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Tarifbindung: Mehr Geld: Was bringt das Tariftreuegesetz?

Tarifbindung

Mehr Geld: Was bringt das Tariftreuegesetz?

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    Nach vielen Debatten kommt das Tariftreuegesetz voran. (Archivbild)
    Nach vielen Debatten kommt das Tariftreuegesetz voran. (Archivbild) Foto: Michael Kappeler/dpa

    Der Bund soll bei Vergaben von Aufträgen künftig die Einhaltung tariflicher Standards zur Bedingung machen müssen. Der Entwurf eines entsprechenden Tariftreuegesetzes ist nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vom Bundesarbeitsministerium an die Bundesländer und maßgebliche Verbände geschickt worden. Zuletzt hatte das FDP-geführte Bundesfinanzministerium den Beginn der sogenannten Verbände-Anhörung blockiert. Ein Sprecher von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte Mitte September noch einräumen müssen, die Gespräche innerhalb der Regierung dauerten noch an.

    Was lange ist die Vorgeschichte des Gesetzes?

    Konkret wurde es bereits 2021. Damals schrieben SPD, FDP und Grüne in ihren Koalitionsvertrag: «Zur Stärkung der Tarifbindung wird die öffentliche Auftragsvergabe des Bundes an die Einhaltung eines repräsentativen Tarifvertrages der jeweiligen Branche gebunden, wobei die Vergabe auf einer einfachen, unbürokratischen Erklärung beruht.»

    Welches Motiv steckt hinter dem Gesetz?

    Die zurückgehende Tarifbindung soll wieder gestärkt werden. Denn Tarifverträge bringen den Beschäftigten im Schnitt mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen. In den alten Ländern galt 1998 noch für 76 Prozent der Beschäftigten ein Tarifvertrag. Bis vergangenes Jahr ist die Reichweite von Tarifverträgen im Westen laut Statistischem Bundesamt um 25 Prozentpunkte gesunken - auf 51 Prozent. In Ostdeutschland galten 1998 für 63 Prozent der Beschäftigten Branchen- oder Firmentarifverträge.

    Bis 2023 ist dieser Anteil um 19 Punkte auf 44 Prozent gesunken. «Dazu beigetragen hat auch der Umstand, dass nicht tarifgebundene Unternehmen bisher grundsätzlich bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen gegenüber tarifgebundenen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil haben», heißt es in dem nun auf den Weg gebrachten Gesetzentwurf. Denn ohne Tarifvertrag seien die Personalkosten niedriger: Firmen könnten günstige Angebote abgeben.

    Warum wurde über das Gesetz gestritten?

    Es steckte in der Ampel fest. Aus Kreisen des Finanzministeriums von Christian Lindner (FDP) hatte es im September geheißen, angesichts der herausfordernden wirtschaftlichen Lage sei für das Ministerium entscheidend, dass Dynamik erleichtert und nicht bürokratische Hürden erhöht würden. Ein von Heils Ministerium vorgelegter Gesetzentwurf werde diesen Zielen nicht gerecht. Erst ein in der Regierung abgestimmter Entwurf werde den Ländern und Verbänden zur Anhörung vorgelegt.

    Auch seitens der Arbeitgeber wurde nicht zum ersten Mal ein Stopp des gesamten Vorhabens gefordert - ihr Argument: Die Regierung wolle die Tarifautonomie durch «Tarifzwang» ersetzen. Nach Wahlniederlagen der SPD bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen wertete SPD-Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich das Tariftreuegesetz als eines der wichtigsten Projekte der Ampel in den nächsten Monaten. Zum 75. Gründungstag des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) vor knapp zehn Tagen schließlich versprach Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): «Diese Verbesserung kommt.»

    Was steht im Gesetz und was soll das bringen?

    In dem der dpa vorliegenden Gesetzentwurf heißt es nun: «Unternehmen sollen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern künftig, wenn sie öffentliche Aufträge und Konzessionen des Bundes ausführen, tarifvertragliche Arbeitsbedingungen gewähren müssen.» So werde der Verdrängungswettbewerb über die Lohn- und Personalkosten eingeschränkt. Konkret bringen Tarifverträge - so argumentiert Arbeitsminister Heil - den Beschäftigten höhere Löhne als der Mindestlohn. «Durchschnittlich ist der Stundenlohn bei Tariflöhnen 4,50 Euro besser», so Heil. Im Monat seien das bei Vollzeitjobs 700,50 Euro mehr. Der Staat habe eine Vorbildfunktion.

    Sieht der Gesetzentwurf weitere Punkte vor?

    Ja. Online-Betriebsratswahlen sollen erprobt werden. Betriebsratswahlen sollen so ans Zeitalter der Digitalisierung angepasst werden: «Im Rahmen der Erprobung von Online-Betriebsratswahlen soll bei den zwischen dem 1. März und 31. Mai 2026 stattfindenden regelmäßigen Betriebsratswahlen in Betrieben, in denen bereits ein Betriebsrat besteht, die Möglichkeit geschaffen werden, die Stimme alternativ auch elektronisch abgeben zu können.»

    Warum soll ein neues Offizialdelikt kommen?

    Geplant ist mehr Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei der Gründung eines Betriebsrats. Die Betriebsratstätigkeit an sich soll ebenfalls besser geschützt werden. Dafür sollen Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane und ihre Mitglieder künftig nicht mehr nur auf Antrag (Antragsdelikt) verfolgt werden - sondern als Offizialdelikt von Amts wegen. Künftig soll damit leichter gegen Unternehmen vorgegangen werden können, die Betriebsratsarbeit boykottieren. Bei einem Offizialdelikt muss die Staatsanwaltschaft von sich aus Ermittlungen aufnehmen, sobald sie von einem möglichen Delikt erfährt - hier einer Behinderung der demokratischen Mitbestimmung. Bislang wird die Behinderung von betrieblicher Mitbestimmung nur auf Antrag verfolgt.

    Welche Schritte für mehr Tarifbindung gibt es schon?

    2014 trat das Tarifautonomiestärkungsgesetz in Kraft. Erleichtert wurde damals die Möglichkeit der Regierung, Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären. Das bedeutet, der Tarifvertrag ist auch für Arbeitgeber und Arbeitnehmer verbindlich, die nicht bereits als Mitglieder der den Tarifvertrag abschließenden Verbände oder Gewerkschaften tarifgebunden sind. Das Arbeitsministerium kann auch über das Arbeitnehmer-Entsendegesetz die Vorgaben eines Tarifvertrags für alle Arbeitgeber, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Geltungsbereich des Tarifvertrags anordnen.

    Auch auf Autobahnbaustellen darf künftig wohl nur nach Tarif bezahlt werden. (Symbolbild)
    Auch auf Autobahnbaustellen darf künftig wohl nur nach Tarif bezahlt werden. (Symbolbild) Foto: Jan Woitas/dpa
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