Im deutschen Einzelhandel ist die Zahl der tarifgebundenen Arbeitsplätze nach Zahlen der Bundesregierung deutlich zurückgegangen und Ausdruck niedriger Löhne der Branche. Laut einer unserer Redaktion vorliegenden Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Fraktion sank in den vergangenen zehn Jahren der Anteil der tarifgebundenen deutschen Einzelhandelsbetriebe um fast ein Drittel. Waren 2012 demnach noch 29 Prozent der Einzelhandels-Unternehmen tarifvertraglich organisiert, sank der Anteil bis 2022 auf nur noch 18 Prozent.
Die Jobs in der Branche sind der Regierungsantwort zufolge unterdurchschnittlich bezahlt: So lag das mittlere Einkommen für Vollzeitbeschäftigte im Einzelhandel vergangenes Jahr mit 2684 Euro um ein Viertel niedriger als im Schnitt aller Branchen. Der Niedriglohnanteil ist unter Vollzeitkräften mit 35,5 Prozent doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt.
80 Prozent der Beschäftigten im Handel sind Frauen
Vor allem Frauen sind von der Entwicklung betroffen: 79 Prozent aller Einzelhandels-Beschäftigten sind den Regierungsangaben zufolge weiblich.
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Susanne Ferschl, nannte die Zahlen vor dem Hintergrund der laufenden Tarifverhandlungen im Einzelhandel alarmierend. "Prekäre Beschäftigung und Niedriglöhne sind im Handel an der Tagesordnung", sagte Ferschl. "Die aktuelle Inflation trifft sie deswegen besonders hart", betonte die Linke-Politikerin und forderte die Unternehmen zu deutlichen Lohnerhöhungen auf.
Linke-Vizefraktionschefin Ferschl ermuntert Gewerkschaften zu Arbeitskampf
"Wenn die Arbeitgeber in der zweiten Runde erneut kein verhandlungsfähiges Angebot vorlegen, ist Streik die einzig richtige Antwort", sagte Ferschl. "Angesichts des Sinkflugs der Tarifbindung im Einzelhandel muss die Bundesregierung nun endlich handeln und dafür Sorge tragen, dass deutlich mehr Tarifverträge allgemeinverbindlich erklärt werden", betonte sie. "Ansonsten wird sich auch der Arbeitskräftemangel in diesem Bereich weiter verschärfen."