Reise-Chaos und kein Ende: Vor dem Sommerferienstart in Bayern und Baden-Württemberg legt ein Warnstreik des Bodenpersonals den Flugbetrieb der Lufthansa weitgehend lahm. Fast alle Flüge nach und ab München und Frankfurt, den Drehkreuzen von Deutschlands größter Fluglinie, wurden gestrichen. Mehr als 1000 Verbindungen waren betroffen, gut 130.000 Reisende mussten ihre Urlaubspläne kurzfristig ändern oder aufgeben. Beim Blick auf die Anzeigetafeln mit den endlos langen Listen stornierter Flüge machte sich unter den Wartenden Verzweiflung breit. Manche müssen bis zum Weiterflug teils mehrere Nächte im Hotel verbringen, für andere ist gar keine Umbuchung möglich - viele Reiseträume platzen.
Forderung nach 9,5 Prozent mehr Gehalt für Lufthansa-Personal
Von dem Ausstand, der am Mittwochmorgen begann und am Donnerstagmorgen enden soll, waren auch Fluggäste anderer Airlines sowie weitere deutsche Flughäfen betroffen. Bereits am Dienstag waren rund 50 Flüge aufgrund des Streiks ausgefallen, wegen Personalmangels bei den Airlines und den Flughafenbetreibern brauchen Fluggäste ohnehin schon seit Wochen Geduld und starke Nerven. Mit dem Warnstreik will die Dienstleistungsgewerkschaft ihrer Forderung nach besseren Gehältern und Arbeitsbedingungen für die rund 20.000 Bodenbeschäftigten der Lufthansa Nachdruck verleihen. In den zwei bisherigen Verhandlungsrunden konnte kein Ergebnis erzielt werden, die Gewerkschaft verlangt 9,5 Prozent mehr Gehalt, die Fluglinie weist das als überzogen zurück. Ein dritter Gesprächstermin ist für den 3. und 4. August in Frankfurt vereinbart.
Der Streik erfolgt auf dem Höhepunkt der Reisesaison: An diesem Donnerstag beginnen die Sommerferien in Baden-Württemberg, am Montag dann in Bayern, damit ist in der ganzen Republik schulfrei. Alexander Dobrindt, Landesgruppenchef der CSU im Bundestag, kritisiert die Gewerkschaft deshalb scharf. Unserer Redaktion sagte er: "Zum Flugchaos jetzt auch noch ein absichtliches Streikchaos zu organisieren, halte ich für total daneben. Mit einem Warnstreik hat das jedenfalls nichts zu tun." Verdi lasse die Lage zusätzlich eskalieren und verhärte die Fronten. "Das kann nicht im Sinne der Beschäftigten sein", sagte Dobrindt und verweist darauf, dass der nächste Verhandlungstermin bereits feststeht. Er rate "dringend zu mehr Fairness gegenüber dem Verhandlungspartner und gegenüber den leidtragenden Ferienfluggästen, um eine Einigung zu ermöglichen".
Verständnis für Lufthansa-Streik bei der Linkspartei
Susanne Ferschl, Fraktionsvize der Linken im Bundestag, hat großes Verständnis für den Arbeitskampf. "Der Streik der Beschäftigten richtet sich in keinem Fall gegen die Reisenden, sondern gegen das Management der Lufthansa", sagte sie unserer Redaktion. Denn die Fluglinie habe in der Pandemie Stellen abgebaut, gleichzeitig aber Dividenden an die Aktionäre ausgezahlt. Nun seien die Arbeitsbedingungen unhaltbar, weil Personal an allen Ecken und Enden fehle. Der jahrelange Preiskampf mit Billigfliegern sei auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen worden. Dass sich diese nun dagegen wehrten, sei nur folgerichtig. Die frühere Betriebsrätin und Gewerkschafterin weiter: "Es ist das Mindeste, auch denjenigen ein Stück vom Kuchen abzugeben und auf deren Forderungen einzugehen, die während dieser Krise den Laden am Laufen gehalten haben."
Arbeitskampf und Flughafen-Chaos: Ende in Sicht?
Laut Verdi-Verhandlungsführerin Christine Behle sind bis zu den nächsten Gesprächen Mitte der kommenden Woche keine weiteren Streiks geplant. Ob es zwischen den Beschäftigten und der Lufthansa dann allerdings bereits zu einer Einigung kommt, ist ungewiss. Zudem steht auch bei der Pilotengewerkschaft Cockpit eine Urabstimmung über Streiks kurz bevor. Rund 5000 Pilotinnen und Piloten von Fracht- und Passagierflugzeugen fordern fünf Prozent mehr Gehalt und einen automatischen Inflationsausgleich. So ist nicht ausgeschlossen, dass sich Arbeitskampf und Flughafen-Chaos im Laufe der Urlaubssaison weiter ausweiten.