    Personenzüge der Deutschen Bahn stehen auf Abstellgleisen. Foto: J. Büttner, dpa (Symbol)

    Es schien, als sei die Zeit der Bahnstreiks vorerst vorbei. Doch nun haben sich die Deutsche Bahn AG und die Eisenbahnergewerkschaft EVG in ihrer Tarifrunde wieder verhakt. Der Ton wird rauer, ein Streik ist wieder möglich. "Das, was derzeit auf dem Tisch liegt, ist sozial ungerecht", sagte EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch am Mittwoch. Er drohte dem Bahnvorstand mit Arbeitskampf. „Wir denken, wenn, an Warnstreik", erläuterte Loroch. Er schob aber hinterher: Die Urabstimmung für unbefristete Streiks sei aber „letztlich auch eine Option“. 

    Die Bahn müsse endlich ein Angebot machen, dass der zentralen Forderung nach einer deutlichen Gehaltserhöhung für die unteren Lohngruppen gerecht werde. "Nur dann sind zielführende Verhandlungen möglich", betonte der Verhandlungsführer. 

    Bahn-Personalvorstand Martin Seiler reagierte beinahe konsterniert auf die Ablehnung seines dritten Angebots durch die EVG. "Man hat das Gefühl, man bietet gegen sich selbst", sagte der Manager. Er hatte der Gewerkschaft eine schrittweise Gehaltssteigerung von 12 Prozent für die unteren Lohngruppen angeboten, zehn Prozent mehr für die mittleren Gruppen und acht Prozent mehr für die Gutverdiener auf der Gehaltsliste des Schienenkonzerns. Hinzu käme noch eine steuer- und abgabenfreie Inflationsprämie von knapp 2800 Euro, die stufenweise ausgezahlt werden soll. Das Angebot sah eine Laufzeit von 24 Monaten vor. 

    Bahn-Personalvorstand Seiler signalisiert Gesprächsbereitschaft: "Mein Handy ist an"

    "Die EVG hat es pauschal abgelehnt", beklagte Seiler. Er rief die Arbeitnehmerseite dazu auf, ein Signal des Kompromisses zu senden. "Mein Handy ist an, ich bin ansprechbar." Laut dem Personalvorstand würde der Tarifabschluss die Lohnkosten der Bahn um 2,5 Milliarden Euro pro Jahr steigern. 

    Martin Seiler, Personalvorstand der Deutschen Bahn, ruft die EVG auf, ein Kompromissignal zu senden.
    Martin Seiler, Personalvorstand der Deutschen Bahn, ruft die EVG auf, ein Kompromissignal zu senden. Foto: Christoph Soeder, dpa

    Die EVG strebt hingegen eine Laufzeit von 12 Monaten an und verlangt einen fixen Betrag von mindestens 650 Euro pro Monat mehr oder zwölf Prozent bei den oberen Lohngruppen. Noch am Mittwoch könne weiterverhandelt werden, sagte Verhandlungsführer Loroch. "Das sollte im Interesse der Bahn sein, denn so lange wir am Verhandlungstisch sitzen, wird nicht gestreikt", erklärte er.

    Die EVG hat bereits zweimal den Bahnbetrieb in Deutschland lahmgelegt, um im Tarifstreit Druck aufzubauen. Das befürchtete Verkehrschaos war aber ausgeblieben, weil sich Reisende und Pendler darauf eingestellt hatten und das Arbeiten von daheim seit der Corona-Pandemie geübte Praxis ist.

    Der CDU-Verkehrsexperte Michael Donth zeigte sich enttäuscht vom Verhalten der EVG. Für die Kunden, das Unternehmen und vor allem die Mitarbeiter sei eine baldige Einigung mit Augenmaß wünschenswert, sagte er unserer Redaktion. „Umso bedauerlicher ist die neuerliche Absage des verbesserten Angebots der DB durch die Gewerkschaft“, meinte der Bundestagsabgeordnete aus Reutlingen.  Zwar mische sich die Politik aus guten Gründen nicht in die Tarifverhandlungen ein,  „dennoch würde ich die Aussage, dass das derzeitige Angebot ‚sozial ungerecht‘ sei, zumindest hinterfragen“.

    Weselsky wartet schon

    Wenn die Bahn mit der EVG eine Einigung erzielt haben wird, steht sie schon vor den nächsten Tarifverhandlungen mit der kleineren Lokführergewerkschaft GDL. Der Tarifvertrag mit ihr läuft im Herbst aus. Die GDL um ihren Chef Claus Weselsky war in der Vergangenheit in den Lohnrunden deutlich rabiater aufgetreten als die EVG. Beide Gewerkschaften liefern sich einen Kampf um die Vorherrschaft bei der Bahn. 

    Die Bundesregierung will dem staatseigenen Unternehmen außerdem eine Strukturreform verordnen. Nach den Plänen der Ampel-Koalition sollen die Sparten Gleisnetz und Bahnhöfe zu einer gemeinwohlorientierten Infrastrukturgesellschaft zusammengelegt werden. Der Bahn-Vorstand hofft, dass die Reform in der Praxis die Abläufe nur leicht verändert. SPD, Grüne und FDP versprechen sich davon einen besser funktionierenden Konzern. Die Regierungsparteien wollen sich zudem von der betriebswirtschaftlichen Logik lösen und ein breiteres Angebot von Verbindungen in der Fläche machen. 

    CDU und CSU gehen die Reformideen nicht weit genug. Die Union fordert die Aufspaltung des Schienenkonzerns. Bei der Bahn blieben dem Vorschlag zufolge nur die rollenden Abteilungen, während das Netz und die Bahnhöfe in eine staatliche Infrastrukturgesellschaft ausgegliedert würden. Das soll den Wettbewerb erhöhen und die stärkere Konkurrenz privater Unternehmen der Deutschen Bahn Beine machen.

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