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Stillstand statt Mobilität: Streiks lähmen Bahn und Luftverkehr

Stillstand statt Mobilität

Streiks lähmen Bahn und Luftverkehr

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    Ein Signal steht am Frankfurter Hauptbahnhof auf Rot. Der Streik der GDL soll noch bis Freitagmittag um 13 Uhr dauern.
    Ein Signal steht am Frankfurter Hauptbahnhof auf Rot. Der Streik der GDL soll noch bis Freitagmittag um 13 Uhr dauern. Foto: Andreas Arnold, dpa

    Tausende Zugausfälle, Hunderte abgesagte Flüge, Millionen betroffene Fahrgäste und Passagiere: Sowohl im Luft- als auch im Bahnverkehr führen seit heute Morgen die Arbeitskämpfe zweier Gewerkschaften zu erheblichen Einschränkungen.

    Wer innerhalb Deutschlands reisen will, musste auf das eigene Auto, auf Fernbusse, Leihwagen oder Mitfahrzentralen ausweichen. Abgestimmt haben sich Verdi und die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) bei ihren Ausständen nicht. Beide Organisationen setzten aber darauf, ihre Streiks und Warnstreiks so wenig planbar wie möglich zu machen. Die Ungewissheit für Fahrgäste und Passagiere nimmt weiter zu.

    Unangekündigter Warnstreik am Düsseldorfer Flughafen

    So trat am Düsseldorfer Flughafen das Sicherheitspersonal heute gänzlich ohne Vorwarnung in den Warnstreik. Anders als an den Flughäfen Frankfurt und Hamburg, wo Verdi ebenfalls die Sicherheitskontrolle bestreike, sei die Aktion in Düsseldorf von der Gewerkschaft nicht angekündigt worden, teilten der Flughafen und die Gewerkschaft mit. Dadurch solle verhindert werden, dass der Flughafen und seine Partner sich auf den Ausstand einstellen könnten. Für heute waren in der Landeshauptstadt dem Flughafen zufolge rund 320 Starts und Landungen geplant, 13 von ihnen wurden abgesagt. In der Halle des Flughafens stauten sich die Menschen, weil die Wartezeiten an den Passagierkontrollen eine Stunde und mehr betrugen. In der Nacht waren zudem die Personal- und Frachtkontrolleure am Flughafen Köln-Bonn in den unangekündigten Ausstand gegangen.

    Die Arbeitgeber vom Verband BDLS reagierten empört: "Die Gewerkschaften versuchen gerade, ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Auswirkungen das Land lahmzulegen. Dies geschieht nun auf einem neuen Niveau - Warnstreiks ohne vorherige Information an Arbeitgeber, Flughäfen und Passagiere. Dies augenscheinlich, um allen Beteiligten den größtmöglichen Schaden zuzufügen", erklärte BDLS-Präsident Alexander Borgschulze.

    Ruf nach politischer Diskussion

    Eurowings-Chef Jens Bischof verlangte nach einer politischen Diskussion über neue Regeln für Streiks in der kritischen Infrastruktur. Er kommentierte im Portal Linkedin: "Das Streikrecht ist in Deutschland an ein Gebot der Verhältnismäßigkeit gekoppelt, über das sich Gewerkschaften inzwischen geradezu spielerisch hinwegsetzen. Als stünde nicht längst der Ruf einer ehemals florierenden Wirtschaftsnation auf dem Spiel, werden Streiks zunehmend als unterhaltsames Bühnenspiel für Medien aufgeführt - und entsprechend missbraucht."

    Hinzu kam der von Verdi angekündigte Warnstreik des Lufthansa-Bodenpersonals. Dieser führte vor allem in Frankfurt und München zu erheblichen Einschränkungen im Luftverkehr. Da in Frankfurt und Hamburg auch die Luftsicherheitskräfte streiken, kann hier niemand einchecken. Lufthansa hat nach eigenen Angaben zwischen 10 und 20 Prozent ihres ursprünglichen Flugplans geflogen, um insbesondere Umsteiger an ihr Ziel zu bringen. Der Warnstreik des Bodenpersonals soll bis Samstagmorgen um 7.10 Uhr andauern.

    Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sprach sich für rasche Lösungen aus. "Mein persönlich-politisches Verständnis ist jetzt wirklich an ein Ende gekommen. Ich denke, da muss jetzt schnell eine Lösung her", sagte der Grünen-Politiker in Washington. "Lösung her heißt: Alle sind jetzt verpflichtet, ihre Interessen nicht zu sehr auf dem Rücken der Bevölkerung, der Wirtschaft, der wirtschaftlichen Erholung auszutragen."

    GDL setzt ebenfalls auf kurzfristige Vorwarnung

    Auf den inzwischen fünften Streik der Lokführergewerkschaft GDL hatten sich Bahn und Fahrgäste heute weitgehend eingestellt. Rund jeder fünfte Fernzug war im Einsatz, die Bahnhöfe bleiben weitgehend leer. Viele Reisende hatten ihre Fahrt vorgezogen oder auf einen späteren Tag verschoben. Bereits am Montag hatte die Gewerkschaft den Ausstand angekündigt, nachdem in den Wochen zuvor erneut vergeblich hinter verschlossenen Türen verhandelt worden war. 35 Stunden Dauer sollen an die zentrale Forderung einer 35-Stunden-Woche im Schichtdienst erinnern.

    Doch mit dieser Planbarkeit dürfte es bald ebenfalls vorbei sein. Erstmals in einem Bahntarifkonflikt will GDL-Chef Claus Weselsky künftig auf sogenannte Wellenstreiks setzen. Bahnstreiks werde die Gewerkschaft dann mit deutlich weniger Vorlauf ankündigen, sagte er vor wenigen Tagen. Ob der Bahn dann genug Zeit bleibt, um wie bisher einen provisorischen Rumpffahrplan auf die Beine zu stellen, ist fraglich. Weselskys erklärtes Ziel: für noch mehr Unzuverlässigkeit auf der Schiene zu sorgen.

    Selbst über Ostern können sich Fahrgäste nicht sicher sein, ob sie dann mit der Bahn zu ihren Familien reisen können. Auf einen Osterfrieden im feststeckenden Bahntarifkonflikt ließ sich Weselsky bisher jedenfalls nicht ein. "Ostern ist ja durchaus noch ein paar Tage, eigentlich Wochen hin und deswegen kann ich das nicht beantworten", sagte er im RBB-Inforadio.

    Hohe Kosten für Unternehmen und Wirtschaft

    Der Ausstand bei der Bahn trifft nicht nur den Personen-, sondern erneut auch den Güterverkehr. Bereits seit Mittwochabend wird die Bahntochter DB Cargo bestreikt, die immerhin rund 40 Prozent des Güterverkehrsmarkts auf der Schiene kontrolliert. Fachleute fürchten angesichts der Arbeitskämpfe bei Bahn und Lufthansa erhebliche Auswirkungen auf die Deutsche Wirtschaft. "Das ist eine zusätzliche Belastung, die wir eigentlich nicht gebrauchen können", sagte etwa Clemens Fuest, Leiter des Münchner Ifo-Instituts, im ZDF-Morgenmagazin. "Die Wirtschaft schrumpft, und wenn so etwas noch dazu kommt, dann fehlen ja plötzlich Teile in der Produktion, die nicht geliefert werden können, oder es können Menschen nicht zu Meetings kommen, vielleicht auch nicht zur Arbeit."

    Laut Konjunkturexperte Michael Grömling vom arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) kann allein ein eintägiger bundesweiter Bahnstreik bis zu 100 Millionen Euro am Tag an Wirtschaftsleistung kosten, sofern die Produktion und die Geschäftstätigkeit der Unternehmen branchenübergreifend gestört werden. "Das hängt auch von der konjunkturellen Lage und dem allgemeinen Funktionieren der Lieferketten ab. Die Kosten steigen bei einem mehrtägigen Streik möglicherweise nicht linear, sondern stärker.

    Großunternehmen wie die BASF haben sich auf die wiederholten Bahnstreiks eingestellt, indem sie ihre Güter von verschiedenen Bahnen fahren lässt. "Die Konzepte sind so gestaltet, dass sie weitestgehend auch bei Streik betrieben werden oder kurzfristig alternative Eisenbahnverkehrsunternehmen eingesetzt werden können", sagt eine Firmensprecherin. Im Nahverkehr setze priorisiere man Bahntransporte, setze bei Bedarf eigene Lokführer ein und sei auch mit den Containerlagern so aufgestellt, Verzögerungen weitgehend auffangen zu können.

    Wie es bei der Bahn weitergeht ...

    Der Streik bei der Bahn soll am Freitag um 13.00 Uhr offiziell enden. Doch den ganzen Tag über müssen Fahrgäste noch mit Zugausfällen und Verspätungen rechnen. Erst am Samstag kann der Konzern eigenen Angaben zufolge wieder das volle Angebot auf die Schiene bringen. Angesichts der Ankündigungen Weselskys beginnt die große Unsicherheit aber ohnehin erst nach Streikende. Eine Lösung im Tarifstreit ist derzeit nicht in Sicht.

    Knackpunkt der Verhandlungen ist die Forderung der GDL nach einer Absenkung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter ohne finanzielle Einbußen. Selbst einen Vorschlag externer Vermittler, die eine Absenkung auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich ins Spiel gebracht hatten, lehnte Weselsky ab.

    ... und wie bei der Lufthansa

    Auch bei der Lufthansa läuft der aktuelle Arbeitskampf noch bis Freitag. Ein Kompromiss ist im Tarifstreit ebenfalls nicht in Sicht. Verdi fordert unter anderem 12,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro monatlich bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die nächsten Verhandlungen sind für den 13. und 14. März angesetzt. Die Passagiere müssen in naher Zukunft auch mit Streiks einer weiteren Berufsgruppe rechnen. Wenige Wochen vor Beginn der Osterferien haben am Mittwoch die Flugbegleiter und Flugbegleiterinnen der Lufthansa und ihrer Regionaltochter Lufthansa Cityline bei einer Urabstimmung der Gewerkschaft Ufo für Streiks gestimmt. Eine Annäherung beider Seiten zeichnete sich zuletzt nicht ab, so dass ein Streik in der kommenden Woche wahrscheinlicher wurde.

    (Von Matthias Arnold und Christian Ebner, dpa)

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